„Unsere Musik duftet auch eher“ – 5/8ERL IN EHR’N im mica-Interview

Man kann von 5/8ERL IN EHR’N mittlerweile behaupten, dass Sie eine Institution in der österreichischen Musiklandschaft sind: Umtriebig seit dem Jahr 2006, wurden schon drei Amadeus Awards gehamstert und nun folgt das bereits fünfte Album „Duft der Männer“ (Viennese Soulfood). Im Interview mit Sebastian J. Götzendorfer sprachen die Sänger MAX GAIER und BOBBY SLIVOVSKY über die Existenz der Band als Schwamm, Politik in der Musik und ihre zwiespältige Beziehung zu Bobos.

Wo würden Sie Ihr neues Album „Duft der Männer“ in der eigenen Diskographie, die nunmehr bereits fünf Alben umfasst, verorten?

Max Gaier: Ich würde ganz einfach sagen, es ist das fünfte Album und die logische Folge der anderen vier.

Bobby Slivovsky: Es ist eine Weiterentwicklung dessen, was schon da war. Ich glaube, wenn man sich unsere Alben anhört, merkt man immer, dass wir einen Schritt weitergehen. Denn ein bisschen mutig sind wir auch und versuchen dementsprechend immer neue Dinge, die uns inspirieren, einfließen zu lassen. Zum Beispiel auch in Sachen Sound.

Max Gaier: Thematisch würde ich das Album schon als aktuell einordnen, wie jedes Album zu seiner Zeit, auch wenn es eigentlich nicht unbedingt unsere Intention ist aktuell zu sein. Das kommt eher daher, dass wir ein bisschen sind wie ein Schwamm. Wir saugen irgendetwas auf und lassen dann irgendetwas raus. So wie jeder Mensch halt, der nicht mit völlig geschlossenen Augen durchs Leben geht.

Bobby Slivovsky: Das Album ist ganz einfach eine Bestandsaufnahme der eineinhalb bis zwei Jahre vor der Produktion des Albums.

Was steckt eigentlich hinter dem Titel des Albums „Duft der Männer“?

Max Gaier: Wir haben lange diskutiert, was der Titel sein wird. Der Arbeitstitel war „Antiflat“. Das ist ein Medikament gegen Blähungen.

Bobby Slivovsky: Das ist zum Beispiel recht dienlich, wenn man in einem Band-Bus sitzt.

Max Gaier: Dann haben wir darüber ein bisschen reflektiert und haben uns gedacht, wir geben den Männern die Möglichkeit nicht mehr nur nach Alkohol und Blähungen zu riechen, sondern, dass sie auch duften können. Unsere Musik duftet ja auch eher.

Cover “Duft der Männer”

Bobby Slivovsky: Außerdem kann man in dem Titel auch die Frau sehen und nicht nur den Mann. Es ist also ein breit aufgestellter Titel. Wenn man die Rolle des Mannes überdenkt, ist man auch automatisch bei der Frau. Max, du hast das letztens sehr schön gesagt, wenn ich dich zitieren darf: „Männer müssen sich in der Gesellschaft nie überlegen wie sie sich neu aufstellen. Frauen hingegen müssen das die ganze Zeit machen.“ Vielleicht kann das auch ein Anstoß sein, als Mann flexibler zu denken.

Max Gaier: Sagen wir so: Interessanterweise werden Frauen in unserer Gesellschaft immer einem Atemzug mit Minderheiten genannt, was doch ein bisschen eigenartig ist. Aber prinzipiell haben Minderheiten es an sich, dass sie Perspektiven wechseln müssen, um sich überhaupt in einer Gesellschaft orientieren zu können. Perspektivenwechsel ist wichtig für so Sachen wie Urteilskraft und Empathie. Darum ist es an der Zeit, dass Männer mal ihre Rollen überdenken.

Bobby Slivovsky: Quasi nicht stinken, sondern eben duften.

„Wir sind ein bisschen wie ein Schwamm. Wir saugen irgendetwas auf und lassen dann irgendetwas raus.“

Ist es eine Überlegung oder ein natürlicher Prozess, dass es auf Ihren Alben immer einerseits getragene, nachdenkliche Nummern gibt und andererseits diese groovigen Gute-Laune-Nummern, die insbesondere bei jungen Leuten gut ankommen?

Bobby Slivovsky: Naja, das kann man ganz einfach mit den Jahreszeiten erklären. Das eine halbe Jahr ist eher balladesk und das andere halbe Jahr eher groovig. Wenn man wiederum vom Schwamm ausgeht, ist die Ballade eher dem Jänner zuzuordnen.

Max Gaier: Wir arbeiten schon auch sehr bedacht und überlegen uns gestalterisch Form und Inhalt. Es wäre dann doch ein bissl fad, wenn wir uns nur einer Form bedienen würden, weil man dann automatisch auch weniger Möglichkeiten hätte. Aber prinzipiell hat es sicher auch mit den Jahreszeiten und mit Vitamin D zu tun, sowie mit Optimismus und Pessimismus. Das ist natürlich alles irgendwie in uns drinnen.

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Aufgrund Ihrer Instrumentierung mit Gitarre, Akkordeon und Kontrabass, aber ohne Schlagzeug, ist es bemerkenswert wie viel Groove eben in den schnelleren Songs steckt. Da geht viel über den Kontrabass.

Bobby Slivovsky: Hm, den Kontrabass darf man nicht überbewerten.

Max Gaier: (lacht)

Bobby Slivovsky: Nein, der Kontrabass ist eh super. Aber das Schlagzeug teilen wir uns quasi zu fünft auf. Es wird gemeinsam versucht den Rhythmus zu bedienen. Wir haben den uns eigenen Sound schon gefunden und da ist kein Schlagzeug inbegriffen. Gott sei Dank.

Max Gaier: Da gibt es doch diesen Spruch…

Bobby Slivovsky: Also mit dem Schlagzeug ist es so: Mit ist es sicherer, aber ohne ist es schöner. Um die Sexualität ein bisschen zu bedienen.

Eine weitere Komponente Ihres Sounds ist das Österreichische, mit dem sie schon lange künstlerisch arbeiten. Heutzutage scheint es so, also gingen damit viele Bands hausieren Aber Sie waren eigentlich früher dran.

Max Gaier: Der Begriff „hausieren gehen“ impliziert natürlich, dass man sich im Vorhinein schon überlegt was „funktioniert“ und man erst daraufhin kreativ wird. Das ist natürlich ein Wahnsinn. Denn Funktionalität in diesem Sinne im Zusammenhang mit Musik oder kreativem Output zu verwenden ist natürlich ur-unwürdig. Das würde ich auf keinen Fall irgendwem unterstellen. Wir selber machen das einfach, weil es so sein muss und wir das auch gar nicht anders können. Was sich heute vielleicht verändert hat, ist die Wahrnehmung von der Komponente.

„Die Authentizität spürt man anscheinend. Völlig wurscht, wo wir spielen“

Sie touren auch in Deutschland. Wie wird das österreichische Element der Musik dort so aufgenommen?

Bobby Slivovsky: Da würde ich eher den gesamten Sound in den Vordergrund rücken und die Frage, ob der jemandem gefällt. Denn bei den Texten kann man sich natürlich nicht sicher sein, ob sie alle richtig verstanden werden. Es ist halt eben Mundart.

Max Gaier: Was uns schon generell überall attestiert wird ist Authentizität. Die spürt man anscheinend, völlig wurscht, wo wir spielen. Wir haben zum Beispiel auch schon in Ägypten gespielt, da versteht keiner irgendwas und den Leuten hat die Musik trotzdem gefallen. Es ist halt so, wenn das Thema mit dem man sich als Musiker beschäftigt gleichzeitig jenes ist, welches einem am Nächsten ist, also in unserem Fall Österreich, dann ist der Output qualitativ wertvoller. Ich empfinde das sowohl hinsichtlich unseren Themen als auch unserer Musik als etwas total Natürliches. Die Urteile die man dann zum Beispiel in den Texten fällt haben dadurch auf natürliche Art mehr Qualität.

Apropos Themen, es gibt wieder eine Nummer mit Fußball-Bezug, so wie auf den meisten Alben. Sind Sie eigentlich die totalen Fußballfans oder geht’s da auch eher um die Erkundung der österreichischen Seele?

Bobby Slivovsky: Ja, dass wir Fans sind kann man schon so stehen lassen.

Max Gaier: Wir sind auch selber sehr gute Fußballer!

Bobby Slivovsky: Es geht aber vielleicht schon ein bisschen um beides. Ich schau mir zum Beispiel gern das österreichische Nationalteam an und bin eigentlich eh schon immer ein Fan. Andererseits, wenn ich mir ansehe was in dem Umfeld so möglich ist, also an inhaltlichen und politischen Dingen, kann man das schon thematisieren. Mit dem 0815-Österreicher kann man zum Beispiel hinsichtlich dem Nationalteam über die Vielfalt reden und der wird das in dem Fall ganz anders sehen als bezüglich seinem Nachbar mit Migrationshintergrund.

Max Gaier: Den Menschen die ernsthaft an einer Wahlurne entscheiden sollen, sollte man raten lieber zum Fußballplatz zu gehen, denn da können sie ihre Emotion im Fantum super ausleben und super politisch unkorrekt sein. Aber bitte nicht am Wahlsonntag, sondern am Sonntag bei Rapid gegen Austria.

Da merkt man Sie haben schon einen gewissen politischen Anspruch. Das ist doch eines der großen Themen: Kunst und Politik. Sollte man in der Kunst politisch sein oder sollte man das eher getrennt lassen?

Bobby Slivovsky: Also, wir sind in erster Linie keine Politiker. Wir sind Leute die Lieder machen: Schöne Lieder und schirche Lieder. Wenn man wieder über den Schwamm redet, den wir vorher erwähnt haben, dann beschäftigen wir uns einfach damit, was uns so passiert.

„Jedes Liebeslied ist in Wahrheit auch politisch.“

Auf dem neuen Album hat etwa „Fahnderl im Wind“ aber doch eine starke politische Aussage.

Bobby Slivovsky: Ja, das hat eine starke Aussage.

Max Gaier: Es gibt auf dem Album Lieder, die offensichtlicher politisch sind und es gibt Lieder, die nicht so offensichtlich politisch sind. Prinzipiell glaube ich, dass jede Handlung die wir im öffentlichen Raum tätigen politisch ist. Beispielsweise, ob ich jemandem die Hand gebe oder nicht: Das ist Politik. Wir sollten alle verstehen, dass alles was wir machen irgendwie politisch ist. Es gibt nichts Unpolitisches auf dieser Welt. Darum stellen wir uns diese Frage gar nicht und das macht uns auch ein bisschen freier. Es ist auch schon politisch wie ich eine Ballade schreibe. Jedes Liebeslied ist in Wahrheit auch politisch.

Bobby Slivovsky: Für den Hörer ist es aber auch wurscht. Der eine hört etwas Politisches aus einem Text raus, der andere gar nicht. Wenn du über ein Lied eine Haltung transportierst, muss die ja nicht zwingend ankommen, aber wenn sie ankommt ist es auch schön.

Manche Lieder sind aber dann doch eindeutig politisch einzuordnen. Etwa „Akademikerball“ vom vorigen Album. Das ist dann schon ein Statement, das man als Künstler tätigt.

Bobby Slivovsky: Ja, da positioniert man sich natürlich.

Max Gaier: Ich würde allerdings nicht sagen, dass das eine Band machen muss und falls sie es nicht macht ist sie eine schlechte Band. Das Lied ist uns halt ausgekommen. Irgendwann war es halt Zeit, da ein Statement zu setzen.

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Auf dem neuen Album gibt es die Single „Geh bitte Bobo“. Wie ist eigentlich euer Verhältnis zu dieser „Bobo“-Generation, eher kritisch oder eher liebevoll?

Bobby Slivovsky: Gespalten.

Max Gaier: Es gibt auch liebevolle Bobos, zu denen ist das Verhältnis liebevoll. Unsere Kritik an den Bobos ist, dass die in der Regel alle sehr antisolidarisch und auf sich selbst bedacht sind. Sie sind oft auch sehr konsumorientiert und verwechseln Mode mit Solidarität.

Bobby Slivovsky: Für mich ist der Bobo auch ein bisschen das Aushängeschild des Kapitalismus. Gleichzeitig fühlt er sich aber alternativ und wählt wahrscheinlich grün.

Max Gaier: Das Lied ist aber sicher auch eine Selbstreflexion, denn in der Außenwahrnehmung wirken wir wahrscheinlich auch „boboesk“. Ein bisschen wird das wahrscheinlich also auch stimmen. Wir glauben, dass man mit Selbstkritik oft weiterkommt als nur mit anderen zu schimpfen. Insofern nehmen wir uns da auch selbst an der Nase.

Bobby Slivovsky: Ausgeschlossen mich selbst (lacht).

Max Gaier: Ja, ausgeschlossen die beiden Sänger (lacht).

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Ein weiterer neuer Song ist „Cheesy Kern“, der sich mit dem Bundeskanzler beschäftigt. Sie spielen laut Eigendefinition Wiener Soul. Wann gibt’s eigentlich endlich einen Song über Michael Häupl, die Seele Wiens?

Bobby Slivovsky: Das ist dann der wahre Sonnengott. Das ist eine gute Frage.

Max Gaier: Danke für den Auftrag. Die Nummer wird schon kommen, wenn sie kommt.

Danke für das Gespräch.

Sebastian J. Götzendorfer

5/8erl in Ehr’n live:

  • 12.05. – Salzburg / Arge
  • 13.05. – Salzburg / Arge
  • 18.05. – Dornbirn / Spielboden
  • 19.05. – Innsbruck / Treibhaus
  • 20.05. – Innsbruck / Treibhaus
  • 21.05. – München / Volkstheater
  • 31.05. – Graz / Orpheum
  • 01.06. – Linz / Posthof
  • 09.06. – Wien / Arena Open Air
  • 15.07. – Spitz a.d. Donau / Glatt & Verkehrt
  • 28.07. – Regensburg / Klangfarbenfestival
  • 29.07. – Vöcklabruck / OKH Open Air
  • 11.08. – Bildein / Picture On

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