Faszinierend oder überfordernd?

Ein Abend voller gemischter Eindrücke. Ein Abend unter dem Titel „A Simple Guide to Complexity 2“. 

Zum Anlass von Wien Modern bot das aus London stammende Arditti Quartet im Mozartsaal des Wiener Konzerthauses spannende Interpretationen von Brian Ferneyhoughs Streichquartett Nr. 5, Elliott Carters Streichquartett Nr. 3 und Clemens Gadenstätters dreiteiliger Werkzyklus „häuten / paramyth 1“ (2010–2011), „schlitzen / paramyth 2“ (2012–2014) und „reißen / paramyth 3“ (2013–2016). Komplexität beschreibt die ausgewählten Stücke mit all ihren klanglichen Eigenheiten, die bewusst unbehagliche Stimmung in diesem Mix von Tönen und Geräuschen recht gut. Die erste Hälfte war geschickt aufgebaut, denn das Gespräch mit dem Ensemble zwischen den ersten beiden Stücken lockerte den Abend etwas auf. Der Versuch, das Publikum mithilfe von Fragen miteinzubinden, scheiterte allerdings, denn eine Antwort kam nicht zurück. In der zweiten Hälfte merkte man, dass die Aufmerksamkeit der Zuhörerschaft langsam nachließ, da einige Besucher*innen nicht bis zum Schluss blieben. Gadenstätters kompositionstechnisch äußerst interessanter Werkzyklus mit überlagerten Rhythmen und Mikrotönen hat dadurch leider nicht die verdiente Anerkennung bekommen. Seine Werke führten Assoziationen auf mehreren Ebenen mithilfe geräuschhafter Spielweisen der Instrumente herbei. Allgemein war das Konzert, das über zweieinhalb Stunden dauerte und mit langen Stücken gefüllt war, doch etwas intensiv für Neulinge in der Neuen Musik. Nichtsdestotrotz war die Perfomance des Arditti Quartets ungemein gelungen. Die Komplexität der Werke und ihrer genau ausnotierten Interpretationstechnik haben die Musiker mit allerhöchster Professionalität und Ausdauer gemeistert und mit den verschiedensten Klängen und assoziativen Geräuschen ihre Zuhörer:innen in den Bann gezogen. 

Alles in allem kann man sagen, dass das Spiel mit Lautstärken, Geschwindigkeiten und Klängen der einzelnen Stücke ein Konzert besonderer Art generiert hat, das man nicht so bald vergessen wird. 

Eva Gesierich

Diese Kritik über das Konzert mit dem Titel „A Simple Guide to Complexity 2“ mit dem Arditti Quartet im Rahmen von Wien Modern am 28. November 2022 im Wiener Konzerthaus entstand als Teil einer Lehrveranstaltung von Monika Voithofer am Institut für Musikwissenschaft der Universität Wien. Nähere Informationen dazu finden Sie hier.