Eben noch konnten sie als Vorband von AC/DC in Spielberg überzeugen, schon kommt bei den PURPLE SOULS die nächste Erfolgsmeldung ins Haus geflattert: Ihr Debütalbum erscheint beim deutschen Label Motor Music. JAKOB WÖRAN und ELIAS MÜLLER über doppelt aufgenommene Alben, Auftritte vor 100.000 Menschen und darüber, wie schnell aus dem Hobby ein Beruf werden kann. Das Interview führte Markus Deisenberger.
Ihre Band gibt es offiziell seit 2012. Wann wurde aus Spaß Ernst bzw. aus dem Hobby ein Beruf?
Jakob Wöran: Richtig ernsthaft haben wir es ab 2012 betrieben. In der derzeitigen Formation seit 2013. Elias Müller hat alles verändert. Anfangs hatten wir ja einen Pianisten dabei. Weil wir auf Schlagzeug, Bass und zwei Gitarren reduziert haben, hat sich soundmäßig natürlich einiges verändert. Das war der erste Cut. Der zweite Cut war, als wir letztes Jahr in die Cosmic Studios gingen, um ein Album aufzunehmen.
Das Album kommt im Februar 2016 raus?
Jakob Wöran: So sieht es aus, ja. Der Michi Gaissmeier von Heinz hat die Promo für unsere Single „Babylon“ gemacht. Damals hatten wir schon ein Album aufgenommen, waren aber nicht zufrieden.
Inwiefern?
Jakob Wöran: Es war zu brav für ein Debütalbum und auch vom Songwriting her zu wenig durchdacht.
Elias Müller: Wir haben uns die Songs gemeinsam von vorne bis hinten angeschaut, analysiert und sind dann zu diesem Schluss gekommen.
Jakob Wöran: Für uns war ein Gespräch mit dem Conny Dix ausschlaggebend, der mit Markus Gartner und Michi Gaissmeier gemeinsame Sache macht. Sie sagten uns, sie fänden das Songwriting gut, aber es ginge darum, Ecken und Kanten reinzubringen, weil wir – und das wussten wir auch – im Vergleich zu Olympique und den Steaming Satellites die eher poppige Variante seien. Das Feedback gab uns einen Schub. Man weiß nie, wo man steht. Also haben wir vier Monate Preproduction gemacht und dann vier Monate lang das Album aufgenommen. Das heißt, dass privat letztes Jahr nicht viel los war, außer das Album zu machen.
Sie beschäftigen sich hörbar sehr viel mit Klang bzw. dem richtigen Sound.
Elias Müller: Ja, alle Synths etwa sind selbst zusammengebaut. Stefan [Weiss; Anm.] hat sich extrem viel damit auseinandergesetzt.
Jakob Wöran: Der ist jeden Abend zu Hause gesessen und hat an den Synths getüftelt.
Sie haben Ihr Debütalbum also eigentlich zweimal aufgenommen.
Jakob Wöran: Genau. Eineinhalb Jahre lang. Und es hat sich ausgezahlt. Wir haben es nach Österreich und Deutschland ausgeschickt und erfreulicherweise sehr positive Rückmeldungen bekommen. Vor zwei Wochen haben wir die Entscheidung getroffen, wie wir‘s machen, wo wir das Album releasen: über Motor in Berlin als Label und Extratour als Booking-Agentur.
Auf YouTube sah ich ein Interview von Ihnen, in dem Sie sagten, das sei ein Hobby und laufe sehr entspannt. Seither hat sich offenbar viel getan ...
Jakob Wöran: Das war vor dem ersten Konzert beim Austrian Band Contest. Dann der Cut. Und jetzt wollen wir‘s wissen!
Sie haben in Spielberg als Vorgruppe von AC/DC gespielt.
Jakob Wöran: Und davor beim New Sound Festival vor Wanda, um acht Uhr abends. Der Saal war bereits gut gefüllt. Schon da haben wir gefühlt, dass wir uns das vorstellen können.
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Wie kommt man dazu, vor AC/DC als Vorgruppe zu spielen?
Jakob Wöran: Das passierte alles durch Zufälle. 2012 kam die Single „Babylon“ und Red Bull lud uns ein, vor Awolnation im Volksgarten zu spielen. Da haben wir das erste Mal vor 2.000 Leuten gespielt. Natürlich muss man schauen, dass die Musik auch in kleinen Räumen funktioniert, aber wenn man vor so vielen Menschen spielt und merkt, dass es funktioniert, dann ist das ein Punkt, an dem man sich vom Hobbygedanken verabschiedet. Wir sind Typen, die sehr selbstkritisch sind, das immer wieder hinterfragt haben, nie wegen eines Gigs in Euphorie verfallen wären und gedacht hätten, dass jetzt alles auf uns zufliege.
War es eine besondere Motivation, zu sehen, dass es andere Bands wie die Steaming Satellites und Olympique geschafft haben, auf sich aufmerksam zu machen?
Elias Müller: Vor allem bei den Steamings war das der Fall, ja. Die sahen wir und dachten uns: „Wow, das ist eine Salzburger Band, die es rausgeschafft hat.“ Die sind mittlerweile eine große Nummer. Das hat allen anderen Bands einen Aufschwung gegeben. Jeder hat reingehackelt. Ich kann mich noch an eine Preisverleihung erinnern, wo sie oben auf der Bühne den Preis annahmen und dann sagten, jetzt könnten sie wieder die Miete zahlen. Ja, es ist hart, aber man hat auch eine verdammt große Menge Spaß.
Jakob Wöran: Wir haben schon vier Shows mit den Steamings gespielt. Mit Olympique sind wir sowieso vernabelt, weil Elias früher einmal dort mitgespielt hat. Wir sind alle freundschaftlich miteinander verbunden und kriegen genau mit, was bei den anderen passiert. Man darf sich durchaus etwas zutrauen, ohne dass man den Sinn für die Realität verliert.
Wie kam man drauf, gerade euch vor AC/DC auf die Bühne zu stellen? Mit Hardrock habt ihr hörbar wenig am Hut.
Jakob Wöran [lacht]: Das haben wir uns auch gefragt, und fragen es uns bis heute. Nachher nahm uns der AC/DC-Manager in den Arm und sagte, dass er es cool gefunden habe. Aber er müsse uns jetzt die Medaille für die poppigste Support-Band in vierzig Jahren Bandgeschichte verleihen.
„Okay. Klar, die wollen AC/DC sehen, aber freuen sich, wenn was passiert.“
Wie war das: Blickte man da von der Bühne runter in stark alkoholisierte, verdutzte Gesichter, die nicht wussten, wie ihnen geschah, oder fühlte sich das ganz entspannt an?
Elias Müller: Als wir diese Riesenbühne sahen, haben wir uns schon gefragt, was wir hier machten. Das zweite Mal haben wir uns das gefragt, als wir von der Bühne runterschauten und die Leute in den typischen Outfits sahen. Aber schon beim Soundcheck jubelten die Leute, als der Schlagzeuger sein Schlagzeug checkte. Die waren ja auch schon acht Stunden da und froh, dass endlich etwas passierte.
Jakob Wöran: Das war der Moment, als wir zum ersten Mal dachten: „Okay. Klar, die wollen AC/DC sehen, aber freuen sich, wenn was passiert.“ Gut, vielleicht haben sich auch nicht alle gefreut, aber es kam etwas zurück. Und ab dem Zeitpunkt waren wir dann auch entspannter. Im Hinterkopf hat man allerdings schon, dass auch eine Flasche fliegen kann.
Und versucht man druckvoller als sonst zu spielen, um einer bestimmten Erwartungshaltung gerecht zu werden?
Jakob Wöran: Lustig, dass du das fragst. Am Anfang hieß es nämlich, wir hätten nur 30 Minuten zu spielen. Da hätten wir nur die schnellen Nummern gespielt. Dann aber hieß es plötzlich: 50 Minuten. Und so mussten wir dann auch die langsamen Nummern bringen. Dass das ohne Pfeifkonzert funktionierte, war für uns schon ein riesiger Erfolg.
Elias Müller: Wenn du erst 24 Stunden vorher erfährst, dass du dort spielen kannst, dann um 6 Uhr morgens im Proberaum stehst, ist das schon sehr besonders für ein Hobby. Im Nachhinein war das fast wie ein Rausch.
Jakob Wöran: Der ganze Tag war kaum zu glauben. Vor allem, als wir rausgingen und dieses Gesamtkunstwerk aus 100.000 Leuten vor uns hatten. Das war so surreal, dass ich vom Auftritt eigentlich gar nicht so viel mitbekommen habe. Wir wussten am Anfang auch gar nicht, wie groß das angelegt war. Ö3 spielte dann den ganzen Tag lang AC/DC-Songs und gab dazwischen immer wieder Meldungen durch, etwa, dass schon zu Mittag 30.000 Leute am Eingang stünden. An den Raststationen – egal wo du rausgefahren bist – saßen Fans herum. Da wurde uns langsam bewusst, wie wahnsinnig das Ganze wird.
Würden Sie den Auftritt als Erfolg verbuchen?
Jakob Wöran: Als Live-Erfahrung ist das ein riesiger Pluspunkt, und wir haben einfach gemerkt, wie viel Spaß uns das machen kann.
Elias Müller: Wir haben unsere Fanbase sicher nicht großartig erweitert, aber zu sehen, dass wir physisch und psychisch in der Lage sind, etwas Derartiges zu machen, ist ein Boost.
Gehen wir zurück zu den Anfängen. Hat Ihnen der Austrian Band Contest, an dem Sie teilgenommen haben, etwas gebracht?
Elias Müller: Da bezieht man schon Motivation draus, du weißt auf einmal, warum du so viel probst. Dass wir irgendwann im Prater gemeinsam mit unzähligen Metal-Bands gespielt haben, war eher merkwürdig.
Jakob Wöran: Aber aufgrund des ersten Erfolges kam auch FM4 auf uns zu und fragte, ob wir nicht eine Single hätten, die sie spielen können. Und GoTV fragte nach einem Video. Beides hatten wir damals nicht, gingen aber ins Studio. Die dort entstandene Single hatte dann zwar nicht die Qualität, um auf FM4 gespielt zu werden, aber: So kommt eins zum anderen. Ein paar Festival-Bookings kamen reingeflattert. Als Anfang für eine Band war das schon echt okay. Genug auf jeden Fall, um zu sagen, im Hobbybereich macht das Sinn für uns.
Bei den Steaming Satellites hat es zwischen den beiden letzten Alben schon massiv gekracht. Da stand auch die Auflösung im Raum. Haben Sie auch schon ähnliche Erfahrungen gemacht?
Jakob Wöran: Wir haben zwar schon einmal eine kleine Clubtour durch Deutschland gespielt, aber man kann unsere Erfahrungswerte sicher nicht mit denen der Steaming Satellites vergleichen.
Elias Müller: Damals mussten wir alles selbst machen, was enorm anstrengend war, aber dass es gekracht hätte? Nein.
Jakob Wöran: Bei uns kann jeder seine Meinung sagen und wir finden immer einen kleinsten gemeinsamen Nenner. Wie eine Familie. Aber: Den richtigen Härtetest hatten wir auch noch nicht.
„Es ist so: Wenn wir es jetzt nicht machen, dann nie.“
Was kommt, wenn das erste Album einschlägt, auf FM4 und anderen Stationen gespielt wird, zu fliegen beginnt, wie man so schön sagt? Geben Sie dann Ihre Jobs auf, wenn es sich nicht mehr vereinbaren lässt?
Jakob Wöran: Das Thema haben wir jetzt gerade, weil wir gesagt haben, dass wir einen anderen Weg, nämlich den über Deutschland, gehen wollen. Im nächsten Frühjahr touren wir durch Deutschland, spielen dort Festivals, wie es aussieht. Das wird für jeden Einzelnen von uns spannend, wie er das privat bewältigen wird. Aber wir haben uns ganz klar dazu entschlossen. Anders hätte es ja auch keinen Sinn. Wir gehen also „all in“. Jeder von uns kann sich vorstellen, seinen bürgerlichen Beruf sausen zu lassen, um es sich anzuschauen, weil wir glauben, die Sicherheit zu haben, jederzeit wieder einen Job zu finden, falls es nicht klappen sollte. Aber die Leidenschaft zur Musik ist so wichtig, dass wir es unbedingt machen wollen. Entscheiden, ob wir die Möglichkeit kriegen, werden es aber die Leute da draußen.
Elias Müller: Es ist so: Wenn wir es jetzt nicht machen, dann nie.
Einer von Ihnen lebt in Wien, einer in Stuttgart, einer in Salzburg. Geprobt wird in Salzburg, im Rockhouse. Wie kann man sich das vorstellen?
Jakob Wöran: Jede zweite Woche reisen zwei von uns an und wir proben das ganze Wochenende lang. Das haben wir die letzten drei Jahre so gemacht.
Das nenn ich Commitment. Fühlen Sie sich dabei immer noch als Salzburger Band?
Jakob Wöran: Schon, ja. Wichtig ist aber auch, dass man Einflüsse von außen zulässt. Die Cosmic Studios waren für uns entscheidend, ohne das schmälern zu wollen, was in Salzburg durch Leute wie Andi Mörth, der Please Madame und Dame produziert, möglich ist. Aber jetzt haben wir den nächsten Schritt gemacht. Die Frage, die uns da gestellt wurde, war: „Seid ihr bereit, dass wir euch unseren Input geben oder wollt ihr nur euer Ding machen?“ Die Antwort war klar: „Jede Kritik ist willkommen.“ Wenn du aus einer Hobby-Geschichte rauskommst, schreibst du nicht die perfekten Songs. Da ist es wichtig, sich ständig zu hinterfragen und zu schauen, dass man immer wieder eine Schippe drauflegt. Sonst kann man, so stark wie die Musikszene in Österreich derzeit ist, keine Meter machen.
Wer hat Sie auf Ihrem Weg unterstützt?
Jakob Wöran: Stootsie [Michael Steinitz, Anm.] war immer einer, der ein offenes Ohr für uns hatte, uns seine Einschätzung mitgeteilt hat, gesagt hat, dass wir ihm Material zuschicken sollen, ein Mentor für uns war, möchte ich fast sagen.
Haben Sie auch Gitarren bei ihm gekauft?
Jakob Wöran [lacht]: Seit der ersten Stunde, ja. Und auch Wolfgang Descho war wichtig.
Elias Müller: Auf jeden Fall. Ich kann mich noch erinnern, als ich das erste Mal am Rockhouse vorbeifuhr und mir dachte, dass ich da auch irgendwann einmal spielen möchte. Das war das Größte. Die Möglichkeit zu haben, mit fünfzehn, sechzehn auf einer großen Bühne zu stehen. Wenn das nicht gewesen wäre, hätten wir alle nicht weitergemacht. Oder nicht einmal richtig angefangen, sagen wir mal so.
Jakob Wöran: Und Stefan Kalser, weil er beim Stuck Festival und dem Yeah Club, den es leider nicht mehr gibt, die lokalen Bands reingebucht hat. Der hat sich wahnsinnig viel angetan. Diese ganzen Komponenten zusammen, die Summe aller Teile war es, die es ausgemacht hat.
Welche Erwartungen haben Sie an Ihr Album und die Zeit nach dem Release?
Jakob Wöran: Das ist der Sprung ins kalte Wasser. Wir wollen den maximalen Spaß haben. Alles was dazu kommt, ist Zugabe.
Elias Müller: Wir wollen‘s wissen. Wen gar nichts geht, war es wenigstens eine gute Zeit.
Jakob Wöran: Wichtig ist, dass wir es probiert haben. Das zweite Album ist fast fertig. Da werden wir mit dem Aufnehmen schon anfangen, bevor die erste Platte rauskommt. Das heißt, wir können auch gleich was nachlegen, wenn‘s drauf ankommt.
Vielen Dank für das Gespräch.
Markus Deisenberger
Fotos Purple Souls © Marc Stickler