„Ich will für mich einfach immer etwas Neues kreieren“ – MANU DELAGO im mica-Interview

MANU DELAGO beweist auf seinem im Jänner erschienenen dritten Soloalbum „Metromonk“ (Tru Toughts) einmal mehr auf eindrucksvolle Art seine außergewöhnlichen musikalischen Qualitäten. Der aus Tirol stammende und mittlerweile in London lebende Hangspieler, der in den letzten Jahren gemeinsam mit internationalen Größen wie BJÖRK, ANOUSHKA SHANKAR und THE CINEMATIQUE ORCHESTRA quer über den Globus getourt ist, sprach mit Michael Ternai über das Konzept seines neuen Albums, die Dinge, die er in den letzten Jahren mitgenommen und gelernt hat, und über das, was ihn musikalisch beeinflusst.

Hört man sich durch Ihr neues Album „Metromonk“, gewinnt man den Eindruck, dass Sie dieses Mal ihrem Instrument, dem Hang, wieder mehr Raum bieten wollten. Stimmt dieser Eindruck?

Manu Delago: Ja, der stimmt, das Hang sollte auf diesem Album tatsächlich wieder mehr in den Mittelpunkt rücken. Auf jeden Fall mehr als auf den beiden Veröffentlichungen zuvor. Der Unterschied ist aber, dass ich es dieses Mal anders als in der Vergangenheit verwenden wollte. Ich habe dieses Mal versucht, für jedes Stück einen wirklich eigenen Sound zu finden, ein anderes Konzept, einen anderen Effekt oder eine andere Spielweise, was mir, glaube ich, auch gelungen ist.

„Es war mir wichtig, das Gefühl des Livespielens zu vermitteln und die Musik lebendig zu machen.“

Erstaunlich ist auch, dass dieses Mal eigentlich recht wenig mit Elektronik passiert ist.

Manu Delago: Es sind schon elektronische Effekte dabei, aber es ist dieses Mal sehr viel durch Live-Processing passiert. Was ich spiele, geht unmittelbar in den Computer rein und wird dort live bearbeitet und quasi mit einem Zusatzsound versehen. Ich habe selten etwas aufgenommen und danach noch viel hinzuprogrammiert. Der Großteil der Programmierarbeit geschah schon im Vorfeld. Im Endeffekt handelte es sich bei den Aufnahmen im Studio fast nur um Live-Takes. Es war mir wichtig, das Gefühl des Livespielens zu vermitteln und die Musik lebendig zu machen.

Sie sind ja in den letzten Jahren mit diversen Acts viel auf Tour gewesen. Wann findet man da eigentlich noch Zeit, ein Album zu schreiben und aufzunehmen?

Bild Manu Delago
Manu Delago (c) Mirko De Nicolo

Manu Delago: Witzigerweise ist dieses Album um einiges schneller entstanden als die zwei Alben davor. Vielleicht auch, weil es eigentlich nicht so geplant war. Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich jetzt aus irgendwelchen zeitlichen Gründen ein Album herausbringen müsste. Ich hatte einfach viele Ideen, die alle irgendwie zusammengepasst haben. Und dann hat sich Anfang des letzten Jahres ein Zeitfenster aufgemacht, das ich ausnutzen konnte. Ich habe in eigentlich recht kurzer Zeit sehr viel aufgenommen. Die restliche Arbeit bestand dann darin, die passenden Gäste und den richtigen Inhalt zu finden, was auch noch ein wenig Zeit in Anspruch genommen hat.

Man könnte sagen, dass Ihr neues Album im Groben aus zwei Teilen besteht. Aus einem am Anfang eher ruhigen Teil und einem zweiten, der mehr in die Richtung Clubmusik geht. Welche Idee steckt dahinter?

Manu Delago:Ich hatte beim Schreiben der Songs die Idee eines Vinyls mit zwei Seiten im Kopf.  Diese Idee hat sich dann im Laufe der Zeit zur endgültigen Struktur des Albums weitergesponnen. Es gibt eine ruhigere Seite und eine, auf der es mehr Beats und dergleichen gibt. Natürlich finden sich auf „Metromonk“ auch genügend Stücke, die sich in den Grauzonen bewegen, aber der Grundaufbau des Albums orientiert sich schon an diesen beiden Teilen.

Mit Eric Truffaz haben Sie einen wirklich großen internationalen Künstler für die Zusammenarbeit gewinnen können. Mit ihm gemeinsam ist das Stück „Between Oil and Water“ entstanden.

Manu Delago: Dieses Stück habe ich ursprünglich als Hang-Solostück konzipiert. Nachdem ich es aber als Demo aufgenommen hatte, habe ich aber das Gefühl bekommen, dass dem Stück ein zusätzliches cooles Element, eine schöne tragende Melodie fehlt.
Und da habe ich an Eric Truffaz gedacht. Der war einer meiner Teenager-Helden. Und zufälligerweise habe ich ihn dann wenige Wochen später in London tatsächlich kennengelernt. Ich habe ihn einfach gefragt, ob er sich nicht vorstellen könnte, etwas zu diesem Stück zu machen, und da ihm gefallen hat, was ich mache, hat er dann auch eine Trompetenlinie aufgenommen.

Eric Truffaz ist aber nur einer der herausragenden Gastmusiker, die auf „Metromonk“ mit einem Beitrag vertreten sind. Ebenfalls wieder mit dabei ist die Sängerin und Cellistin Isa Kurz, die Sie mittlerweile schon seit einigen Jahren begleitet. Und dann noch Pete Josef und Douglas Dare, die beide eine außergewöhnliche gesangliche Performance hinlegen. Wie und wo lernen Sie solche Leute kennen?

Manu Delago: Ich bin jemand, der Ideen gerne sammelt und diese aufschreibt. Höre ich eine Sängerin oder einen Sänger, eine Instrumentalistin oder einen Instrumentalisten oder eine Produzentin oder einen Produzenten, die oder der mir gefällt, notiere ich mir den Namen derjenigen oder desjenigen. Und wenn ich ein Album mache, hole ich mir diese Liste an Namen einfach wieder heraus und schaue, wer zu welchem Song stilistisch passt, wer überhaupt Zeit hat und zu diesem etwas machen könnte.

Pete Josef habe ich ein paar Monate vor den Aufnahmen in Bristol kennengelernt. Und da war es ähnlich wie bei Eric Truffaz: Er mochte meine Musik und hat dann zum Song „Step“ die Vocals beigesteuert. Die Zusammenarbeit verlief relativ einfach. Ich habe das Instrumental aufgenommen und es ihm mit einem von mir geschriebenen Text geschickt. Und schon die erste Idee, die er mir zurückgeschickt hat, war mehr oder weniger das Endergebnis.

Bei Douglas Dare war es ein wenig anders. An ihn bin ich mehr aus einer Fanposition herangetreten. Mir hat eines seiner letzten Alben einfach unglaublich gut gefallen. Ich habe ihn dann per E-Mail kontaktiert und gefragt, ob er sich eine Zusammenarbeit vorstellen könnte. Und glücklicherweise hat auch ihm gefallen, was ich mache. So ist der Track „Abrupt“ entstanden.

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Sie sind ein Musiker, der auch Experimente nicht scheut. Der Mann für das wirklich Eingängige sind Sie nicht.

Manu Delago: Da kommt, glaube ich, ein wenig der Komponist in mir durch. Natürlich könnte ich auch etwas schreiben und komponieren, was leichter ins Ohr geht und sich dadurch vielleicht auch ein wenig besser verkauft. Aber das ist mir zu wenig. Ich will für mich einfach immer etwas Neues kreieren. Ich will mich nicht wiederholen. Und um das zu vermeiden, muss ich oft auch einmal experimenteller werden. Letztlich aber entscheide ich immer nach meinem persönlichen Geschmack. Der Song muss mir einfach gefallen.

„Ich denke, ich habe in den letzten Jahren auf sehr vielen Ebenen etwas lernen und mitnehmen können.“

Wenn Sie ein wenig zurückblicken: Was, glauben Sie, haben Sie vor allem aus den letzten Jahren mitgenommen, was haben Sie auf Ihren Touren gelernt?

Manu Delago: Ich habe das Glück, dass ich als Sideman bei sehr interessanten Projekten spielen darf. Und das bietet mir natürlich die Möglichkeit, immer etwas dazuzulernen, sei es nun von den Künstlerinnen und Künstlern oder von den Licht-, Ton- und Videotechnikerinnen und -technikern, die ihre Arbeit ständig auf höchstem Niveau verrichten. Da gibt es auch einiges, das man sich abschauen kann. Ich denke, ich habe in den letzten Jahren auf sehr vielen Ebenen etwas lernen und mitnehmen können.
Auf meine eigene Musik bezogen glaube ich, dass ich mich in den letzten Jahren besonders im elektronischen Bereich sehr weiterentwickelt habe. Während meines Studiums habe ich das Instrumentenhandwerk und das Komponieren gelernt, in den letzten Jahren bin ich aber mehr und mehr in die elektronische Welt eingetaucht und habe mich tief gehender mit der Materie auseinandergesetzt. Und das spiegelt sich auch in gewisser Weise in meiner Musik wider.

Welche Einflüsse verarbeiten Sie in Ihrer Musik? Gibt es welche?

Manu Delago: Ich würde lügen, wenn ich jetzt sagen würde, dass mich nichts beeinflusst. Man wird als Mensch 24 Stunden am Tag manipuliert und inspiriert, und zwar von allem, was man erlebt und was einen umgibt. Jede Musik, die man hört, und jeder Mensch, mit dem man Zeit verbringt, prägen einen.

In meinem Fall war ich jetzt als Sideman in den letzten Jahren viel auf Tour. Und man nimmt einige Dinge an, man sieht und hört aber auch Dinge, bei denen man denkt: „So würde ich das jetzt nicht machen. Aber in einer anderen Form vielleicht schon“. So etwas ist in einem gewissen Sinne natürlich auch eine Inspiration. Und klar nehmen auch die Acts, mit denen ich auf Tour war – Björk, Anoushka Shankar und The Cinematic Orchestra – Einfluss auf mich. Aber nicht nur. Die Idee zum Text zu dem Song „Step“ ist mir zum Beispiel beim Wandern in den Bergen gekommen.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

Michael Ternai

Manu Delago live

  • 02.03. Queen Street Mall, Brisbane (AUS)
  • 04.03. Sandgate Town Hall, Sandgate (AUS)
  • 08.03. Camelot Lounge, Syndney (AUS)
  • 09.03. Northcote Social Club, Northcote (AUS)
  • 10.09. SXSW 2017, Austin (US)
  • 11.03. Port fairy Folk Festival, Port Fairy (AUS)
  • 14.03. The Garden of Unearthly Delights, Adelaide (AUS)
  • 19.03. Blue Whale, Los Angeles (US)
  • 21.03. Le Poisson Rouge, New Rock (US)
  • 29.03. The Hope & Ruin, Brighton (UK)
  • 30.03. Islington Assembly Hall, London (UK)
  • 31.03. St. John the Evangelist Church, Cardiff (UK)
  • 01.04. Colston Hall, Bristol (UK)
  • 03.04. The Stables, Milton Keys (UK)
  • 04.04. Band on the Wall, Manchester (UK)
  • 05.04. The Hug and Pint, Glasgow (UK)
  • 06.04. Turner Sims Concert Hall, University of Southampton, Southampton (UK)
  • 19.04. Palac Akropolis, Prague (CZ)
  • 25.04. Stadtsaal, Vienna (A)
  • 26.04. Kulturhof:keller, Villach (A)
  • 27.04. Orpheum, Graz (A)
  • 28.04. Komma, Wörgl (A)
  • 29.04. Arge, Salzburg (A)
  • 30.04. Red Box, Mödling (A)
  • 05.05. 1. Stock, Basel (CH)
  • 06.05. Décal’quai, Montreux (CH)
  • 07.05. Moods, Zürich (CH)
  • 17.05. Kunstfestspiele Herrenhausen, Hannover (GER)
  • 18.05. Tschirgart Jazzfestival 2017, Imst, (A)
  • 19.05. Remise Bludenz, Bludenz (A)

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