„Früher war ich, das muss ich ehrlich sagen, sehr unsicher.“ – KATYADOTCOM im mica-Interview

Im vergangenen Jahr erfüllte sich die aus Oberösterreich stammende und mittlerweile in Essen, Deutschland, lebende Indiepop-Künstlerin katyadotcom mit ihrem Debüt „25 Years on Earth“ einen langgehegten Traum, und zwar den Start einer Musikkarriere. Diese hat inzwischen Fahrt aufgenommen. Auf die durchweg positive Resonanz auf das Erstlingswerk folgten bald erste Auftritte bei bekannten Festivals wie dem Mayfield Derby und dem Flux FM Bergfest in Berlin sowie Supportshows für die deutsche Sängerin Wilhelmine. Mit „life lately“ veröffentlichte die 26-Jährige im September eine neue EP. Im Interview mit Michael Ternai spricht katyadotcom über ihre Gründe für den Umzug nach Deutschland, die Idee, die hinter der neuen EP steckt, und die Entscheidung, nicht in die Deutschpop-Richtung zu gehen.

Du lebst ja mittlerweile in Essen, Deutschland. Wie kam es dazu?

katyadotcom: Ich würde sagen, ich fühle mich sowohl in Österreich als auch in Deutschland zu Hause. Ursprünglich komme ich aus Oberösterreich, aus einem kleinen Ort auf dem Land. Ich habe lange in Wien gelebt, bis Anfang dieses Jahres. Jetzt wohne ich mit meinem Freund in Essen. Da mein Team und Management in Essen und Umgebung sind, wurde das viele Pendeln irgendwann zu anstrengend. Deshalb habe ich mich dazu entschieden, hierher zu ziehen. Es passt auch gut, weil viele Menschen, mit denen ich zusammenarbeite, hier leben.

Wo ist die EP entstanden? In Wien oder in Deutschland?

katyadotcom: Teilweise in Wien und teilweise in Deutschland. In Wien habe ich mit Skyfarmer gearbeitet, der auch schon mit Skofi zusammengearbeitet hat. Hier in Deutschland war ich mit Katzi, einem Produzenten aus Bochum, im Studio.

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Deine neue EP folgt recht schnell auf dein Debüt. Wolltest du den Schwung direkt nutzen?

katyadotcom: Nach der Veröffentlichung des Debüts haben wir einfach fleißig weitergearbeitet und ein paar wirklich schöne Songs produziert. Außerdem bin ich ziemlich ungeduldig und dachte mir, diese Songs müssen einfach raus. Ich wollte die Geschichte meines Debüts „25 years on earth“, das meine ersten 25 Lebensjahre beleuchtet, fortsetzen und zeigen: „Hey, was ist jetzt passiert? Ich bin jetzt 26.“ So hat sich eins zum anderen gefügt und mein Team und ich haben uns dazu entschieden, die EP wie ein Tagebuch zu gestalten.

Dieses Tagebuch ist sehr abwechslungsreich, die Songs sind unterschiedlich. Es gibt tanzbare Stücke, aber auch ruhige, melancholische. Was hat dich diesmal inspiriert?

katyadotcom: Die Inspiration kam von Fred Again, der, glaube ich, eine EP oder ein Album veröffentlicht hat, bei dem er die Entstehungsdaten der Songs angibt. Ich fand das eine coole Idee. Da ich viel schreibe und oft in Skizzenbüchern herumkritzle, dachte ich, ich könnte das so ähnlich machen. Mein Fotograf und Videograf Timo Vogt schlug vor, mein Leben vom Umzug nach Essen bis zum Jahresende zu dokumentieren – und so entstand dieses Tagebuch. Was die Inspiration für die Songs betrifft, ist sie unterschiedlich. Manchmal kommt sie aus persönlichen Erfahrungen, wie bei dem Song „josef“, der von meinem Opa handelt, der 2022 verstorben ist. Lange konnte ich den Verlust nicht verarbeiten, aber eines Tages setzte ich mich mit meinem Freund Lukas und dem Gitarristen Moritz zusammen, und der Song entstand ganz plötzlich. Oft gehe ich mit einer kleinen Skizze oder ein paar Worten ins Studio und die Produzenten helfen, daraus einen Song zu machen.

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Schreibst du auch an der Musik mit?

katyadotcom: Die Texte stammen größtenteils von mir, wobei mich auch mein Freund, der selbst Musiker ist, unterstützt. Bei der Musik ist es so, dass ich mit einem Gefühl ins Studio komme und wir gemeinsam versuchen, einen Song daraus zu formen. Ich bin also bei diesem Prozess immer dabei.

War dir immer klar, in welche musikalische Richtung du gehen möchtest?

katyadotcom: Viele sagten mir, ich solle Deutschpop machen, weil das gerade angesagt sei. Aber das war nicht mein Ding. Mir war wichtig, Musik zu machen, die ich selbst gerne höre und hinter der ich voll und ganz stehe. Deshalb wusste ich, dass ich in die Richtung Indiepop gehen möchte, weil ich auch privat fast nur Indiepop höre.

Wie sieht es mit deiner musikalischen Sozialisation aus? Welche Musik hat dich geprägt?

Bild Katyadotcom
Katyadotcom (c) Timo Vogt

katyadotcom: Eigentlich passierte das sehr klischeehaft. Meine Mutter hat früher immer viel Janis Joplin gehört, und das war meine erste Verbindung zur Musik. Durch meinen großen Bruder bin ich als Kind auch dazu gekommen, bei Musicals mitzuspielen, was ich dann während meiner Schulzeit weiterhin gemacht habe. Mit sechs Jahren habe ich außerdem Gitarre gelernt. Irgendwann meinte mein Gitarrenlehrer, dass ich wirklich gut singen könne und ich doch versuchen solle, Songs zu schreiben – was ich dann auch tat. Ich glaube, ich war 11 Jahre alt, als ich meine ersten Songs schrieb, die im Singer-Songwriter-Stil waren. Als ich dann ein wenig älter war, bin ich voll in die Indiepop-Schiene hineingerutscht. Ich dachte mir, ich kann das auch, was diese Musikerinnen und Musiker und Bands können, und habe begonnen, in diese musikalische Richtung zu gehen.

Aber dennoch hat es ein wenig gedauert, bis du dein Debüt herausbringen konntest. Du warst 25, als dein erstes Album erschien …

katyadotcom: Früher war ich, das muss ich ehrlich sagen, sehr unsicher. Aber ich denke, das gehört zur Entwicklung dazu, wenn man eigene Musik macht. Oft fragte ich mich, ob meine Songs mit den englischen Texten überhaupt jemanden interessieren könnten. Außerdem habe ich lange nicht die richtigen Menschen gefunden, die mit mir arbeiten und mich weiterbringen. Es hat schließlich bis 2021 gedauert, bis Philip Stoeckenius und Niklas Pichler, der unter anderem bei Oehl mitwirkt, auf mich zukamen und mich in ihr Studio einluden. Sie sagten, dass sie Potenzial in mir sehen und mit mir arbeiten wollten. So ist dieser Traum wahr geworden. Wobei ich auch hinzufügen muss, dass es ohne mein Team, das mich wirklich unterstützt hat, nicht so schnell gegangen wäre, denn anfangs war ich ziemlich überfordert. Der Schritt, quasi als No-Name eine Musikkarriere zu starten, ist nicht gerade einfach. Umso dankbarer bin ich den beiden, dass sie alles ins Rollen gebracht haben.

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Dann ist es aber plötzlich ziemlich schnell gegangen, und du standest plötzlich auf größeren Bühnen. Hat dich dieses Tempo, mit dem die Dinge passiert sind, nicht auch etwas überrumpelt?

katyadotcom: Auf jeden Fall, aber im positiven Sinne. Ich konnte es kaum fassen – und tue es immer noch nicht ganz. Wenn ich jetzt auf die letzten eineinhalb Jahre zurückblicke und sehe, was alles passiert ist, denke ich mir, wie verrückt das eigentlich ist. Ich habe beim Mayfield Derby gespielt, durfte Wilhelmine supporten, die ja schon eine Pop-Größe ist. Natürlich fühle ich mich manchmal überrumpelt und zweifle hin und wieder. Aber ich freue mich auch unglaublich, dass ich als kleines Mädchen aus Oberösterreich mit so großen Leuten zusammenarbeiten darf. Das ist wunderschön und bestärkt mich nur noch mehr darin, weiter Musik zu machen.

Deine EP ist jetzt erschienen. Was folgt jetzt? Wird es Konzerte bzw. eine Tour geben?

katyadotcom: Wir planen tatsächlich für nächstes Jahr eine Tour. Es wird meine erste eigene Tour sein, und natürlich wird es auch einige Stopps in Österreich geben, was mir extrem wichtig ist. Zwar bin ich jetzt nach Deutschland gegangen, um hier die Szene für mich zu erobern, aber ich möchte auf keinen Fall den Anschluss in Österreich verlieren. Das funktioniert auch wunderbar, da meine Managerin Lisa in Österreich Tschurtschenthaler lebt und sich um den gesamten österreichischen Part kümmert.

Herzlichen Dank für das Interview.

Michael Ternai

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Links:
katyadotcom (Instagram)
katyadotcom (Spotify)