Evelyn Fink ist eine vielseitige Musikerin, die sich stilsicher in mehreren musikalischen Genres bewegt. Aufgewachsen ist sie mit der Volksmusik und mit dieser ist sie seit Jahren auch beruflich eng verbunden. Ihr Violinstudium und die Tätigkeit als Musikethnologin sowie die wissenschaftliche Beschäftigung unter anderem mit Jodlern und Juchzern geben ihr ein breit gefächertes Fundament. Doch im Bewahren und der Huldigung des Vergangenen allein findet Evelyn Fink zu wenig Motivation, viel mehr begeistert sie sich für neue und außergewöhnliche musikalische Ideen. Ihr experimenteller Ansatz macht sie zu einer gefragten und viel beschäftigten Musikerin mit zahlreichen Engagements in Vorarlberg und außerhalb der Landesgrenzen bei namhaften Festivals.
Musikalische PartnerInnen
Vor allem für die Schnittstellen zwischen musikalischen Stilen, Genres und Epochen interessiert sich Evelyn Fink. Um diese zu entdecken und Zusammenhänge neu zu gestalten arbeitet die Geigerin mit unterschiedlichen MusikpartnerInnen zusammen. Einige wichtige Stationen der vergangenen Jahre erwähnt Eveyln Fink im Gespräch, zum Beispiel die Zusammenarbeit mit dem Organisten Helmut Binder. Im Rahmen eines Projektes beschäftigten sich die beiden Musiker improvisatorisch mit Volksmusik um 1800. Mit dem Maultrommelspieler Albin Paulus arbeitete Evelyn Fink in Wien zusammen. Er ist ein virtuoser Musiker, der mit den Einspielungen der Albrechtsberger Maultrommelkonzerte für Aufsehen sorgte. Auch die bosnischen Sängerin Nataša Mirković-De ist derzeit eine Musikpartnerin von Evelyn Fink. Gemeinsam singen und spielen sie Vokalmusik aus den Alpen und dem Balkan und zeigen Verbindungslinien von unterschiedlichen Kulturräumen, unter anderem auch in Schulprojekten auf. Eine reizvolle Instrumentenkombination präsentiert die Musikerin, wenn sie im Duo „Andoltisbuobo“ mit dem Blechbläser Johannes Bär auf die Bühne tritt. In dieser Besetzung werden vor allem die Kernthemen der echten Volksmusik erlebbar, denn die beiden haben eine ausgesprochen humoristische Ader. Neben dem Humor kommen jedoch die Gesellschaftskritik und die Erotik als wichtige Aspekte der Volksmusik zum Ausdruck.
Bevor sich Evelyn Fink vor fast zehn Jahren immer mehr der Volksmusik zugewendet hat, widmete sie sich intensiv dem Streichquartettspiel. Dieser spezifische Klang und das Musizieren im Streichquartett sind ihr bis heute im Ohr und wecken mitunter die Sehnsucht nach einer klassischen Musizierart wie sie beispielsweise die Haydn-Streichquartette beinhalten.
Seit 20 Jahren Mitglied bei „Stemmeisen und Zündschnur“
Viele kennen Evelyn Fink als Musikerin in der Formation „Stemmeisen und Zündschnur“. Seit genau zwanzig Jahren musiziert sie schon zusammen mit Ulli Troy und Hermann Stadelmann, Isabella Fink, Rolf Aberer sowie Michael Moosbrugger. „Dass man mit derartigen Liedern so viele Leute erreichen kann“, fasziniert die Geigerin und Sängerin und sie führt weiter aus: „Das alpenländische Lied transportiert weitgehend Inhalte aus dem 19. Jahrhunderts und viele neue Vorarlberger Lieder sind dem Heimatschutz verpflichtet. Diese Band gab der Mundartbewegungen einen großen Kick. Sie sind mitunter zeitkritisch, gute Volkslieder haben diese Dimension.“
Wirkungsbereiche am Landeskonservatorium
Neben ihren zahlreichen Auftritten als Musikerin arbeitet Evelyn Fink am Landeskonservatorium in Feldkirch. Als Studienbereichskoordinatorin der Berufsstudien ist sie unter anderem für die Vernetzung des Landeskonservatoriums mit den Musikschulen des Landes zuständig. In diesem Studienjahr wurde beispielsweise außer den Instrumentalsfächer auch die Lehrpraxis für die elementare Musikpädagogik an die Musikschulen ausgelagert. Erstmals wird in diesem Studienjahr am Landeskonservatorium auch das Schwerpunktfach „Volksmusik und Musikethnologie“ in Form eines viersemestrigen Moduls angeboten. Man darf gespannt sein, mit welchem musikalischen Fundament die dort ausgebildeten VolksmusikerInnen die Szene beleben.
Schulprojekte
Ein besonderes Interesse hat Evelyn Fink für die nicht schriftlich fixierte Musik, die erst durch das aktive Musizieren und die Arrangements im Kopf entstehen. Genau diesen Aspekt übermittelt sie auch bei zahlreichen Schulprojekten in Vorarlberg und außerhalb der Landesgrenzen. „Bei den Schulprojekten arbeite ich vieldimensional, mittels Singen, mittels Melodien, Bewegung, rhythmischen Patterns und der Koordination all dieser Dinge. Wenn dieses Klassenmusizieren funktioniert, wirkt das motivierend für Lehrende, denen dieser „einfache“ Zugang nicht immer bekannt ist. Lustvolles Singen und jodeln ermöglichen wunderbare Analogien. Groove und das gemeinsame Shaken steigern den Lustfaktor. Dabei geht es aber immer nur um einen Weg hin zum Musik machen und zum inspirierten Tun“, so Evelyn Fink. „Volksmusik ist eine Popularmusik. Auch wenn sie inzwischen sehr viele Entwicklungen genommen hat, passen beispielsweise Maultrommel und Funkmusik gut zusammen. Wenn ich Tanzmusik spiele, ist ein E-Bass als Fundament ideal. Es schließt sich nichts aus, die Musik muss tanzbar sein.“
Wirkungskreis Musikschule
Seit einem Jahr wohnt die Musikerin mit ihrer Familie in Vorarlberg. Während ihrer Zeit in Wien an der Wiener Musikuniversität hat sie fast ausschließlich mit StudentInnen und Erwachsenen zusammen gearbeitet. An der Musikschule Bregenzerwald hat Evelyn Fink vor Jahren das Kinderorchester „Sägewerk“ gegründet. Nun betreut sie das SchülerInnenorchester wieder, weil sie so gerne mit Kindern arbeitet. „Ich finde es sehr inspirierend mit Kindern zu arbeiten und ihnen Zugänge zur Musik zu ermöglichen, die mitunter auch ohne Noten stattfinden. Ganzheitlich: Singen, mit dem Instrument spielen, manchmal beides gemeinsam, Blödsinn machen, Humor und gleichzeitig ganz konzentriert und ernsthaft arbeiten“, erläutert die Musikpädagogin ihr Selbstverständnis.
Musik der MigrantInnen
Vor zwei Jahren initiierte sie in Kooperation mit der Musikuniversität in Wien ein musikalisches Feldforschungsprojekt über „Einwanderer-Kulturen in Vorarlberg“. Auf diese Weise wurden viele Beziehungen zu unterschiedlichen musikalischen Ethnien geknüpft und ein breites Panorama unterschiedlicher Ausdrucksformen, in denen sich viele Vorarlberger ZuwanderInnen musikalisch ausdrücken, zusammen getragen. „Dieses Feldforschungs-Projekt ist eine erste, breit angelegte Erhebung zu Einwanderer-Musikkulturen in Vorarlberg. Die Pilotstudie schafft einen Überblick und Orientierungsmöglichkeiten in einem riesigen ethnomusikologischen Forschungsfeld, in dem Vorarlberg bislang, was die Musik betrifft, eine wenig beleuchtete Rolle spielt“, schreibt Evelyn Fink-Mennel.Mit MusikerInnen, die sie im Rahmen des Feldforschungsprojektes kennen gelernt hat und mit StudentInnen musiziert Evelyn Fink gerne. Denn sie sieht ihre Rolle auch als Vermittlerin und möchte engagierten MusikerInnen Auftrittsmöglichkeiten bieten.
Quellen und Labor
Die unterschiedlichen Tätigkeitsfelder illustrieren, aus welchem großen musikalischen Fundus die viel beschäftigte Musikerin und Sängerin schöpft. Eine ihrer wichtigsten Quellen, wenn es um die Vorarlberger Geigenmusik-Vergangenheit geht, ist die Handschrift von Joseph Martin Strolz. Er hat in den Jahren 1812 bis 1818 die „Bregenzerwälder- und Montafoner Tänze“ zusammen getragen, die für die heutige Ohren mehr irisch als vorarlbergerisch klingen.
Die „Hausmusik Fink“, mittlerweile „Housemusik Fink“, in der Evelyn Fink im Trio mit Isabella und Wilma Fink musiziert, bezeichnet sie als Labor und wichtige Quelle zur musikalischen Ideensuche. „Wir haben immer gespielt miteinander und unsere Musik aufgenommen. Oft waren gute Ideen dabei. Wenn man nicht komponieren kann, muss man es so machen“, lautet ihr simples Credo.
Musik mit Innovationskraft
Auch in der zeitgenössischen Musik findet die innovative Musikerin zahlreiche Anregungen. Besonders hebt sie die Komponisten Bert Breit und Gerold Amann hervor. „Ich verdanke Gerold sehr viel an Inspiration und Gehörbildung“, betont Evelyn Fink. „Sein Umgang mit Musik an der Grenze von Natur und Kunst, seine analytische Beschäftigung mit Umweltschall, sein Humor auch in der Musik und die unendlich vielen außergewöhnlichen Ideen.“
Carte blanche
Im vergangenen Frühjahr hat der Geschäftsführer der Kultubühne AmBach, Hartmut Hofer, Evelyn Fink eine „Carte blanche“ für ein von ihr konzipiertes Konzert übergeben. Derzeit macht sie sich intensiv Gedanken zur Programmgestaltung, denn die Vielzahl ihrer musikalischen Ausdrucksmittel und MusikpartnerInnen macht eine Auswahl nicht einfach. Unter dem Leitgedanken des Neuen und Außergewöhnlichen hat sie den Maultrommelvirtuosen Albin Paulus, Helmut Binder und die Housemusik Fink zum gemeinsamen Musizieren eingeladen, auch StudentInnen von da und dort bittet sie auf die Bühne. Auf einen musikalisch facettenreichen Konzertabend darf man sich freuen.
Silvia Thurner
Dieses Interview ist zuerst in der Zeitschrift für KULTUR und Gesellschaft, im Oktober 2011 erschienen.
EVELYN FINK – CARTE BLANCHE #2
Donnerstag, 27. Okt 2011, 20:00 Kulturbühne AMBACH