„DIE BEGEISTERUNG FÜR DIE IDEE DES GEGENÜBERS MUSS VORHANDEN SEIN” – JOLPHIN IM MICA-INTERVIEW

Das niederösterreichische Power-Duo JOLPHIN steht für ungeschminkten Indie-Rock mit Texten, die Mut zur Ehrlichkeit beweisen. Clemens Engert sprach mit OLIVER SPITZER und PHILIPP HACKL über den Wert des Analogen, den Begriff „straightforward“ und was einen richtig guten Song ausmacht.

Eure Single heißt „Sugar Shock Treatment“ – was verbirgt sich hinter diesem Titel?

Oliver Spitzer: Der Titel entspringt einem Erlebnis, das ich einmal hatte. Es war nach einer erfolglosen Probe- bzw. Songwriting-Session. Wir hatten uns ziemlich viel Club Mate reingehauen und es ging nicht wirklich etwas weiter. Nachdem die ganze Crew abgehauen war, merkte ich, dass meine Augen zu brennen und mein Herz zu rasen begannen. Ich verspürte eine besondere melancholische Stimmung und habe versucht, diese in Worte zu fassen. So war Sugar Shock Treatment geboren.

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Eure EP erscheint im November dieses Jahres. Ist der Stil von „Sugar Shock Treatment“ repräsentativ für die gesamte EP oder gibt es auch Songs, die in eine andere Richtung gehen?

Oliver Spitzer: Musikalisch ist Sugar Shock Treatment eher nicht repräsentativ, da wir in den anderen Songs auch mal eine etwas schnellere und energetischere Schiene fahren. Textlich entspringen die Lieder aber alle aus eher negativen Gedanken wie Schuldgefühlen, Selbstzweifeln oder Aggressionen.

Philipp Hackl: So im Allgemeinen sind die Tracks nicht wirklich über einen Kamm zu scheren, weil sie sich zum Teil doch sehr stark unterscheiden.

Ihr bezeichnet eure Musik als „straightforward“ – was meint ihr damit genau?

Philipp Hackl: Wir beschreiben unsere Musik gerne so, weil sie sehr direkt und einfach klingt – ohne viel Schnickschnack, aufwändige Solos oder komplizierte Akkord-Wechsel. Es geht mehr darum, einfach die Energie für sich wirken lassen.

Euer Sound erinnert an britische Bands der 90er- und 2000er-Jahre. Welche Acts haben euch besonders beeinflusst?

Oliver Spitzer: Aus früheren Zeiten kommen mir da Bands wie The Wombats, Mando Diao, The Kooks oder The Hives in den Sinn, weil diese uns in unserer Jugend geprägt haben. Später sind dann Bands wie The Fratellis, The Libertines oder Franz Ferdinand dazugekommen. Da ist es kein Wunder, in welche Richtung sich unser Sound entwickelt hat.

Zeitgenössische Rockmusik hat derzeit – anders als noch vor 15 oder 20 Jahren – in der Musikwelt einen eher schweren Stand. Was ist eure Erklärung dafür?

Oliver Spitzer: Vielleicht liegt es ein bisschen am generellen Digitalisierungstrend – also daran, dass die Musik oft nur mehr digital erzeugt wird und der Wert des Analogen etwas in den Hintergrund gerückt ist. Die Hürde, im Wohnzimmer einen Song am Computer zu basteln ist weitaus geringer, als mit einer Band einen lauten Rock-Song zu schreiben. Aber ich kann mir vorstellen, dass die analoge Musik – ähnlich wie die analoge Fotografie oder Vinyl – auch wieder ein Comeback feiern wird.

Könnt ihr ein bisschen etwas über euren musikalischen Werdegang erzählen? Wie ist Jolphin entstanden?

Oliver Spitzer: Angefangen hat alles im Jugendalter in der Musikschule. Wir kannten uns zuerst nur indirekt, da wir in verschiedenen Bands gespielt haben. Eine Lehrerin hat uns dann quasi vermittelt und wir haben Jolphin 2014 gemeinsam mit unserem ehemaligen Bassisten Josef gegründet.  Im Sommer letzten Jahres hat Josef dann die Band verlassen. Es war für uns aber klar, Jolphin als Duo fortzuführen, da schon in den letzten Jahren die kreative Arbeit hauptsächlich von Philipp und mir kam. Wir haben auch gemerkt, dass wir nach Josefs Ausstieg ungehinderter weitermachen konnten und das Projekt an Dynamik gewann.

Philipp Hackl: Natürlich hat die Arbeit als Duo einen gewissen Vorteil. Wenn einer eine Idee hat und sie dem anderen gefällt, ist die Sache durch und wir freuen uns.

„Die Hürde, im Wohnzimmer einen Song am Computer zu basteln ist weitaus geringer, als mit einer Band einen lauten Rock-Song zu schreiben.“

Was haltet ihr für die wichtigste Eigenschaft, die man braucht, um einen guten Song zu schreiben?

Philipp Hackl: Chemie! Als songschreibendes Duo haben wir die Erfahrung gemacht, dass sich musikalische Gedankengänge nicht widersprechen sollten. Die Begeisterung für die Idee des Gegenübers muss vorhanden sein. Textlich, finde ich, ist der Mut zur Ehrlichkeit ganz wichtig. Seine Emotionen auf direkteste Art vermitteln zu können – das ist es, was einen Song ausmacht.

Entstehen eure Songs in der Regel beim gemeinsamen Jammen oder kommt einer von euch mit einer Idee bzw. einem fast fertigen Song und ihr arbeitet damit?

Philipp Hackl: Das ist ganz unterschiedlich! Oft hat Olli schon eine Akkord-Folge mit Text und Gesangsmelodie. Der Weg zum fertigen Song ist dann meistens nicht mehr weit.

Oliver Spitzer: Oder wir jammen gemeinsam und es entsteht daraus eine Idee. In diesem Fall gibt es vorher meistens ein Instrumental – Text und Melodie entstehen dann eher spontan aus der Musik heraus.

Philipp Hackl: Einen goldenen Weg haben wir nicht oder zumindest noch nicht gefunden. Seit kurzem haben wir aber die Regel oder zumindest die Angewohnheit, jeder Idee eine Chance zu geben – egal wie „abgespaced“ oder absurd sie auch klingen mag. Da kommt es auch nicht selten vor, dass wir uns in ewig langen, unproduktiven Jamsessions verlieren.

Wenn ihr euch eine Band aussuchen dürftet, mit denen ihr auf Tour gehen könntet, welche Band wäre das?

Oliver Spitzer: Cage The Elephant wäre wahrscheinlich unser All-Time-Favorit. Eine Clubtour mit The Hives wäre aber sicher auch sehr spannend.

Zu guter Letzt: Was bedeutet eigentlich der Name „Jolphin“?

Philipp Hackl: Jolphin setzt sich aus unseren Vornamen zusammen. „J“ für Josef, „OL“ für Oliver und „PHI“ für Philipp. Das „N“ hat sich irgendwie dazu geschummelt. Außerdem erinnert Jolphin an „dolphin“ und Delfine finden wir cool.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Clemens Engert

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