„[…] ich merke, dass langsam so etwas wie ein Stammpublikum entsteht.“  – SARA FILIPOVA im mica-Interview

Gerade in Zeiten von Corona und Lockdowns eine Konzertreihe ins Leben zu rufen, zählt vermutlich nicht unbedingt zu den leichtesten Unterfangen. Eine Künstlerin, die sich an dieser Herausforderung erfolgreich herangetraut hat, ist die Wiener Pianistin und Sängerin SARA FILIPOVA. Mit 0816 ACOUSTIC hat sie eine einmal in Monat im Wiener Gürtellokal LOOP stattfindende Reihe an den Start gebracht, die sich trotz aller widrigen Umstände langsam mehr und mehr zu einer Art Treffpunkt für die junge heimische Singer/Songwriter-Szene entwickelt. Im Interview mit Michael Ternai erzählt SARA FILIPOVA, wie sie auf die Idee zu dieser Reihe gekommen ist, über das musikalische Programm, das sie fährt, und den besonderen Reiz eines intimen Rahmens.

Was hat dich eigentlich dazu bewogen, die 0816 ACOUSTIC-Reihe ins Leben zu rufen? Noch dazu in einer doch etwas schwierigeren Zeit.

Sara Filipova: Erstmals begonnen, mir ernsthaft darüber Gedanken zu machen, habe ich nach ein paar Konzerten, die ich vor einiger Zeit solo gespielt habe. Also ganz alleine, nur ich und mein Klavier. Nach dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020, als dann ein wenig gelockert wurde und Veranstaltungen wieder stattfinden konnten, war ich dann bei einem Konzert im Loop. Und dieses konnte man damals aber nur sitzend mitverfolgen. Stehen war ja nicht erlaubt. Aber das war vollkommen okay, denn es entstand aufgrund dieses reduzierten Settings eine ganz spezielle Atmosphäre. Da ist mir der Gedanke gekommen, dass es eigentlich ganz cool wäre, auch mal so etwas Reduzierteres auf die Beine zu stellen.

Und du bist bei den Leuten vom Loop gleich auf offene Ohren gestoßen.

Sara Filipova: Ich kannte die Leute vom Loop ja schon. So gesehen war es keine große Sache, auf sie zuzugehen. Ich habe sie einfach spontan angeschrieben und gefragt, was sie von der Idee halten. Wir haben uns auf einen Kaffee getroffen und sprachen darüber, wie sich so eine Konzertreihe realisieren lässt. Und dann ist es recht schnell gegangen. Von der spontanen Idee bis zu einem konkreten Plan dauerte es vielleicht eine Woche. Und dann ging es mit den ersten Konzerten eigentlich eh schon los. Aber leider nur kurz, denn nach zwei Veranstaltungen kam dann der nächste Lockdown. Erst im Sommer kam es dann wieder zu den nächsten Konzerten.

Die Grundidee, wie ich sie verstanden habe, ist, dass die Künstlerinnen und Künstler ihre Konzerte quasi unverstärkt, sprich akustisch spielen.

Sara Filipova: Unverstärkt kann man jetzt nicht wirklich sagen. Es gibt schon Mikrofone und E-Gitarren. Ganz akustisch würde das auch nicht funktionieren. Was aber stimmt ist, dass die Künstlerinnen und Künstler sehr, sehr reduziert spielen. Ich wollte einen Ort schaffen, in dem so etwas möglich ist. Wie ich nämlich versucht habe, hier in Wien Orte zu finden, in denen ich mein Soloprogramm aufführen konnte, ist mir aufgefallen, dass es gar nicht so leicht war, solche zu finden. Besonders solche, wo man keine Miete zahlen und eine Technikerin oder einen Techniker mitengagieren muss. Dem gegenüber gibt es eine wirklich große Zahl an Singer/Songwriterinnen und Singer/Songwritern, die mit ihren Projekten eben in dieser reduzierten Form auftreten. Und diesen will ich mit der Reihe auch die Möglichkeit bieten, live zu spielen.

Bild Sara Filipova
Sara Filipova (c) Michelle Shiers

„Ich gehe genauso auf Veranstaltungen der Jazzwerkstatt Wien, wie auch zu normalen Popkonzerten.“

Lässt du dich in der Programmierung alleine von deinen musikalischen Vorlieben leiten oder spielen da auch andere Faktoren eine Rolle?

Sara Filipova: Natürlich spielen die musikalischen Vorlieben auch eine Rolle. Aber ich höre sehr viel aus verschiedenen Bereichen und bin sehr viel unterwegs. Ich gehe genauso auf Veranstaltungen der Jazzwerkstatt Wien, wie auch zu normalen Popkonzerten. Da bin ich sehr offen. Ich finde es sehr spannend, wenn man eine Band einlädt und deren Produktion kennt und plötzlich hört man deren Songs in einer sehr reduzierten Form. Die Lieder wirken einfach anders und entwickeln in diesem intimen Rahmen eine andere Atmosphäre.

Das Schöne ist ja, dass du nicht nur etablierten Künstlerinnen und Künstlern die Bühne bietest, sondern sich auch noch eher unbekannte Acts präsentieren können.

Sara Filipova: Ich würde sagen, das ergibt sich manchmal so. Natürlich bekommen auch Newcomer die Bühne. Ich schaue ja auch viel, was sich tut und entdecke immer wieder spannende Sachen. Manchmal ist es aber so, dass Musikerinnen und Musiker auftreten, die man sonst eher aus anderen musikalischen Kontexten kennt und die mit anderen Bands unterwegs sind, die aber auch eigene spannende Sachen machen. Wie zum Beispiel Raphael Sas, der einmal zu Gast war. Man kennt ihn ja von der Band von Der Nino aus Wien, mit der er viel unterwegs ist. Was vielleicht nicht alle wissen, ist, dass er früher auch einmal Solosachen gemacht und dann länger nicht. Jetzt macht er wieder etwas und schreibt neue Songs. Und die konnte er dann im Rahmen der 0816 ACOUSTIC-Reihe präsentieren.

Wie hat sich die ganze Geschichte trotz Corona und den ständigen Lockdowns bislang entwickelt?

Sara Filipova: Im Februar findet das zehnte Konzert statt. Und ich merke, dass langsam so etwas wie ein Stammpublikum entsteht. Es gibt Leute, die immer wieder mal kommen. Viele von denen sind selber Musikerinnen und Musiker, wodurch sich die ganze Veranstaltung auch irgendwie zu einem Szenetreffpunkt entwickelt hat, was mich natürlich sehr freut. Denn so können sich Leute kennenlernen und später dann vielleicht gemeinsam ein Projekt starten. So etwas Ähnliches habe ich unter anderem bei den West Belt Sessions, die ebenfalls im Loop stattfinden, erlebt. Und ich dachte mir, das könnte man doch auch für den akustisch gehaltenen, eher reduzierteren Singer/Songwriter-Bereich machen.

„Was ich aber nie im Sinn hatte, war, die ganze Reihe zu einer exklusiven Angelegenheit zu machen.“

Was mir bei der Programmierung aufgefallen ist, dass du viel Wert darauf zu legen scheinst, dass der Anteil an Songwriterinnen ein hoher ist. Täuscht der Eindruck oder ist da etwas dran?

Sara Filipova: Das hatte ich auf jeden Fall im Blick, wobei auch hier sich viel von selber ergeben hat, ganz einfach, weil es wirklich viele großartige Songwriterinnen gibt. Was ich aber nie im Sinn hatte, war, die ganze Reihe zu einer exklusiven Angelegenheit zu machen. Mir ist es wichtig so viel wie möglich abzubilden, die Szene als eine breite zu zeigen. Für mich kann man die Begriffe Songwriterin und Songwriter bzw. Liedermacherin und Liedermacher ja musikalisch sehr weit denken. Wir hatten bislang vom Wienerlied bis zu Avantgardepop schon recht viel dabei. Ich will einfach zeigen, dass sich unter der Genrebezeichnung Singer/Songwriter wahnsinnig viel verbirgt und sie eigentlich nichts anderes bedeutet als, dass jemand schreibt und singt.

Bild 0816acoustic Host Sara Filipova (c) Sonority
0816acoustic Host Sara Filipova (c) Sonority

Gibt es eigentlich Partnerinnen oder Partner, die dich unterstützen oder stemmst du die ganze Sache selber?

Sara Filipova: Ich mache schon sehr vieles alleine, wobei das Team vom Loop natürlich ein super Partner ist und auch voll mit dabei ist. Die Zusammenarbeit ist sehr angenehm. Und ich habe auch eine Freundin, die mir beim Pressetext geholfen hat. Es war einfach so, dass ich ohne groß Nachzudenken begonnen habe und nur geschaut habe, wie sich das Ding entwickelt und ob es von den Leuten angenommen wird. Ich sagte mir, dass ich einfach so viel mache, wie ich kann. Durch Corona war die Entwicklung natürlich auch immer wieder unterbrochen. Ob es vielleicht größer wird, wird sich zeigen. Und es hängt natürlich auch davon ab, ob ich in irgendeiner Form eine Finanzierung aufstellen kann.

„Generell aber war die Idee schon die, sich auf heimische Acts zu konzentrieren.“

Jetzt ist hoffentlich das Coronathema bald vorbei. Wie geht es weiter? Wo soll es mit der Reihe hingehen.? Denkst du da auch schon größer? Vielleicht auch einmal Gäste aus dem Ausland?

Sara Filipova: Jetzt läuft die Reihe einmal bis Sommer. Das Programm steht eigentlich. Wie wir dann weitermachen werden, ob wir auch im Sommer Konzerte veranstalten oder erst wieder im Herbst starten, das muss ich noch mit dem Loop besprechen.Wohin es gehen soll, ist eine spannende Frage.Das Ganze ist ja wirklich aus einer spontanen Idee entstanden. Zurzeit lege ich den Fokus schon auf österreichische Acts. Und ich glaube, das wird auch ein Fokus bleiben, was aber nicht ausschließt, dass durchaus einmal auch jemand aus dem Ausland eingeladen wird. Wenn es passt, warum nicht. Generell aber war die Idee schon die, sich auf heimische Acts zu konzentrieren.  Wir haben ja hier viel, was passiert. Da muss man nicht woanders hin suchen gehen.
Und ich weiß auch nicht, ob die ganze Geschichte überhaupt ein größere werden soll. Ich denke, es ist gerade dieser intime Rahmen, der Konzerte dieser Reihe zu etwas Besonderem macht. Wenn ich nur an das letzte Konzert in diesem Jänner denke, es ist einfach schön, wenn man im Publikum sitzt und es ist so still, weil alle zuhören. Es hat etwas Unmittelbares.

Zum Abschluss vielleicht noch eine Frage zu deinen musikalischen Projekten. Woran bist du gerade dran?

Sara Filipova: Ich bin im Moment gerade dabei, mit meiner Band ein neues Album aufzunehmen. Ich habe ja 2019 meiner erste EP rausgebracht. Und auf der waren wirklich nur ein Klavier und meine Stimme zu hören. Und damit war ich dann auch in ganz Europa unterwegs und habe es sogar in die USA geschafft. 2020 habe ich im Jänner dann noch ein paar Konzerte gespielt und hätte auch noch eine Art Tour-Block bis April am Programm gehabt. Daraus ist dann leider zum Teil nichts geworden. Ich habe die Corona-Zeit dann zum Songschreiben genutzt und war auch in so einer Art Songwriting-Spiel mit vierzig bis fünfzig Leuten aus der ganzen Welt. Wir haben zwei Monate von Montag bis Samstag eigentlich durchgehend geschrieben und uns dann über Soundcloud und Discord ausgetauscht. Einfach nur so als Motivationsboost. Die Situation damals war ja sehr vage. Wirklich planen konnte man nicht. Dennoch konnte ich noch kurz vor dem zweiten langen Lockdown mit der Band ein Konzert spielen, wo wir meine Songs erstmals live in dieser Konstellation präsentierten. Und dann haben wir halt immer wieder geprobt und auch das neue Material angespielt und geschaut, wohin es gehen kann. Ja, und jetzt ist Recording-Time.

Und wann wird das Album erscheinen?

Sara Filipova: Ich habe mit der Band beschlossen, dass ich den Prozess jetzt erst einmal ein bißchen passieren lasse, bis ich mich wirklich auf ein konkretes Datum festlege. Es war in den letzten zwei Jahren ja alles so vage. Ich habe mir gedacht, dass ich mir jetzt die Zeit nehmen will, die Sachen wirklich gescheit zu machen. Ich mag nicht auf ein Datum hinhetzen. Wir sind jetzt einfach dran und ob es noch diesen Herbst oder im nächsten Jahr erscheint, weiß ich noch nicht.

Herzlichen Dank für das Interview.

Michael Ternai

Die nächste Ausgabe der Reihe 0816 Acoustic findet am 23. Feber statt. Dieses Mal live zu sehen, sind die beiden Songwriterinnen Filiah und Clara Montocchio.
Facebook-Event

++++

Links:
0816 ACOUSTIC
0816 ACOUSTIC (Facebook)
Sara Filipova
Sara Filipova (Facebook)
Loop