MICHAEL FLOREDO wohnt in Vorarlberg und schätzt die Ruhe seiner Umgebung, damit er seinen Fokus ganz auf das Komponieren legen kann. Über die Landesgrenzen hinaus finden seine Werke Anerkennung, eine besondere Wirkstätte hat Michael Floredo im Stift St. Florian in Oberösterreich. Im Auftrag der „Internationalen Brucknertage“ komponierte er schon mehrere groß angelegte Werke.
Internationale Beachtung erhielt Michael Floredo mit seiner Orgelsinfonie für drei Organisten an einer Orgel, die in den Jahren 2007 bis 2010 entstanden und an der großen Brucknerorgel im Stift St. Florian uraufgeführt worden ist. Im Jahr 2013 war das Werk auch in der Kathedrale St. Gallen zu erleben.
Im Brotberuf ist der 48-Jährige als Musikschullehrer an der Musikschule Walgau tätig. Er hat bei Gerold Amann studiert und von Augustinus Franz Kropfreiter wesentliche Impulse erhalten. Die Orgelimprovisation ist eine wesentliche Inspirationsquelle für Michael Floredo, denn auch von der Klangsinnlichkeit dieses Instruments aus entwickelt er seine organisch wachsenden Werke. Besonders die große Form und die Sakralmusik liegen dem Komponisten nahe, bereits vier Symphonien hat er komponiert. „Wenn ich komponiere, brauche ich eine Zeit lang eine Ruhe“, erzählt der Komponist über seine Arbeitsweise, „dann entwickelt sich das Werk wie sich auch ein Bild entwickelt. Die Grundrisse sind in meinem Kopf vorhanden, auf dem Papier werden sie verfeinert.“ Wichtig ist, dass sich der musikalische Fluss prozesshaft entwickelt, denn „das Ganze muss wachsen. Hören und immer wieder ‚erhören’ ist ein dauernder Prozess und vielleicht auch das, was schlussendlich einen Komponisten ausmacht.“
Für die Basilika Rankweil komponiert
Michael Floredos neuestes Werk „Kontemplation, Geist – Nicht Geist“ ist im Auftrag der „Basilikakonzerte Rankweil“ entstanden. Die indogermanischen Wurzeln des Wortes „Geist“ haben den Komponisten inspiriert. „Mich hat dieses Wort fasziniert“, erklärt der Komponist. „Es stammt vom indogermanischen „gheis“ ab, das für ‚erschaudern, ergriffen und aufgeregt sein’ steht. Weitere Bedeutungen liegen im Wort „ghoizdo“, das steht für ‚übernatürliches Wesen’ und das griechische „pneuma“ bedeutet Atem.“ Die Besetzung für Sopransaxofon, Perkussion und Orgel bietet viele Möglichkeiten im Wechselspiel zwischen ruhigen und tänzerisch-virtuosen Passagen, die einesteils die Kontemplation und andernteils den Geist versinnbildlichen. „Es ist ein sehr virtuoses Stück geworden“, verrät der Komponist.
Zum Reflektieren anregen
Die Arbeiten von Michael Foredo sind geprägt von einem großen philosophischen Interesse. Die Proportionenlehre des Pythagoras und die philosophischen Schriften von Platon und Aristoteles beschäftigen ihn seit Jahren und sie bilden eine wichtige Grundlage für seine Musik. Darüber hinaus beeinflussen die Zahlensymbolik und der Leitgedanke, dass alles schwingt seine kompositorische Denkweise.
Als Künstler ist Michael Floredos wichtigste Intention, mit seinen Werken einen Aufbruch und Nachdenkprozesse anzuregen. „Mir geht es darum, dass man anfängt, über sich selbst und über bestehende Zustände zu reflektieren.“ Auch aus diesem Grund lässt er sich selbst nur ungern von äußeren Einflüssen ablenken.
Aufmerksam machen
Auch die Politik im Sinne von Regeln, die Gemeinschaften organisieren, beeinflussen den Künstler. „Ich glaube, dass jeder Mensch, der in einer Zivilisation lebt, unweigerlich auch konfrontiert wird mit Politik. Schlussendlich bestimmen die Gesetze einen großen Teil unseres Lebens und unserer Lebensqualität. „Bei Schaffenden, die Kunst erzeugen, spielt das politische Umfeld eine große Rolle. Ich rede da nicht von Parteienpolitik, sondern von Politik als notwendige Handlung, als Notwendigkeit der Zeit“, so Michael Floredo.
Konkret wird der Komponist, wenn es um die Frage der Kulturpolitik und die Förderung von künstlerisch Schaffenden in Vorarlberg geht. Hier sieht es Michael Floredo als wichtige Aufgabe der Künstler an, aufmerksam zu machen und er erinnert in diesem Zusammenhang an den kürzlich verstorbenen Künstler Gerold Hirn.
Mehr Neues unterstützen und weniger Altes bewahren
Bei der Subventionsvergabe sieht Michael Floredo ein Missverhältnis bei der Unterstützung von Reproduzenten und Schaffenden. „Ein Musiker ist ein Reproduzent und kann nie ein Schaffender, ein Komponist, sein“, betont Michael Floredo. „Musik unserer Zeit wird auch hierzulande so wenig berücksichtigt im Vergleich zu dem, was die Kulturpolitik bewahrt. Natürlich beinhaltet der Kulturauftrag auch das Bewahren, aber man nimmt dieses Bewahren so ernst, dass kein gutes Verhältnis zwischen dem Bewahren und dem Neuen besteht.“
Im Gespräch deutet Michael Floredo darüber hinaus auf einen Aspekt hin, der zum Weiterdenken anregt. 95% der Profimusiker setzen sich für das Bewahren alter Musik ein. „Es sind vor allem die Stars, die sich in einer musealen Welt aufhalten und sehr große Sätze über die Bildung sprechen“, gibt Michael Floredo zu bedenken. „Ihrer Zeit entfliehen sie jedoch mit einer Musik von früher. Wahrscheinlich hätten die Komponisten von früher gar keine große Freude damit, wenn sie wüssten, dass sie damit etwas verhindern was eine Notwendigkeit für unsere Zeit ist.“
Silvia Thurner
Dieser Artikel ist zuerst in der Zeitschrift für Gesellschaft und Kultur im Oktober 2015 erschienen.
Termin:
Sonntag, 18. Oktober 2015, Basilika Konzerte Rankweil, 20 Uhr
„Rosarium musicum“ – Christoph Indrist, Perkussion; Lukas Nußbaumer, Saxofon, Gerda Poppa – Orgel