mica-Interview mit Gottfried Rabl (RSO Wien / Orchesterminiaturen)

mica-Interview mit Gottfried Rabl (RSO Wien / Orchesterminiaturen) Mit dem Dirigenten, Chorleiter und kompositorisch versierten Gottfried Rabl, der beruflich auch eine Art “Mädchen für alles” (Eigendefinition) im Büro des ORF-Radiosymphonieorchesters darstellt – er richtet Stimmen und Partituren ein und macht Probenpläne – führte Heinz Rögl im ORF-Funkhaus ein Gespräch. Gottfried Rabl ist der Dirigent eines Großteils der 72 Orchester-Miniaturen, die von Komponisten der Neuen Musik dem RSO Wien zum 40. Geburtstag dediziert, auf Ö1 gesendet und auch CD aufgenommen worden sind (man kann sie auch auf der Ö1-Website anhören und dazu die Werkcharakterisierung des jeweiligen Komponisten lesen, es gibt auch Links, sehr oft auf die Komponistendatenbank des mica).   
Christian Scheib im Booklet der CD “40 Jahre ORF Radio Symphonieorchester Wien”: “Das Radio Symphonieorchester hat sich seit seiner Gründung den Erkundungen der jeweilige Gegenwart und einer möglichen Zukunft verschreiben, Auch anlässlich des Jubiläums inszeniert es Ausblicke in eine der Kunst der Gegenwart angelegte Zukunft. Das RSO Wien tut dies mit einemglitz6ernden Mosaik aus Orchesterminiaturen von österreichischen Komponistinnen und Komponisten, dem RSO Wien zum Geburtstag geschenkt. Fragmente aus früheren Aufbrüchen treffen auf neue komponierte Gegenwartskonzentrate ebenso wie auf Versuche zu Klängen aus der Zukunft: Dieses Panoptikum – im alten Sinn des Wortes eben eine Sammlung von seltsamen, aber bemerkenswerten Petitessen – ist ab Oktober im Ö1 Programm ebenso aufgetaucht, wie in öe1.orf.at und in rso.ORF.at., in ORF 2 in einer Fernsehdokumentation über das RSO sowie selbstverständlich in den Musiksendungen von Ö1, von Pasticcio bis Zeit-Ton. Noch nie hat  es eine derart umfassende, bunte und heterogene Sammlung österreichischer Stimmen des Zeitgenössischen für einen Klangkörper von dieser Größenordnung. Und dennoch war das erst der Beginn dieses Projekts: das RSO Wien wird in seiner Jubiläumssaison viele weitere Miniaturenproduktionen einspielen und präsentieren

Neben dem Ideenträger Scheib, dem künstlerischen Leiter des RSO seitens des ORF, ist das Produktionsteam der “Miniaturen” der Dirigent Gottfried Rabl, die Aufnahmeleitung hatte Erich Hofmann, das Notenarchiv wird betreut von Winnie Hörl und Hannes Heher.

Die 72 Komponisten der Klangminiaturen von A-Z: Peter Ablinger, Klaus Ager, Oskar Aichinger, alien productions, Peter Androsch, Rainer Bischof, Francis Burt, Christoph Cech, Friedrich Cerha, Chaya Czernowin, Dirk D’Ase, Christian Diendorfer, Johanna Doderer, Richard Dünser, Paul Engel, Iván Eröd, Karlheinz Essl, Roland Freisitzer, Paul Walter Fürst, Beat Furrer, Clemens Gadenstätter, Bernhard Gander, Erin Gee, HK Gruber, Georg Friedrich Haas, Hannes Heher, Thomas Heinisch, Peter Jakober, Rudolf Jungwirth, Dieter Kaufmann, Katharina Klement, Franz Koglmann, Johannes Kretz, Bernhard Lang, Klaus Lang, Gerd Kühr, Thomas Larcher, Herbert Lauermann, Wolfgang Liebhart, Radu Malfatti, Wolfgang Mirtterer, Christian Mühlbacher, Christian Muthspiel, Gösta Neuwirth, Olga Neuwirth, Hermann Nitsch, Georg Nussbaumer, Christian Ofenbauer, Thomas Pernes, Julia Purgina, Michael Radanovics, Werner Raditschnig, Gerald Resch, Heinz-Joachim Roedelius, Jorge Sanchez-Chiong, Elisabeth Schimana, Thomas Daniel Schlee, Kurt Schwertsik, Wolfgang Seierl, Chieh Shih, Andrea Sodomka, René Staar, Burkhard Stangl, Johannes Maria Staud, Bruno Strobl, Erich Urbanner, Wolfram Wagner, Herbert Willi, Gerhard E. Winkler, Manon-Liu Winter, Joanna Wozny, Mia Zabelka. Zum Nachlesen und Nachhören der Link: http://oe1.orf.at/

Gottfried Rabl soll hier nach einem Text des Ensembles “die reihe” (Website) vorgestellt werden: Gottfried Rabl ist als Dirigent in Wien vor allem mit dem Radio Symphonie Orchester Wien und dem Ensemble “die reihe” zu hören, nachdem er schon früher den aus dem ORF-Chor hervorgegangenen Wiener Konzertchor für zahlreiche Konzerte des ORF einstudiert hatte. Rabls spezielles Interesse gilt sorgfältig ausgewählten Werken von vergessenen, unbekannten Komponisten, die er dem Publikum in einem besonderen Zusammenhang zu präsentieren versucht, um deren inhärente Qualität auch beim ersten Hören erfahrbar zu machen.

Nach Beendigung seiner Studien in Wien und Diplomen in Horn, Korrepetition und Dirigieren verbrachte Rabl ein Jahr als Stipendiat in Helsinki, Finnland. Dort studierte er an der Sibelius Akademie und bei Jussi Jalas, dem Schwiegersohn Sibelius’, und konnte so seine Vorliebe für skandinavische Musik vertiefen. Rabl war zu dieser Zeit auch Hornist des “Wiener Nonetts”, gab Klavierabende und leitete sein eigenes Ensemble “Theater der Stille”, das sich vorwiegend der theatralischen Musik des 20. Jahrhunderts widmete. Sein großes Interesse für zeitgenössische Musik führte zu einer engen Zusammenarbeit mit Leonard Bernstein in den USA, in Italien und auch Wien, wo Rabl Assistent für dessen letzte Oper “A Quiet Place” war. Es folgte ein sechsjähriger Aufenthalt in den Vereinigten Staaten an der Indiana University, währenddessen Rabl auch Dirigent des dortigen Symphonieorchesters war.

Seine CD Einspielungen weisen große stilistische Divergenz auf. Zurzeit nimmt Rabl mit dem RSO Wien für das deutsche Label “cpo” die Ersteinspielung aller neun Symphonien und Orchesterwerke von Egon Wellesz auf. Eine andere, sehr spezielle Produktion ist jene dreiteilige CD Serie, in der die Orchesterbegleitungen zur Stimme Enrico Carusos neu eingespielt wurden. Was zuerst wie ein Experiment begonnen hatte, wurde zu einer der erfolgreichsten Klassikplatten der letzten Jahre. Die erste CD gewann den renommierten “Echo Preis” der deutschen Schallplattenkritik und wurde bereits über 100 000 Male verkauft. Für die zweite arrangierte Rabl die verloren gegangenen Originalpartituren in mühevoller Kleinarbeit neu. Die dritte CD erschien erst kürzlich. Neben seiner dirigentischen Tätigkeit ist Rabl auch als Pianist weiterhin tätig. Er begleitet Liederabende und ist regelmäßig Kammermusikpartner in den verschiedensten Kombinationen.

 
Herr Rabl, Sie haben den Großteil dieses “Panoptikums” Orchesterminiaturen dirigiert, Sie sind selber Dirigent und mit dem RSO auch in anderer Weise verbunden. Wie kam es dazu, dass Sie das RSO dirigieren? Von Ihrer Ausbildung her sind Sie ja Chorleiter und .

. Dirigent. Ich war ursprünglich Hornist und hab mich dann auf das Dirigieren gestellt und war zeitweise auch wie es den ORF-Chor noch gab, dort. Ich habe dann den Nachfolgechor weitergeführt, wie er von heute auf morgen aufgelassen worden ist. Er geht unglaublich ab, gerade für zeitgenössische Chormusik.

Da muss man halt dem Erwin Ortner dankbar sein und ihn beknieen, dass er mit dem Schönberg-Chor da immer wieder etwas tut. Zu schwierigeren Werken – etwa Ernst Kreneks “Lamentatio Jeremiae Prophetae” kommen die immer wieder nicht dazu.

Das ist ein wahnsinnig schwieriges Stück. Und aber auch Orchesterwerke, Henze mit Chor oder, na ja, Psalmensymphonie geht gerade noch .

. aber sagen wir Pendereckis Auschwitz-Oratorium .

… sind Stücke, die werden heute nicht mehr gemacht. Die anderen Chöre sind mit ausgezeichneten und auch ausgebildeten Sängern besetzt, aber doch auch eben Laienchöre. Nicht professionelle Chöre.

Richtig und ich meine, nichts gegen den Wiener Singverein.

Nein, die machen ihr Repertoire wunderbar, oder der “Chorus sine nomine” – die machen viel, aber das sind halt kleinere Stimmen, das kann man nicht wirklich vergleichen, ist auch eine andere Sache.

Der Schönberg-Chor ist schon sehr gut, aber die sind einfach eingedeckt auf Jahre.

Ich bin da einfach reingerutscht in die Chorleitung. Ich war Wiener Hornist und da gab es nicht so viele Stellen, ich hab halt in verschiedenen Orchestern substituiert. Es hat damals keine Stelle gegeben, da bin ich eben zum Dirigieren gekommen. Habe da auch sehr viel korrepetiert, weil es ja mit Klavierspeilen verbunden ist. Ich habe halt irgendwie einmal das ORF-Symphonieorchester dirigiert, da hab ich halt russische Symphonien gemacht, wie es Zeit für einen Aufnahme geworden ist. Ich habe mich immer für zeitgenössische Musik interessiert und bin dann auch hier geblieben, einfach, weil ich hier sozusagen gewissermaßen eine Beratungsfunktion habe, ich bin hier das “Mädchen für alles”. Ich mach zuviel leider .

Ich hab Sie schwer erreicht.

… das ist halt das Problem (lacht).

… aber jetzt sitz ma da. Sie dirigieren nicht nur beim RSO sondern auch etwas Anderes?

Ich dirigiere sehr viel im Ausland auch. Ich fahre jetzt am Sonntag für drei  Wochen nach Rumänien und hab dort vier Konzerte mit verschiedenen Orchestern.

Sie sind eigentlich ein Free-Lancer? SVA für Freiberufler?

Ja, ja, genau. Mit dem “Panoptikum”, das sind da halt so Sachen, wo ich zum Einsatz komme. Oder bei Wien Modern zum Beispiel, wo dann Partituren kommen und sich die Frage stellt, wie mach’ ma das, wo sitzt wer, welche Instrumente kommen zum Einsatz, wie ist die Aufstellung, was heißt denn das? Jetzt beim Xenakis, oder bei Varèse .

 
. die Arcana .

. gut, das sind schon Klassiker mittlerweile, die wurden ja schon einmal gespielt, da hat man schon Referenzpunkte. Aber wenn jetzt wie bei den Miniaturen was Neues kommt – Gadenstätter zum Beispiel – Ölfässer und so was, da bin ich dann schon auch zum Einsatz gekommen.

Christian Scheib hat ja schon erzählt (Anm.: siehe mica -Interview mit ihm), dass man einen unglaublichen ,Response’ erhalten hat, es sind mehr Stücke eingelangt, als man geglaubt hat. Alle haben sich gemeldet- jaja, schreib’ ich was, mach’ ich was. Es sind schon 72 Stücke auf CD.

Am Anfangwaren ja nur 40 Stücke und Komponisten geplant, also 40 Jahre Jubiläum, je 40 Sekunden von 40 Komponisten; dann hat man gefunden, 40 ist ein bisschen ungerecht – da gibt es doch auch andere Namen, die man auch nehmen soll . dann sind es halt auf einmal glaub ich 85 geworden, vielleicht haben etwas mehr als 10 nicht geantwortet oder waren zu beschäftigt. Es sind dann für diese erste Aufnahmetranche 72 Komponisten gewesen, und dann hat man schon wieder herausgefunden, 72 ist auch ungerecht, denn da war der oder die nicht dabei. Es sind noch einmal 140 .

140, das wären dann ja über 200 .

… 140 zusätzlich, aber es gibt in der nächsten Zeit keine Aufnahmetermine, wir haben jetzt aber doch ein paar Tage für 30 weitere. Es werden also so 100 Komponisten werden und dann ist zumindest diese Saison geschlossen.

Besonders schön ist ja die CD und vor allem die Internetseite oe1.orf.at samt den persönlichen Kommentaren von den Komponisten plus Dirigent plus allenfalls Nennung der Solisten – denn bei der Ausstrahlung im Oktober konnte man ja gar nicht alle Miniaturen hören, eine um 14.58, die nächste um 19.58 oder so . Aber man vertreibt das eben auch anders .

Ja, ja.

Man braucht jetzt nicht über die Qualität reden, manches ist halt “Aufgewärmtes”, dem Karl-Heinz Essl ist was im Traum eingefallen, das er dann komponiert hat, wieder andere schrieben nicht 40 Sekunden sondern eine Minute und soundsoviel Sekunden . Was waren denn für Sie die reizvollsten Sachen? Wie ging das überhaupt, wie viel Zeit hatte man für eine Komposition?

Für mich war eigentlich die größte Schwierigkeit die Vorbereitung dazu, muss ich ganz ehrlich sagen. Weil – es sind beginnend mit August immer Kuverts hereingeflattert mit einem neuen Werk – und es geht ja darum, dass man verschiedenste Besetzungen (einmal kleinere, dann groß aber ohne 3.  Flöte, dann wieder einer 4. Posaune dabei) vorfindet. Das muss man alles irgendwie in eine Ordnung bringen .

Etwa Iván Eröd schickt “das lauteste Stück, das ich jemals geschrieben habe” .

Richtig, aus seiner Oper. Das musste man irgendwie in eine Ordnung bringen, das war logistisch die größte Sache, damit die Leute das erstens finden, damit die Musiker, die gerade nicht spielen, in diesem Stück wissen, im nächsten müssen sie aber wieder spielen, denn Musiker die nichts zu tun haben werden grantig – dann: Wie nehmen wir auf? Da musste Rücksicht genommen werden auf Komponisten, die selber dirigieren wollten, wann haben die Zeit und welche Wünsche haben die sonst noch. Normalerweise nimmt man zuerst mit der größten Besetzung auf, die dann immer kleiner werden soll, damit eben die nicht mehr benötigten Musiker gehen können. Ein paar Mal war das nicht möglich, sonst hab ich das versucht. Ich habe  auch staffeln müssen nach Schwierigkeit, man konnte nicht fünf schwierige Stücke in 2/12 Stunden hineinpressen, und am nächsten Tag dann fünf leichte Stücke nehmen, wo man weiß, man braucht nur 10 Minuten für die Aufnahme. Anstelle von 20. Rein rechnerisch war’s so, dass wir 20 Minuten pro Stück hatten. Das haben wir hingebracht, 72 Stücke in einer Woche. 20 Minuten – da sind natürlich einige Komponisten gekommen, die ihr kleines Baby besonderes gern gehabt haben, und dann natürlich – ah, ich komm mit 20 Minuten nicht aus, ich brauche noch einmal, ich muss noch einmal. Und dann noch einmal. Da haben wir überzogen. Dann bin ich drangekommen, hatte natürlich mehr Distanz zu dem Werk und konnte manches aufholen. Wir sind im Großen und Ganzen im Plan geblieben. Einmal, bei dem Stück von Beat Furrer brauchten wir viel länger, das ist sehr schwierig, das hat uns ziemlich hineingeritten  .

 
Den Furrer (Anm.: Ausschnitt aus “Apon”) haben Sie dirigiert .

Richtig.  Beat Furrer hat dieses Stück gerade mit dem Südwestfunk-Orchester gemacht, das war ein ganz neues Stück, das er erst uraufgeführt hat.

Es waren ja zum Großteil neue Stücke. Wie bereitet man sich als Dirigent auf so was vor? Liest man die Partitur?

Ja, denn Referenzaufnahmen gibt es nur in Ausnahmefällen. Einige der “älteren Semester” – wie Kurt Schwertsik oder Francis Burt – haben auch Ausschnitte von älteren Kompositionen eingerichtet, aber Schwertsik hat den Ausschnitt aus seinem Flötenkonzert eh selber dirigiert.

Was ich sehr schön finde, dass Leute, die vermutlich noch nie für Orchester geschrieben haben – etwa die “alien productions” (Martin Breindl, Norbert Math, Andrea Sodomka) – etwas verfertigt haben: “Das RSO spielt den Tarzanschrei”. (dauert nur 15 Sekunden! Die Musiker spielen ihn nicht nur, sondern singen auch?

Nein, da haben wir wenig zu tun gehabt, das Orchester nahm nur einen Ton auf, der Rest kommt aus dem Computer.

Oder .

. der Knack (“Suprematistische Geschichte”) von Peter Ablinger. Das war auch für uns nur ein Ton.

Ja, das “Immer”. Und das “Alles” ist der Knack, die kürzestmögliche Zeit. Typischer Ablinger, sehr schön.

Die Stücke wirklich studiert habe ich manchmal erst in der Nacht vor dem Aufnahmetag, weil ich vorher nicht dazu gekommen bin. Weil die Vorbereitung einfach so viel Zeit hergenommen hat. Was man ja auch bedenken muss, das RSO hat eine ausgezeichnete Schlagzeugergruppe, das haben die Komponisten gewusst, und wie die drankommen, das ist natürlich unglaublich. Für jede Minute musste ein neues Schlagzeuginstrumentarium aufgebaut werden. Und das ist manchmal nicht wenig, große Trommeln, Blechplatten . die Schlagzeuger waren die eigentlichen Helden dieser ganzen Produktion, die haben hin- und hergeschoben und dann auch gleich die schwierigsten Rhythmen gespielt, das war wirklich unglaublich, das gibt’s glaub’  ich in keinem anderen Orchester.

Eine private Meinung: Beim Varése-Schwerpunkt der Salzburger Festspiele waren die Philharmoniker unter Muti bei dem Stück “Arcana” für riesengroßes Orchester (kam sicher teuer) nicht so fit und überzeugend wie zuvor das RSO mit einem anderen Stück dieses Komponisten, “Amériques”, wo Landesmann Markus Hinterhäuser bedauerte, dass er sich für Salzburg nicht die 1. Version leisten konnte .

. mit zusätzlich 27 Blechbläsern, ah gibt`s die noch, das gab’s einmal?

Landesmann hat sie sich einmal mit dem Concertgebouw Orkest für das Wiener Konzerthaus leisten können. Jedenfalls: Das RSO spielt oftmals auch im Theater an der Wien besser als die Symphoniker – mit dem letzten Henze (“Anm.: “Der Prinz von Homburg”) war ich persönlich nicht ganz glücklich, nicht wegen des Orchesters, sondern diesfalls wegen des Dirigenten .. es wurde zuviel forciert, auch bei den Sängern. Zurück zu den “Miniaturen”. Hat es den Leuten Spaß gemacht?

Es macht ihnen dann Spaß, wenn’s gut organisiert ist. Es ist eben leider so, für Musiker gibt es nichts Schlimmeres als herumzusitzen und zu warten. Musiker sind dann zufrieden wenn sie spielen dürfen. Klarerweise. Mit einem Orchester, das gewohnt ist jede Woche ein neues Programm zu lernen geht es – die lesen unglaublich, es gibt Stücke, wo man mit einem anderen Orchester erst einmal eine halbe Stunde proben müsste, bis dass so etwas überhaupt einmal in die Finger geht. Die Musiker bei uns spielen das einmal durch und es ist fast aufführungsreif.

Und die haben auch keine Probleme mit Spielanweisungen, auch verbalen?

Natürlich, da gibt’s Vierteltöne, verbale Erläuterungen aller Art, die manchmal auch  ins Aktionistische gehen können, beim an Cage angelehnten Stück von Nussbaumer (Anm.: Eine klingelnde Schweigeminute”) müssen die Musiker sich zum Beispiel gegenseitig mit dem Handy anrufen mit verschiedenen Klingeltönen. Das fand ich sehr witzig, man kann die Qualität von Stücken ja oft nicht gleich beurteilen- manche passten vielleicht nicht ganz hier her und manchmal muss man im Ausnahmefall sagen, dass es Komponisten gibt, die von der Computermusik kommen und ich über den Tonumfang eines Instrumentes Bescheid wissen, das kam auch einmal vor.

Manchmal gerieten Stücke auch um sagen wir 20 Sekunden zu lang, das merkt man dann .

Vielleicht muss man sich Igor Strawinsky immer noch zu Herzen nehmen: Die Kurst des Komponierens besteht im Weglassen.

Und manchmal brechen die wirklich genau nach 40 oder 50 Sekunden ab, das ist bei einer Miniatur ja auch ok. Und was ist eigentlich musikalisch betrachtet eine “Miniatur”? Wir sollten auch noch die Aufnahmetechniker erwähnen und die Abmischung im Studio?

Ja, das war durchaus auch oft mit den Komponisten – wenn es um elektronische Klangmischungen ging – zusammen, da war ich nicht mehr dabei. Die Aufnahmeleiter haben schon ihre Erfahrungen. Aber auch beim Aufnehmen selbst ist es bei zeitgenössischer Musik sehr interessant, wenn der Komponist im Saal sitzt, wenn man es spielt, oder er dann, wenn man sich umdreht  sagt, nein, ich hab’ das eigentlich ganz anders gemeint. Bei Elisabeth Schimana war das so, das Stück ist eigentlich nicht schwer zu spielen, wie ein Uhrwerk geht das, aber sie wollte dann noch ein Horn (man hätte zwei Hörner auch lauter spielen können lassen) und dann da was Anderes. Und man denkt sich, wie es eigentlich wäre, wenn bei einer Aufnahme einer Symphonie noch ein Brahms oder ein Mahler dabeisitzen würde, vielleicht würden sie sogar noch in der Partitur was ändern. Aber das ist eben die Lebendigkeit einer Komposition.

Noch ein Argument für das RSO und für die  Notwendigkeit seiner Erhaltung. Es ist doch auch essentiell, dass Musiker vom RSO immer auch in anderen Ensembles für zeitgenössische Musik spielen, in dem Ensemble “die reihe” sowieso aber auch in vielen andern. Ein fruchtbarer Austausch zwischen Orchester- und Ensemblekultur. Es soll ja nicht nur das Klangforum Wien geben, einem Spezial-Solistenensemble, das hauptberuflich dort arbeitet und spielt.

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