Im Radio fristen deutsche Texte ein Schattendasein. Nur etwa 9 Prozent machen die in der Landessprache gespielten Songs, die durch den Äther geschickt werden aus. Nicht gerade viel, bedenkt man, dass Mundart seit Jahren wieder schwer im Kommen ist. Abgesehen von volkstümlicher Musik hat sich „Österreichisch“ vor allem im Folkpop und Hip Hop stark durchgesetzt. Bestes Beispiel für Letzteres ist der sogenannte „Slangsta-Rap“. Etabliert hat dieses spezielle Genre eine Gruppe, die seit Herbst mit ihrem ersten offiziellen Album aufwarten kann: Die Vamummtn.
Verglichen mit fast schon engelsgleichen Mundart-Rappern wie Texta, A Geh Wirklich? und Ähnliche es sind, legen die Vamummtn einen weitaus derberen Dialekt an den Tag, der vor allem durch Hooklines mit Wiedererkennungswert sowie Covers gegenwärtiger Partyhits unterstrichen wird. Sie teilen aus wie ihnen der Schnabel gewachsen ist – direkt und ohne Beschönigung der Worte. Mit stets „vermummten“ Gesichtern und Namen wie Ansa, Zwara, Dreia und Viera sichert sich das Quartett aus Wien eine Anonymität, die bewusst zu ihrer Inszenierung gehört. Persiflage und Sarkasmus bilden den Grundstein der Combo, die behauptet, sich aufgrund der “schier unglaublichen Flut an selbstgemachten Möchtegern-Gangsterrap-Videos” gegründet zu haben. Seit sich Pseudo-Gangster à la Aggro Berlin aus Deutschland oder das österreichische Pendant dazu namens SBG Hot Boys in der Öffentlichkeit breit gemacht haben und die Authentizität der mächtigen Subkultur mit den Füßen treten, gilt es für die Wiener Jungs mit harten Bandagen dagegen anzukämpfen. Als Waffe wählen sie jedoch keine plumpen Diss-Tracks, kontern stattdessen lieber mit viel Schmäh und einen Patzen Selbstironie.
Mit diesen Seitenhieben auf den Gangsta-Rap haben sich Die Vamummtn zwar viele Feinde gemacht, dafür aber auf massig Freunde. Mit weit mehr als einer Million User-Klicks auf die selbstproduzierten Youtube-Videos, wurde die Crew 2007 zum Internetphänomen schlechthin. Erste landesweite Aufmerksamkeit erreichten die Vamummtn mit der „Krocha-Hymne“- eine Glanznummer, die es auf die Solarium gebräunten Neonkappler mit Vokuhila abgesehen hat. Die mediale Resonanz dieses Tracks war dermaßen groß, dass selbst ein Major-Label wie Universal Music Austria eines ist, nicht davon kalt blieb und den Vamummtn einen Single-Vertrag anbot. Dem nicht genug, haben die Wiener Großmäuler etwas erreicht, das in der österreichischen Musikwirtschaft zur Seltenheit gehört. In Zeiten des Digitalen Umbruchs, in denen die Tonträger-Verkaufszahlen in den bodenlosen Abgrund sinken, große Labels jedem noch so kurz andauernden Musik-Hype hinterherhecheln müssen und sogar per großem TV-Castingshows die nächsten individuellen Superstars des Landes gesucht werden, können sich die Rapper ganz locker-lässig mit bis zum Bersten gefüllten Hallen rühmen, ganz ohne groß die Werbetrommel für sich rühren zu müssen. Für die richtige Mund-zu-Mund Propaganda sorgt da schon ihre riesige Fanbase, die ihr Geld liebend gerne für Liveauftritte der Jungs und schrägen Merchandise-Produkten, wie etwa Wodka-Flaschen inklusive Bandlogo-Etiketten verjubelt.
Nachdem die Vamummtn in den letzten Jahren mit ihrer Musik hauptsächlich im digitalen Netz präsent waren und auf 10.000 fache Downloads ihrer Mixtapes zurückblicken können, vermag es keiner großen Verwunderung, dass erst letzten Herbst das erste offizielle Album „Rap is (k)a Ponyhof“ seinen Platz in die Verkaufsregale gefunden hat. Mit einer Mischung aus Oldschool-Beats, Partyhit- Samples und frechen, schlagfertigen Attitüden, die die Texte so manch anderen Rappers des Landes ganz platt erschienen lassen, schaffen die Vamummtn den inhaltlichen Spagat zwischen Ernsthaftigkeit und spitzbübischen Charme mit einer Souveränität, wie sie eben nur möglich ist, wenn drei rappende Rauschköpfe und ein DJ über Themen philosophieren, die in einem Atemzug von Political Corectness zu ordinären Offenbarungen führen. Dass die Vamummtn absolut kein Blatt vor den Mund nehmen, hat natürlich auch seine Schattenseiten. So schneiden Tracks wie „Blowjob“ und „Mei Schwonz“ in Sachen Radiotauglichkeit no na- recht schlecht ab. Da können auch noch so viele Pophits gecovert werden.
Einen Platz in der Ö3-Rotation überlassen sie da mit Handkuss den Trackshittaz. Kinderklamauk versus Parental Advisory-Gütesiegel – da muss man ja auch irgendwo seine Abstriche machen. Aber ausverkaufte Konzerte in Österreich und Deutschland noch lange vor der ersten Albumveröffentlichung, übers 80.000 Facebook Freunde und höchste- Fanloyalität ist eigentlich schon das Höchste, das man sich als Hip Hop-Act des Alpenlandes, fernab von Ghetto und Crime erwarten darf.
„Rap ist (k)a Ponyhof“ erschien am 30. September 2001 auf dem bandinternen Label Schwabs Weg. (bw)
Serie:
http://www.vamummt4life.at/