Porträt: Thomas Amann

Er ist Tiroler, aber die heimische Volksmusik liegt ihm recht fern. Den Klang der Zither hat er erst kürzlich für seine Klangwelten entdeckt – im Rahmen einer Residency beim Zentrum Zeitgenössische Musik in Kärnten.

Der 1978 geborene und in Graz lebende Komponist Thomas Amann schreibt, dass er sein Studium als eine ständige Suche begriffen habe, nach Orientierung, nach dem Eigenen. Studiert hat er bei und bei dieser Suche geholfen haben ihm Beat Furrer in Graz und Chaya Czernowin in Wien.  Das  Suchen im positiven Sinne ist ihm geblieben, nun in Form einer steten Reflexion und Entwicklung der eigenen Arbeit. Thomas Amann versteht das Komponieren als Handwerk. „Was ich musikalisch in Gang setze, hat mit Handlungs-Weisen zu tun, damit, wie ich mich zur Welt verhalte. Von daher würde ich mein Komponieren als Aneinanderreihen, Ineinandergreifen, Überschneiden von Handlungskreisen bezeichnen.“ Ausgangspunkt sind dabei keine übergeordneten Konzepte oder feste Formen, sondern Klang, Geste, Energiefelder.

Unterschiedliche Einzelstücke fügt Thomas Amann zu einem Ganzen. So könnte man kurzgefasst seine Arbeit zur Zeit beschreiben. Dass man als Zuhörer in seinen Werken oft scharfe Kontraste wahrnimmt, ist eher ein Nebeneffekt, kein Arbeitsprinzip für Thomas Amann. Ein Nebeneffekt allerdings, der stets auf Neues aufhorchen, genau hinhorchen lässt auf die hart aufeinander folgenden oder mit Pausen voneinander getrennten Energieniveaus und Klangtexturen; der das Hören immer wieder erneut vollständig ins Gegenwärtige katapultiert. Ein solches genaues Hinhorchen nennt Thomas Amann selbst auch „haptisches Hören“. Ein solches „haptische Hören“ ergänzt seine Idee einer körperlichen Musik. Amann denkt Klanggestaltung körperlich, z.B. als Deformation einer Saite, als physische Aktionen der Musiker. Klangvorstellung und direkte körperliche Aktion der Musiker stehen in seinem Denk- und Arbeitsprozess also in enger Verbindung zueinander.

Doch beim Nebeneinander Stellen von divergierenden Einzelteilen stellt sich Thomas Amann auch die Frage, wo die Grenze verläuft zwischen einem gerade noch Zusammenhalten einer Einheit und einem Auseinanderbrechen. Oder anders ausgedrückt, wie viel Nebeneinander verträgt ein Miteinander, eine musikalische Klang-, Textur- und Formgemeinschaft, ohne zu zerbrechen. Wie verwandt müssen Klangverläufe, Gesten und Texturen sein, wenn sie als divergierende Felder nebeneinander stehen? Wie deutlich müssen solche Verwandtschaftsgrade, Entwicklungen und Transformationen im hörbaren Klangbild aufscheinen, damit genau dieser Eindruck des Fragilen, aber dennoch Zusammengehörigen entsteht? Thomas Amann denkt Themen wie Fragilität, Deformation oder auch Entfremdung beim Komponieren rein musikimmanent. Und dennoch sind dies auch Themen, die ihn als Mensch in seiner Umwelt beschäftigen. Inspiration für sein Komponieren ist also durchaus auch ein klarer Welt-Bezug, jedoch ohne einen simplen Versuch einer „Übersetzung“. Ähnliches gilt auch für manch andere Inspirationen, die Thomas Amann oft in der Subkultur findet, sein Interesse verstärkt auch auf Improvisation lenken.

Aufführungen, Preise, Stipendien, es findet sich eine ganze Liste. Zum Weiterlesen empfiehlt sich seine eigene Webseite ebenso wie ein Mica-Interview, das Doris Weberberger mit Thomas Amann geführt hat.

Nina Polaschegg

Foto © 2013 thomas amann

http://www.thomasamann.at