Jazz Bigband Graz – Urban Folktales

Es ist der mehr als nur gelungene Ausbruch aus dem üblichen Bigband Format, es ist die beeindruckende moderne Neuinterpretation des traditionellen Sounds dieses musikalischen Ansatzes, den die Jazz Bigband Graz auf ihrem neuen Album „Urban Folktales“ (ACT Music) auf faszinierende Art vollzieht. Was das Ensemble unter der Leitung von Heinrich von Kanlein und Horst-Michael Schaffer auf den Weg bringt, ist schlicht die virtuos dargebrachte und in wunderbar vielschichtige Stücke übersetzte musikalische Freiheit. Grenzen, welcher Natur auch immer, gibt es keine, vielmehr verweben sich in der Musik der Bigband auf unnachahmliche Weise die verschiedensten Spielformen zu einem faszinierenden und ungemein vielschichtigen Hörerlebnis. Live erleben kann man dieses außergewöhnliche Orchester in den Hallen der Stadtwerke Hartberg am 4. Mai.

Was die Jazz Bigband Graz fabriziert, fällt in jeder Hinsicht aus dem Rahmen. Sich komplett aller Tradition, allen Begrifflichkeiten  verweigernd, erschafft das vielköpfige Ensemble ein über alle Maße kunstvolles Klanguniversum, welches an Farbenreichtum und stilistischer Vielfalt kaum zu übertreffen ist. Musikalisch wird der Geist der Offenheit zelebriert und, mit dem Ziel etwas Originäres und komplett Neues zu formen, die Öffnung hin zu allen Seiten betrieben.  Wiewohl die in die Musik einfließenden Elemente nicht mannigfaltiger und unterschiedlicher sein könnten und die Kompositionen in ihrer Art nicht komplexer und gewagter, fesseln sich die Stücke den Hörer doch vom ersten Ton an. Sie erschließen sich schnell, umschifft das Orchester durch sein dezentes Spiel doch gekonnt alle Kopflastigkeit.

Besonders beeindrucken die weiten und mit vielen kleinen versteckten Nuancen gespickten Spannungsbögen, welche die mit einigen der besten österreichischen, schweizerischen und auch deutschen Jazzern besetzte Bigband entwirft. Sich unaufhörlich steigernd und aufbauend, entwickeln die insgesamt sechs Stücke eine ungemeine Dichte und Atmosphäre, die den gesamten Raum bis in den letzten Winkel ausfüllt. Fast schon meditativ anmutenden Passagen folgen richtig schön groovende Rockmomente, schrägen verspielten Jazzentwürfen orchstrale Einsätze, experimentellen elektronischen Soundspielerein nahe an die Drum’n’ Bass-Ästhetik heranreichende Rhythmusausbrüche, urbanen Klangmotiven weltmusikalische Wendungen. Das Schöne ist, dass man zu Beginn nie weiß, in welche Richtung die Reise geht.

„Urban Folktales“ lädt ein, sich in eine faszinierende Klangwelt zu begeben, sich mit einer Musik zu konfrontieren, welche, allen Definitionsversuchen entzogen, quasi als Gesamtkunstwerk für sich steht. Es gibt unzählige Versuche neuartiger Musikentwürfe, in diesem Fall ist dieser aber auf unvergleichliche Art geglückt. (mt)

 

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http://www.actmusic.com/