(Wien/OTS) – In der Arbeit mit Kindern in den Kindergärten spielt die Musik eine grundlegende und von allen geschätzte Rolle. Wir sind bestürzt, dass das Bildungsministerium die musikalischen Bestandteile aus den Eignungsprüfungen der Elementarpädagog:innen gestrichen hat.
Mit der vorliegenden Novelle des 2. Abschnitts der Aufnahms- und Eignungsprüfungsverordnung, BGBl II Nr. 291/1975, vom 11. Jänner 2024, werden die Eignungsprüfungen an den Bildungsanstalten für Elementarpädagogik derart adaptiert, dass bestimmte Prüfungsgebiete nicht mehr in der praktischen Prüfung vorgesehen werden. Das betrifft u.a. die Inhalte der „musikalischen Bildbarkeit“, worunter der Nachweis einer Grundmusikalität (ein Lied richtig singen und einen einfachen Rhythmus nachklatschen) zu verstehen ist, auf der in den folgenden fünf Jahren aufgebaut werden kann.
Begründet wird diese Maßnahme damit, dass die Grundvoraussetzungen für Aufnahmen an den BAfEP nicht mehr den Anforderungen der heutigen Zeit entsprechen (wie in der Problemdefinition zu lesen ist), und das Ziel der „Attraktivierung der Ausbildung im elementarpädagogischen Bereich“ nur durch Streichung musikalischer (aber auch künstlerischer und sportlicher) Inhalte als Voraussetzung für die Ergreifung des Berufs einer Elementarpädagogin/eines Elementarpädagogen erreicht werden kann. Das heißt übersetzt, ein Mindestmaß an musikalischer Bildung als Einstiegsvoraussetzung in die Elementarpädagogik-Ausbildung ist nicht mehr zeitgemäß und macht diese unattraktiv.
Das ist eine Haltung, die aufs Entschiedenste zurückgewiesen werden muss. Die Überprüfung der musikalischen Bildbarkeit ist dringend notwendig, da die Musik im elementarpädagogischen Bereich eine immens wichtige Rolle spielt. Elementarpädagoginnen und -pädagogen müssen über Kreativität und Musikalität verfügen, um diese auch den ihnen anvertrauten Kindern weitergeben zu können. Sie sind Vorbilder, indem sie musikalisch agieren und gestalten und nur, wenn sie in ihrem Tun eine größtmögliche Sicherheit haben, sind sie auch in der Lage, musikalische Bildung zu vermitteln. Dazu braucht es Grundvoraussetzungen, auf denen in der fünfjährigen Ausbildung aufgebaut wird, die aber in dieser Zeit bei komplettem Nichtvorhandensein nicht erworben werden können. Das bedeutet entweder, dass die Ausbildung nicht positiv absolviert werden kann, was wohl eine größere Zahl von Schulabbrecher:innen zur Folge hätte, oder dass musikalisch nur mangelhaft ausgebildete Elementarpädagoginnen und -pädagogen nicht in der Lage sind, einen Grundstock musikalischer Bildung zu gewährleisten und damit eine wichtige Basis für die Weiterarbeit in der Primarstufe zu schaffen. Dies hätte gravierende Folgen für das weitere Leben der Kinder, und zwar nicht nur im Hinblick auf eine Grundsteinlegung für eine spätere musikalische Laufbahn. Musikalische Bildung im Kindesalter trägt wesentlich zur Persönlichkeitsentwicklung bei, Selbstvertrauen, Sozialverhalten, Geduld und Ausdauer, Fantasie, aber auch Sprachentwicklung werden dadurch gefördert. Nicht zuletzt ist Musik ein wichtiges Kommunikationsmittel, mit dem man Kinder – abseits von Sprache – auch in Problemsituationen erreichen kann. Da in der Wissenschaft Einigkeit darüber herrscht, dass es ein Zeitfenster für das Anlegen musikalischer Basis-Fähigkeiten gibt, das mit etwa zehn Jahren endet, haben Kindergarten und Volksschule hier eine Aufgabe, die weder nach hinten verschoben noch anderswohin ausgelagert werden kann.
Wenn es in der Problemdefinition heißt: „Die Feststellung der körperlichen Eignung verhindert die Aufnahme einer nicht näher bekannten Zahl an Interessenten“, so bedeutet das offensichtlich, dass es keine validen Studien dazu gibt, die eine ungefähre Größenordnung beziffern und diese Behauptung damit wissenschaftlich belegen. Das Ziel, „Diversität zu fördern“ soll wohl der geringen Zahl an männlichen Bewerbern Rechnung tragen. Der Umstand, dass es einen Mangel an Elementarpädagoginnen und -pädagogen gibt, hängt aber viel stärker mit der gesellschaftlichen (Nicht-)Wertschätzung, den schlechten Arbeitsbedingungen und der zu geringen Bezahlung zusammen. Eine Attraktivierung des Berufs ließe sich durch seine Aufwertung, sowohl im monetären Bereich als auch was das Image in der Gesellschaft betrifft, durch kleinere Gruppen und ausreichend Zeit für administrative Tätigkeiten erreichen. Ein weiterer wichtiger Schritt wäre außerdem das Anheben auf die universitäre Ebene, d.h. ein Bachelorstudium im Anschluss an die Bildungsanstalt für Elementarpädagogik – auch um im europäischen Vergleich mithalten zu können. Der Entfall der Überprüfung der musikalischen Bildbarkeit (nicht des musikalischen Könnens) von Anwärterinnen und Anwärtern für Elementarpädagogik ist mit Sicherheit der falsche Weg!
An dieser Stelle sei auch noch angemerkt, dass es ähnliche Absichten hinsichtlich der Streichung der „Feststellung der körperlichen Eignung“ im Rahmen der Aufnahmeprüfung an einer BAfEP bereits 2022 gab. Damals wurde dies jedoch an diverse Stakeholder kommuniziert und es hagelte im Zuge der Begutachtungsphase entsprechende Stellungnahmen gegen diese Maßnahme. Diesmal legte man es im BMBWF geschickter an. Der Begutachtungszeitraum wurde vom 15.-29.12.2023 (!) festgesetzt, ohne dass irgendwer darüber informiert worden wäre.
Weiterführende Informationen:
Verordnung des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung, mit der die Verordnung über die Aufnahms- und Eignungsprüfungen geändert wird“ – BGBLA_2024_II_9 (LINK)
Links:
Arbeitsgemeinschaft Musikpädagogik Österreich (AGMÖ)
Österreichischer Musikrat