Der alle zwei Jahre ausgeschrieben ELEKTRONIKLAND-PREIS des LANDES SALZBURG wurde heuer an fünf Musiker*innen aus dem weiten Feld der Elektronischen Musik vergeben. So wurden CHRISTIAN SCHRÖDER und FRANZISKA KRUG mit jeweils 2000.- Euro und DOMINIC CAUDR, JAN LEITNER sowie PHILIPP KÖLL mit jeweils 1500.- Euro bedacht.
Präsentiert werden die von einer aus Martin Loecker (FH Puch-Urstein), Didi Neidhart (mica Salzburg) und Christina „Chra“ Nemec (Musikerin, Labelbetreiberin) bestehenden Jury ausgewählten Preisträger*innen bei einem Live-Event im kleinen Studio der ARGEkultur am 28. November. Zu erwarten sind dabei ebenso spannende, wie abwechslungsreiche Exkursionen in aktuelle Gefilde elektronischer Klangerzeugungen.
Christian SchrÖder
So liest sich Christian Schröders Selbstbeschreibung so: „Er ist eine Pflanze und ein Algorithmus. Er kennt kein Zeitempfinden und tritt im Computer auf; als anima minima, ohne Geist, ohne Kontinuität, ohne Gedächtnis, ohne Sinn, als bloße Präsenz mit dem Wunsch, dass die Seele dem Tod entgehen möge.“ Die Jury legte ihre Begründung dementsprechend erweitert aus: „In seinem Stück ‚complete and utterly empty’ generiert Christian Schröder mittels formaler Strenge eine ebenso klanglich abstrakte wie assoziativ-verwunschene Stimmung. Basierend auf einer simplen aber umso effektiveren Klangtransformation zeigt diese Arbeit, dass gerade bei Elektronischer Musik oftmals weniger mehr ist. Hier geht es um ebenso dezente wie konzentrierte Transformationen und eine (elliptische) Repetition, die nicht nur einen unwiderstehlichen Sog erzeugen, sondern auch gleichsam ein sonisches Labyrinth generieren kann, in dem man sich gerne verläuft.“
Franziska Krug
Nicht mit Computern sondern mit Tonbändern und Mehrspur-Kassettenrecordern (aus der Frühzeit der Heimstudios) arbeitet Franziska Krug (aka Fu Vk). Sie genoss seit der Volksschule Chor- sowie Keyboard-Stunden für viele Jahre, besuchte das musische Gymnasium Clara Wieck in Zwickau. Nach ihrem Abschluss an der Fachoberschule für Gestaltung in München, lebt und arbeitet sie nun seit 2013 in Salzburg, wo sie u.a. beim Verein für elektronische Klubkultur Freakadelle tätig ist. Mit ihrer „Tape-Music“ hat sie die Jury jedenfalls restlos überzeugt: „Die Arbeit von Franziska Krug besticht vor allem durch ihren Zugang zum Material und dem lustvollen Experimentieren damit. Ausgehend von alten Tonband-Cassetten werden hier mittels analoger Mehr-Spur-Recorder die Klänge, Sounds und Fundstücke neu zusammengestellt und dezent digital nacharrangiert. Vergleichbar mit der Arbeit mit ‚Found Footage’ im Filmbereich geht es auch hier um Zufälle, Kontingenzen und unkontrollierbare Zusammenstöße ästhetischen Materials. In Zeiten wo ‚Control’ gerade bei elektronischen Musikproduktionen in fast jedem Partikel spürbar ist auch eine wichtige politische Botschaft – ganz ohne Worte, aber mit viel Klangmaterial.“
Dominic Caudr
Ebenfalls mit Tonbändern (aber nicht nur) experimentiert Dominic Caudr, ein aus Wien stammender Medienkünstler und Labelmanager, der nach dem Studium der Multi Media Art an der FH Puch-Urstein/Salzburg nun mit Fokus auf Audio- und Musikproduktion sowohl an seine künstlerischer wie auch unternehmerischen Karriere arbeitet.
Dazu die Jury in ihren Ausführungen: „Mit ‚Posthuman exe‘ erschafft Dominic Caudr eine dystopische Klanglandschaft, die sich zwischen aktuellen UK-Genres wie DubStep, Grime und Trap positioniert. Ausgehend davon zeichnet sich der Track durch eine Klanglandschaft aus, die ebenso filmische Qualitäten hat wie durch ihr ‚verbeultes‘ Design heraussticht. Wobei das repetitive Moment durchaus auch als klaustrophobischer Zustand gedeutet werden kann. Diese Ambivalenz und Mehrdeutigkeit ist es dann auch, die zu überzeugen wusste, steckt in dieser Dsytopia doch auch jede Menge ‚Future‘ – wenn auch nur für die Ohren.“
Jan Leitner
Mehr Richtung Klangarchitektur tendiert hingegen Jan Leitner. Er arbeitet als Musiker, Produzent und Komponist. „Seine musikalische Heimat, die irgendwo zwischen Paris und Düsseldorf liegen muss, schlägt sich in seinen aktuellen Arbeiten weniger in der Struktur oder den Arrangements nieder, als in der konzeptionellen Herangehensweise und den Produktionsverfahren. (…) Man könnte fast von einer Defragmentierung gewöhnlicher Verfahrens- und Spielweisen sprechen. (…) Leitner verwebt seine Texturen zu komplexen mehrteiligen Stücken und überlässt den Hörer*innen genug Raum um zu atmen zwischen zerschossenen Beats, melancholischen Hymnen und hypersphärischen Drones“. (Michael Perl)
Die Jury dazu: „Ein exemplarischer Zugang zu computergenerierter Musik, die sich vor allem durch die synthetische Klanggenese und Transformation auszeichnet. Hier werden digitale Klänge in einer Art und Weise gefaltet, verbogen und dekonstruiert, dass sich dabei sowohl eine gewisse Pop-Herkunft wie eine Sicherheit im Umgang mit neuer, experimenteller Computer-Musik sofort erkennen lässt. In diesem Sinne durchdringen sich bei den Arbeiten von Jan Leitern auch aktuelle Ansätze Elektronischer Musik-Kulturen, ohne deren Ecken und Kanten zu schleifen. Zudem verleiten sie auch zu einem genussvollen Sich-Verlieren in den Klängen.“
Philipp Köll
Leider nicht Live mit dabei ist Philipp Köll und dessen auch auf FM4 viel gespielte Band Neon Neet. Die Jury dazu: „Die unter dem Band/Duo-Namen Neon Neet eingereichten Tracks zeigen sich unumwunden auf der Höhe aktueller elektronischer Pop-Musik internationalen Zuschnitts, wobei die Verweise auf englische Pop-Acts der 1990er ebenso eine spezielle Note hinzufügen. Der Umgang und Einsatz von digitalen Klängen erweist sich hierbei auch als Teil jener ‚Hyperculture‘, die sich durch das Auffinden, Samplen und Bearbeiten von Klängen aus dem World Wide Web definiert. Zudem besticht das Songwriting durch eine versierte Pop-Kompetenz, bei der der Song an erster Stelle steht und nicht das Präsentieren des technischen Könnens der Interpreten.“
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ELEKTRONIKLAND – Konzert der Preisträger*innen 2019
Dominic Caudr, Franziska Krug, Jan Leitner, Christian Schroeder
DJ-Support: DJing Harun Agaca (Freakadelle)
Don, 28.11.2019 – 21:00
ARGEkultur
Ulrike-Gschwandtner-Straße 5
5020 Salzburg
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ARGEkultur Salzburg