Donaufestival 2010 – Failed Revolutions

“Failed Revolutions” – so der Titel des diesjährigen Donaufestivals, welches vom 28. April an in Krems über die Bühne geht. An zwei inhaltlich geballten Wochenenden versuchen Künstler und Künstlerinnen aus aller Welt, in Form von Performances und musikalischen Darbietungen der Frage nachzugehen, wie es heutzutage nun wirklich mit dem revolutionären Potential einer Gesellschaft aussieht, wie stark der Wille zu einer Veränderung überhaupt noch ausgeprägt ist.

Dass es sich durchaus lohnt, hin und wieder auch neue Wege zu beschreiten, zeigt der Erfolg des Donaufestivals. Schon im letzen Jahr wurde ersichtlich, dass sich das Festival für zeitgenössische Kunstformen auch im internationalen Rahmen etablieren konnte. Das rege Interesse seitens des Publikums belegt den großen Zuspruch für dieses neuartige Festivalmodell. Kein Wunder eigentlich, stellt die von Tomas Zierhofer Kin geleitete Veranstaltung doch einen absoluten Gegenpol zu den herkömmlichen Musikfestivals dar. Das Programm bewegt sich im Grenzbereich zwischen Theater, Musik, Medienkunst und Performance, wobei sich der künstlerische Schwerpunkt im Vergleich zu den vergangenen Jahren verstärkt in die Richtung der performativen Kunst und deren Einbeziehung in pop- und subkulturelle Ausdrucksformen verlagert hat. Mit der erfolgreichen Umsetzung dieses Konzeptes ist es Tomas Zierhofer Kin und seinem Team gelungen es, eine lange Zeit vorhandene Lücke zu schließen. Insgesamt beinhaltet das Donaufestival 2010 mehr als 70 Veranstaltungen, was im Vergleich zur Vergangenheit eine erneute Steigerung des künstlerischen Angebotes darstellt.  Als Schauplätze in Krems dienen Messegelände, Klangraum, Kunsthalle, Galerie Stadtpark, Tube und Kino im Kesselhaus.

Nach der „Fake Reality“ im vergangenen, lautet der übergeordnete Titel des Festivals in diesem Jahr „Failed Revolutions”. Inhaltlich soll der Frage nachgegangen werden, welche Auswirkungen der inflationäre Gebrauch des Begriffs „Revolution“ in der heutigen Zeit für die Gesellschaft hat. Inwieweit er durch den gezielten Gebrauch im kapitalistischen Kontext, nicht schon entwertet ist. Heute ist nahezu alles „Revolution“, etwa in technologischer Hinsicht ein als revolutionär angepriesenes neues Produkt der Elektronikindustrie. Die Revolution im eigentlichen Sinn ist zu einer Art Scheinrevolution, in der niemand mehr wirklich aufbegehrt, verkommen.

Wie gewohnt wartet das Programm auch in diesem Jahr mit einer Fülle an Höhepunkten auf. Ein Blick auf die Namen der in diesem Jahr auftretenden KünstlerInnen beweist, dass in der Tat keine Mühen gescheut worden sind, auch 2010 etwas Außergewöhnliches auf die Beine zu stellen. Das Line-Up vereint auch diesmal wieder nahezu alle Stilrichtungen, von einfachen Popkonzerten bis hin zu experimentellen und avantgardistischen Darbietungen. Schon der Eröffnungstag am 28. April wartet mit einem ersten echten Highlight auf. Die deutsche Chaos-Combo Deichkind präsentiert mit seinem erst vor kurzem in Hamburg uraufgeführten  Programm „Deichkind im Müll“ seine ganz eigene Vorstellung des Begriffs „Oper“. Ebenfalls nicht versäumen sollte man die Konzerte von Peaches, den Fuck Buttons, den legendären Dinosaur Jr. und Panda Bear, dem neuen Musikprojekt von Animal Collective-Mitglied Noah Lennox.

So vielfältig und hochkarätig das gesamte Programm in diesem Jahr auch ist, so muss man doch anmerken, dass sich der Anteil österreichischer VertreterInnen im Musikteil in einem eher bescheidenen Rahmen hält. Mit Ja Panik, dem Projekt Interzone von Didi Bruckmayr und Sigi Aigner, dem Ensemble klingt.orgestra und dem in Wien lebenden Hamburger Onno Ennoson finden sich gerade einmal vier heimische Acts im Line-Up. Bedenkt man, welch erstklassige und spannende Musik vor allem in den vergangenen Jahren hierzulande entstanden ist, hätte man sich wünschen können, dass diese überaus positive Entwicklung auch in diesem wichtigen und über die heimischen Grenzen bedeutenden Festival seinen Ausdruck findet.

Nichtsdestotrotz ist es Tomas Zierhofer Kin erneut gelungen, ein ungemein facettenreiches und in manchen Punkten vielleicht auch sehr kontroversielles Programm auf die Beine zu stellen. Wohl bei keiner anderen Veranstaltung stehen Anspruch, Qualität und Unterhaltung so nah bei einander, wie sie es in diesem Falle tun. Damit wird das Donaufestival seinem Ruf als vielleicht wichtigste Plattform für Avantgardekultur in Österreich einmal mehr gerecht. Vielleicht wird das mit dem höheren Österreichanteil ja nächstes Jahr etwas.(mt)

 

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