Porträt: Oliver Steger

Oliver Steger entspricht recht genau dem Bild jenes umtriebigen Jazzmusikers, der sich in den verschiedensten Ensembles mit seinem über Jahre gereiften Improvisationsstil einzubringen versteht. Der 1968 in Neunkirchen in Niederösterreich geborene Steger wird Anfang der 80er Jahre durch die Hörerfahrung mit Pink Floyd von seiner vermeintlichen Fußballerkarriere abgebracht und gründet seine erste Schulband. Aus purer Notwendigkeit heraus greift er zum Bass und dringt nach ersten Hardrock-Versuchen immer weiter in die Bereiche Fusion und Jazz vor. Den endgültigen Schritt zur Professionalität  setzt er 1989 mit dem Beginn des E-Bass-Studiums.

Während der 90er Jahre begeistert Steger sich zunehmend für beat-gestützte Inkarnationen der „Black Music“, wie sie in der elektronischen Tanzmusik immer mehr Einfluss nehmen. Gemeinsam mit Alex Deutsch und Ulrich Drechsler gründet er schließlich um die Jahrtausendwende jene Band, mit der er vor einem breiten Publikum erstmals und nachhaltig in Erscheinung tritt: Café Drechsler, eine relaunchte Variante von Cool Jazz, welche Bristol-infizierten TripHop mit dem klassischen Wiener Lounge-Sound, Funk und Pop in analog-instrumenteller Weise amalgamierte und damit wie kaum eine andere österreichische Band den Nerv der Zeit traf. Gleichzeitig bleibt er in anderen Combos wie Poesis oder Icy Finger aktiv.

Das Interesse vonseiten Universals an der Erfolgsband Café Drechsler führt neben hymnischen Kritiken und hohen Auszeichnungen auch zu ausgedehnten Tourneen in Europa und Amerika. Da die Zusammenarbeit mit dem Major jedoch nicht die gewünschten Ergebnisse bringt, gründet Oliver Steger mitten in seiner ersten Erfolgswelle gemeinsam mit der Sängerin Sharon Anegg das Label Cracked Anegg Records. Deren mittlerweile bemerkenswerter Backkatalog versammelt von modernem Jazz über Soul bis HipHop etliche Perlen aus allen stilistischen Himmelsrichtungen. Während sich diese hauseigene Plattenfirma also mit heimischen Produktionen wie etwa den Strottern oder Angela Tröndle einen guten Ruf in der österreichischen Szene erarbeitet, zerbricht das Café Drechsler an personellen und künstlerischen Differenzen.

Aus den Ruinen des heimischen Publikumslieblings ersteht die Nachfolgecombo „Drechsler“, mit der Steger ebenso Konzertreisen unternimmt wie mit der chronologisch jüngeren Lorenz Raab XY Band. Gleichzeitig – wir befinden uns im Jahre 2006 – wird er vom Ueberreuter Verlag mit der Verfassung eines musikalischen Kinderbuches über die Geschichte des Jazz beauftragt. Aufgrund dessen Erfolges wird durch den Konzertveranstalter Jeunesse auch ein darauf basierendes Theaterstück produziert, weitere Kinderprojekte aus Stegers Feder sollten folgen. Die Erzählung bedient sich dabei eines Mädchens als Identifikationsfigur, welches stellvertretend für die junge Hörer- und Leserschaft den Jazz für sich entdeckt: „erfahrene“ Instrumente erzählen dem Kind aus ihrem Bühnen- und Gebrauchsleben und führen auf diese narrative Weise in die noch unbekannte, doch Neugier schürende Welt der improvisierten Musik ein.

Die Verbindung von Wort und Musik wird in den Folgejahren ein ständiger Begleiter in Oliver Stegers Arbeit. Textarbeiten, Libretti, Lehrbücher und -tätigkeiten rücken neben einer Vielzahl Konzert- und Aufnahmejobs mit diversesten Ensembles immer stärker in den kreativen Vordergrund. Mit seinem jüngsten Projekt S.O.D.A. scheint nun auch wieder ein Anschluss an die kommerziellen Erfolge des Café Drechsler gelungen. Die 2010 gegründete Band verbreitert gekonnt die NuJazz-Schiene in die Bereiche Rhythm’n’Blues, Singer/Songwriter und World Beat. Die an Clubsounds geschulte Dynamik und funkigen Grooves werden dabei in Haken schlagende Songstrukturen eingelassen und somit in ungewohntem Terrain dargeboten. S.O.D.A. ist somit das hoffentlich nur vorläufige Schlusslicht in der mittlerweile 30jährigen Musikerkarriere von Oliver Steger, der stilistische Offenheit und geschmackssichere Integrität stets auch mit Förderungsbewusstsein gegenüber der Jazzszene an sich zu kombinieren verstanden hat.

David Weidinger

Fotos: http://oliversteger.com

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