Was für die U.S.A. Seattle und Portland, ist für Österreich Wien und Hollabrunn. All jene Städte zeugen von einer bedeutenden Musikszene. Hollabrunn? Ja, wirklich! Im Umfeld des Alten Schlachthofes, ist schon die ein oder andere erwähnenswerte Band hervorgegangen. Die derzeit angesagteste Formation von ebenda nennt sich Destroy, Munich. Geboten wird von Ihnen eine wunderbare, an die alte Schule angelehnte, höchst abwechslungsreiche und authentische Version von Indie-Rock mit Post-Rock-, Folk- und Britpop Einflüssen. In einem Interview mit der mica hat die Band dafür gesorgt, dass der Terminus der Chaostheorie durchaus neu interpretiert werden kann. Da wird aus Tina Turner gerne mal Whitney Houston, aus Ryan Adams wird Bryan Adams. Und ist der Indie-Begriff jetzt eigentlich etwas Gutes oder Schlechtes?
Soweit ich das verstanden habe, seht ihr euch als musikalisches Kollektiv, welches sich nicht vor Neuzugängen scheut. Wie viele Mitglieder seid ihr denn eigentlich gerade bzw. wie viele wart ihr zu Beginn der Ära Destroy, Munich?
Gabriel: Begonnen hat es mit 3 Leuten in Hollabrunn, wo wir uns kennen gelernt haben, mit dem Sepp, dem Philipp und mit mir. Unser Höchststand an Leuten erreichte 11 Mitglieder, wobei einige davon nur bei Konzerten anwesend waren. Mittlerweile sind wir 7 bzw. 8…(langes Nachdenken). Nein 7 bzw. 9 Mitglieder!
Destroy Munich – Woyzuck (Don’t Forget the Birthday Cake) by mica
Aha?
Gabriel: Sagen wir so. 2 Mitglieder sind gerade nicht da. Der David ist in Leipzig und Patrick ist für ein Jahr nach Paris gegangen. Also 7 von uns sind gerade in Österreich! Und noch eine Sache: Die Bezeichnung Kollektiv stimmt sofern nicht, da wir uns als Band verstehen. Nur Kollektiv klingt zur Zeit einfach viel besser.
Stört es euch da nicht, niemals eine konstante Formation zu haben? Es ist ja auch nicht gerade leicht, Songs einzustudieren, während irgendwann viel später wieder neue Leute dazu einsteigen. Oder pusht euch gerade diese Tatsache?
Klemens: Nein Nein, all Jene die zu uns stoßen sind gut im Musizieren. Die verstehen gleich worum es geht.
Gabriel: Also schauen wir mal wie es jetzt wird. Der Klemens ist jetzt eben neu dabei, weil ja Patrick gerade nicht da ist. Aber wir sind schon immer fleißig am Proben, geht ja nicht alles von Heute auf Morgen so einfach von der Hand. Wenn von den anderen Leuten mal wer bei den Proben dazustößt, dann wird von Ihnen eben eher das Glockenspiel und ähnliche Instrumente bedient, die sich unkomplizierter in die Songs einfügen lassen. Wir können eben nicht so leicht nein sagen, und nehmen gerne Freunde und Bekannte bei uns auf.
Des öfteren habe ich gelesen, dass euch ein kindlicher Zugang zur Musik nachgesagt wird. Sei es euer ausgeprägter DIY-Gedanke, sei es eben, dass ihr nicht gerade ein konventionelles Programm fährt. Ich finde ja schon, dass ihr bei Euren Auftritten sehr konzentriert und ernsthaft an die Sache herangeht. Keine Spur von Kindlichkeit.
Gabriel: Also ich verstehe auch nicht, was bei uns ein kindlicher Zugang sein sollte. Vielleicht weil wir nicht so starr und professionell an die Sache herangehen. Sture Professionalität bei so vielen Chaoten wie wir sind, ist gar nicht machbar.
Klemens: Also eigentlich ist das eh eine gute Frage, weil über diesen Vorwurf stolpern wir wirklich ziemlich oft. Irgendwie ist das echt ein blödes Statement. Ich frage mich echt woher diese Behauptung des kindlichen Zugangs überhaupt kommt?! Wir sollten das jetzt bekriegen.
Gabriel: Genau. Jetzt sei es gesagt: Wir haben einen erwachsenen Zugang! Wir sind sehr reif.
Ferner habe ich gelesen, dass ihr als die neue Indie-Hoffnung Österreich geltet. Ist doch ein nettes Statement. Wie seht ihr eigentlich die Indie-Szene von Österreich und welche Indie-Bands haben euren Sound besonders beeinflusst?
Gabriel: Also als Indie-Hoffnung würden wir uns jetzt auch nicht bezeichnen. Diese Aussage freut uns natürlich schon, aber ich würde das so jetzt nicht unterschreiben. Wie gesagt, der alte Stamm der Band kommt aus der Szene vom Alten Schlachthof in Hollabrunn. Ab dem Jahr 2006 haben wir begonnen dort selbst aktiv mitzuarbeiten, Konzerte zu veranstalten etc. Und da haben wir unseren Grundstein gelegt, viele andere Bands aus dem gleichen Umfeld kennen gelernt, woraus zum Teil gute Freundschaften entstanden sind, die bis heute andauern. All diese Leute haben uns sicher sehr beeinflusst. Aufgrund unserer Bekanntschaft zu vielen anderen guten Bands, bin ich schon der Meinung, dass sich in Sachen Indie viel in Österreich tut.
Welche Bands haben euch da speziell beeinflusst?
Gabriel: Killed by 9V Batteries, das ganze Umfeld von Numavi Records aber auch Valina aus Linz.
Weil ihr gerade Killed by 9V Batteries ansprecht. Ihr habt ja mit Wolfgang Möstl euer Debütalbum aufgenommen. Außerdem habt ihr auch mit Paper Bird und Christian Hölzel (Francis International Airport) kooperiert. Wie war die Zusammenarbeit und wie seid ihr an das Album herangegangen?
Gabriel: Die Kontakte zu den Musikern sind über den Alten Schlachthof erfolgt. Wir haben Konzerte von Paper Bird, Killed by 9V Batteries und Francis International Airport veranstaltet und so kam es anschließend zur Zusammenarbeit.
Sepp: Wir haben das Album auf einem 400 Jahre alten Bauernhof im einem Wald aufgenommen. Ein ganzes Monat haben wir quasi dort gewohnt. Wir brauchen bei den Aufnahmen enorm viel Zeit, konnten das nicht in ein paar Tagen alles herunterspielen.
Gabriel: Wir waren dort von jeglicher Zivilisation abgetrennt, das war ziemlich witzig, denn nach 2,3 Wochen kamen wir in einen richtigen Isolationsstrudel. Wir lebten wie Einsiedler, hatten bald auch keine saubere Wäsche mehr und haben uns einfach aus dem Kleiderschrank dort am Bauernhof bedient. Der Kasten war voll von Kleidung aus den 70er Jahren.
Sepp: Deswegen auch der 70er Jahre- Einfluss auf dem Album.
Ihr habt ja ein ziemlich interessantes Konzept auf euer Debüt erstellt. So habt ihr alle Songs nach Fußballspielern benannt. Wie kommt man auf diese Idee und warum gerade Namen von Fußballern. Könnten doch auch die Namen von Schifahrern, oder Tennisspielen sein?
Gabriel: Das ist eine ganz witzige Geschichte: Didi Ramusch, ein Spieler vom GAK hat einmal Philipp unserem Schlagzeuger das Leben gerettet und als Dank dafür, haben wir darauf beschlossen, dass wir jeder Lied nach einem Fußballer benennen.
Haha. Nette Geschichte. Glaub ich Euch aber nicht.
Gabriel: Naja, mit der Zeit muss man sich halt einfach so lustige Geschichten einfallen lassen.. Wir sind ja auch überhaupt gar keine Fußball-Fans. Und zum Teil sind die Songtitel auch nicht nach berühmten Fußballspielern benannt, sondern nach Freunden, die gerne Fußball spielen und mal in einem Verein dabei waren.
Ein Titel eures Albums heißt ja „Whitney Always Knew“…
Gabriel: Des Song heißt „Weninger: Whitney Always Knew“ bitteschön. Unter uns verwenden wir ja immer nur den Fußballer-Namen. Der Song heißt deswegen so, weil ich drauf gekommen bin, dass unser Lied ziemlich stark an das Lied von Whitney Houston erinnert. Wie heißt es schnell noch mal? „Simply the best“
Das Lied ist aber doch von Tina Turner.
Gabriel: Achso! Verdammt! Dann hab ich das ja voll verwechselt. Das Lied heißt ab heute „Weninger: Tina Always Knew“. Ist ja peinlich. Jetzt müssen wir alle restlichen Platten mit dem Fehler verbrennen und was Neues aufnehmen.
Folgt also bald mal ein neues Album mit neuem Konzept?
Gabriel: Also die Fußballer-Namen werden auf jeden Fall beibehalten. Du weißt ja gar nicht wie viel Arbeit das abnimmt. Immer einen neuen Arbeitstitel zu überlegen, ist gar nicht mal so einfach. Wenn man den Namen eines Fußballers verwendet, nimmt das einem sehr viel Arbeit ab. Das ist wirklich so! Der Songtitel wird erst ergänzt, wenn das Album fertig ist.
Wenn ihr schon sagt „Whitney Always Knew“ klingt ein bisschen nach „Simply the best“ und ihr für den Song „Feiersinger: My Mother Said“ einen Auszug vom Michael Jackson-Song „Heal the World“ verwendet, muss ich euch fragen: Klaut ihr gerne Melodien von Anderen?
Gabriel: Du musst mal unseres neuen Song hören. Das klingt die Melodie wie der Titelsong zur Zeichentrickserie „Als die Tiere den Wald verließen“. Das ist Zufall, Magie!!
Ich kann es nicht lassen und muss Euch einfach mal nach eurem Bandnamen fragen. Mit Destroy, Munich“ assoziiere ich sofort den Film „München“, der ja die Geschichte der Geiselnahme bei den Olympischen Sommerspielen 1972 aufrollt. Ihr habt aber nichts mit Terroranschlag oder Ähnlichem zu tun?
Gabriel: Das lustige ist ja, dass der Film „Munich“ von Steven Spielberg wirklich entscheidend war. Der Film ist ja vor einigen Jahren herausgekommen und ich habe ihn im Kino gesehen. Danach hab ich mir gedacht, dass Munich so ein schön klingendes Wort ist. Destroy haben wir aber nicht wegen des Terroranschlags davor gesetzt, deswegen auch der Beistrich zwischen den beiden Worten. Der Name ist einfach ganz spontan entstanden.
Was wäre für euch musikalischer Terror? Also für mich wäre es ganz schlimm, wenn ich den ganzen Tag auf Rotation den Song „Summer of 69“ hören müsste.
Klemens: Da fällt mir eine gute Anekdote ein. Der Ryan Adams hat mal auf einem seiner Konzerte einen Typen aus dem Publikum verprügelt, weil der nach dem Song „Summer of 69“gerufen hatte. Aber der stammt ja eben von Bryan Adams und nicht von Ryan Adams. Für mich speziell ist ja das Label und das Schlagwort „Indierock“, sowie dessen Vermarktung usw. totaler Terror.
Gabriel: Totaler Terror wenn wir von uns lesen, dass wir die neue Indie-Hoffnung mit kindlichem Zugang zur Musik sind.
Klemens: Es gibt ja ein Problem mit dem sich alle sogenannten „Indie-Bands“ abkämpfen. Denn Indie ist einfach so ein enormer Überbegriff, dass er für viele Bands gar nicht so zutreffend ist. In den Topf fällt ja so viel rein, vom Begriff Indie als Unabhängigkeit bis zur Vermarktung und der ganzen Alternativ-Schiene.
Ihr spielt ja bald ein Konzert beim Waves Vienna 2001, dem ersten Club- und Showcase- Festival Wiens. Gibt es eine spezielle Band auf die ihr euch besonders freut?
Gabriel: Ja. Auf alle Fälle EMA.
Klemens: Und Zola Jesus. British Sea Power wird bestimmt auch ziemlich cool. Wir spielen ja genau nach uns auf der gleichen Bühne.
Der Schwerpunkt des Festivals beruht ja auf dem Motto „East meets West“, das heißt Bands aus Osteuropa bekommen die Chance sich hier in Wien zu präsentieren.
Gabriel: Das ist prinzipiell eine gute Idee. Es ist wichtig, dass mehr musikalischer Austausch passiert. Ich glaube es passiert gerade viel Gutes in Osteuropa, was wir hier gar nicht so mitbekommen. Wäre schon sehr wünschenswert, wenn da mehr in diese Richtung passieren würde.
Danke für das Interview.
Fotos © Daniel Eberharter