Otto M. Zykan, CD Fouché/Stimme, ORF/Ö1 Edition Zeitton

Otto M. Zykans letztes Libretto, über den französischen Politiker Joseph Fouché, wurde vom ORF/Ö1 als Hörspiel produziert und gesendet und ist vor kurzem in der Edition Zeitton, zusammen mit einer zweiten CD, die sich Zykans Interpretationen eigener und fremder Texte widmet, erschienen.

 

 

CD 1 Joseph Fouché. Fragmente einer geplanten Oper aus dem Nachlass von Otto M. Zykan

 

Das Hörspiel Fouché beginnt mit einem Brief an den Staatsoperndirektor Ioan Holender, gelesen von demselben, in dem Zykan versichert, die geplante Oper über Joseph Fouché bis 2007 vorlegen zu können. Dazu kam es nicht mehr, denn Otto M. Zykan verstarb am 25. Mai 2006.  Aus dem Libretto, aus einzelnen komponierten Teilen und aus seinen Musikangaben, sowie Probeaufnahmen seiner Stimme wurde unter der Regie von Götz Fritsch und unter der Mitwirkung von illustren Sprechern wie Paulus Manker, Erwin Steinhauer oder Emmy Werner, ein Hörspiel gestaltet. Fouché selbst wird von Sylvia Fenz gesprochen.

Zykan erzählt die Geschichte eines Mannes “der das Klischee des Einwegbösewichts so konkurrenzlos gut besetzen konnte.” Zykans Lebensgefährtin, die Musikwissenschafterin und Ö1-Musikredakteurin Irene Suchy, stellt die CD in sehr persönlicher Weise vor und kommentiert Bezüge zu Zykan selbst.

Joseph Fouché galt und gilt auch heute noch als Mann des Hintergrunds, der allerdings wichtigen Einfluss auf die Geschehnisse verschiedener Phasen der Französischen Revolution ausübte. Zykan beschreibt ihn so: “Fouché, 1759 als Sohn von Kaufleuten geboren, war gelernter Verräter, armseliger Intrigant, glatte Reptiliennatur, gewerbsmäßiger Überläufer, niedrige Polizeiseele.”

Das Hörspiel beginnt im Konvent der Französischen Revolution, Robespierre hat gerade eine Rede gehalten. Fouché, der zum gemäßigten Flügel der Revolutionäre gehört, wird gleich für den Tod des Königs stimmen. Rhythmisierte Sprechchöre, wie an dieser Stelle beispielsweise auf die Phrase “soll der König sterben?”, durchziehen das ganze Stück. Zykans genialer Text ist eine Satire; die pointierte Darstellung der unglaublichen Geschichte eines genialen Wendehalses, der es schafft, jede Krise in einen Erfolg zu verwandeln: “Fouché ging in die Knie, freilich weniger um sich zu unterwerfen, als um das Denkmal (Robespierre) besser aus den Angeln heben zu können.”

Zykans Analysen der Revolution und der Revolutionäre sind mitleidlos und witzig: “Aber ist er nicht ehrenwert und einer von uns? fragt einer aus Robespierres Kreis, nachdem dieser Fouchés Vernichtung plant. “Er ist ehrenwert oder einer von uns!” lautet die Antwort und der Kommentar: “Als forderte die Zeit ehrenwertes Verhalten und nicht zielgerichtetes!”

“In dieser Zeit ist kurz man an der Macht und lange tot, es gibt keine andres Angebot”, lautet dann auch die Conclusio, nachdem es Fouché als Drahtzieher gelingt, Robespierre per Intrige zu stürzen und hinrichten zu lassen.

In den “musikalisierten” Sprachteilen findet sich beispielsweise auch Zykans ironische Verarbeitung des Schönberg-Zitats von der Vorherrschaft der deutschen Musik, während einer Szene in der ein Spottlied auf Napoleons Frau Joséphine komponiert werden soll, um die Scheidung zu erzwingen.
Irene Suchy sieht Zykans Auseinandersetzung mit Fouché auch als Beschäftigung mit der eigenen Geschichte, als Erzählung vom ewigen Spieler: “Der Spieler Fouché, der die Welt als Spielfeld begreift, der nicht an eine Schöpfung glaubt und an einen Schöpfer und der den Zufall zum Spielmacher erhebt.”
Zykans Interpretation der Geschichte des “genialen Opportunisten” Fouché ist eine Utopie vom Menschen und eine Satire gegen die menschliche Begeisterung. Als Oper unfertig geblieben, als Hörspiel eine Annäherung an einen Zyniker, witzig, scharf beobachtet und spannend interpretiert.

CD 2 Stimme

Die zweite CD enthält Lieder, meist mit Zykan selbst am Klavier, manchmal auch mit den MOB art & tone ART-Freunden an Vibraphon, Horn und Kontrabass. Zykan singt, meist auf eigene Texte, aber auch auf jene Friedrich Achleitners und auf Dichtungen aus dem Kreis der Gugginger Künstler. Oft singt er allein, manchmal im Trio mit Ernst-Dieter Suttheimer und Hans Holzmann. Manche der Aufnahmen sind historische Momente: so das Konzert “Künstler für den Frieden” 1982 in der Wiener Stadthalle, bei dem zwischen Belafonte und Konstantin Wecker der Kinderreim uraufgeführt wurde, oder die witzige Eroika, jene von Zykan furios vertextete und (bei seinem Ö1-Geburtstagsfest zum 70er) interpretierte Beethoven-Symphonie. Aufnahmen wie die “Irren-Chansons” Zotteltier oder Erbtanten haben bereits Kultcharakter, wie auch die im Hörspiel Fouché bereits erwähnte Verarbeitung des Schönberg-Zitats, die Polemische Arie, welche auf dieser CD in den Klägereien wieder vorkommt.

Im 1975 entstandenen Nachtstück für ein Schiff analysiert Zykan messerscharf die Probleme seiner eigenen Zunft: “im Umfeld einer Gesellschaft, die kompositorische Probleme, ja Komponisten, nur vom Hörensagen kennt, kann man weit unbekümmerter agieren.”
Die CD schließt mit Zykans kongenialen Interpretationen von Friedrich Achleitner-Texten. (sr)

Foto Otto M. Zykan: Nikolaus Korab

 

 

mica-Datenbankeintrag: Otto M. Zykan

http://www.mica.at/composerdb/details/Composer/composer26691.asp?cat=composer&letter=z