„Das urige, groovige Spiel von Lightnin’ Hopkins hat mich sehr beeindruckt“ – HANNES KASEHS im mica-Interview

Der Gitarrist und Sänger HANNES KASEHS ist ein alter Hase: Vor Kurzem hat er gemeinsam mit dem Schweizer Bluesharp-Spieler WALTER BAUMGARTNER die CD „Vienna Session (Eigenvertrieb) veröffentlicht. Jürgen Plank hat mit KASEHS über Blues-Traditionals und die Zusammenarbeit mit AXEL ZWINGENBERGER und FLEETWOOD-MAC-Gitarrist JEREMY SPENCER gesprochen.

Auf der neuen CD „Vienna Session“ spielen Sie mit dem Bluesharp-Spieler Walter Baumgartner, der bereits mit dem Swiss Blues Award ausgezeichnet wurde. Wie ist die Zusammenarbeit zustande gekommen?

Hannes Kasehs: Über Dani Gugolz, das ist ein Schweizer Bassist, der schon seit über dreißig Jahren in Wien lebt und jahrelang in der Mojo Blues Band gespielt hat. Gugolz hat immer wieder Tourneen in der Schweiz und er kannte Walter. So haben wir vor ein paar Jahren die Band 4some Blues gegründet, mit Peter Müller am Schlagzeug, Dani Gugolz, Walter Baumgartner und mir. 4some Blues gibt es nicht mehr, aber Walter und ich machen ab und zu etwas miteinander.

Auf Ihrer neuen CD stammt das erste Stück „Blues In The Bottle“ von Lightnin’ Hopkins, von dem auch – wie ich gelesen habe – die erste Platte Ihrer Plattensammlung stammt. Was fasziniert Sie an Hopkins?

Albumcover “Vienna Session”

Hannes Kasehs: Ich muss gestehen, ich war damals erst vierzehn Jahre alt und habe mich vom Foto beeindrucken lassen: ein cooles Foto von einem Mann mit dunkler Hautfarbe, schwarzer Brille und schwarzem Hut. So richtig dem Blues-Klischee entsprechend. Die Platte habe ich gekauft und danach habe ich erstmals diese Musik gehört und bin richtig hineingekippt. Seitdem bin ich von ihm sehr beeindruckt, das ist Texas-Blues. Das urige, groovige Spiel von Lightnin’ Hopkins hat mich sehr beeindruckt.

Den „Weapon Boogie“ haben Sie selbst komponiert, da gibt es etwa die Zeile: „Let’s shoot somebody and have some fun.“ Ist das ein zynisches Lied zum Waffenbesitz in den USA? Es gibt ja auch Musikerinnen und Musiker, die bei der National Riffle Association Mitglied sind.

Hannes Kasehs: Das ist ironisch gemeint. Die Waffenindustrie im Allgemeinen ist ziemlich absurd. Ich lebe in Deutsch-Wagram und hier ist auch ein Waffenproduzent ansässig. Und das erinnert mich immer wieder, was da für ein Wahnsinn passiert. In einer Strophe singe ich auch davon, dass man sich nicht über die Amokläufer zu wundern braucht.

Der Waffengebrauch zieht sich ein bisschen durch die Lieder auf „Vienna Session“, Sie erzählen auch den Mythos von Stack O‘Lee, der einen seiner Freunde im Streit erschoss.

Hannes Kasehs: Ja, der war in einen Streit verwickelt und den haben Sie aufgehängt, weil er einen Hut gestohlen hat.

Der Mythos basiert auf einer wahren Geschichte, auch Nick Cave hat ein Lied mit diesem Stoff gemacht.

Hannes Kasehs: Diese Geschichte gibt es schon sehr lange als Traditional. Auf der CD ist  auch ein Stück von Blind Blake drauf, der „Early Morning Blues“, da sagt er auch am Schluss: „Wenn sie ihn nicht liebt, bringt er sie um.“

Auf welche Version von Stack O‘Lee haben Sie sich bezogen?

Hannes Kasehs: Eher auf die Aufnahme von Mississippi John Hurt. Inzwischen klingt es bei mir aber nicht mehr nach einer bestimmten Vorlage, das hat sich über die Jahre entwickelt.

„Mein Live-Programm ist wie eine Wurst, die sich weiterzieht.“

Wie finden Sie solche Stoffe, solche Lieder?

Hannes Kasehs: Ich habe viel Material, viele Blues-Platten. Wenn ich Musik höre, denke ich mir immer wieder: „Das könnte ich auch ins Programm aufnehmen.“ Und dann schaue ich, wer das auch gespielt hat. Mein Live-Programm ist wie eine Wurst, die sich weiterzieht. Hinten fallen sie raus und vorne kommen neue hinein – und manche spielt man ein Leben lang, ich zumindest.

Das heißt, dass es dann ein riesiges Repertoire gibt. Wie groß ist das ungefähr?

Hannes Kasehs: Na ja, im Moment kann ich sechzig bis siebzig Titel abrufen. Aber insgesamt sind es schon einige Hundert, die man schon gespielt hat und die einem dann über Umwege wieder einfallen.

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Im Laufe Ihrer Karriere haben Sie mit verschiedensten Musikern gespielt, etwa mit Axel Zwingenberger oder mit Jeremy Spencer von Fleetwood Mac. Was nehmen Sie von solchen Begegnungen mit?

Hannes Kasehs: Mit Jeremy Spencer war es sehr cool. Wenn er auf Tournee ist, dann sucht er sich seine Begleitband in der Stadt, in der er gerade ist. Es wäre zu teuer, die Reisen für mehrere Musikerinnen und Musiker zu bezahlen. Wir hatten eine Probe und haben dann mit ihm im Reigen gespielt. Er ist sehr umgänglich und spielt eine tolle Slide-Gitarre. Von Axel Zwingenberger kann man lernen, dass man auch in höherem Alter noch gut spielen kann. Das strahlt schon Routine und Gesetztheit aus. Von solchen Cracks kann man sich immer wieder etwas abschauen.

„Larry Garner war sehr beeindruckend, mit ihm war ich auf Tournee.“

Was haben Sie von Larry Garner gelernt?

Hannes Kasehs: Larry Garner war sehr beeindruckend, mit ihm war ich auf Tournee. Bei ihm hat mich am meisten beeindruckt, wie er seine Nummern tagsüber schreibt. Der sammelt immer Material, der schreibt immer. Wir haben eine Autopanne gehabt, er schrieb etwas über eine Autopanne. Das hat mir sehr getaugt.

Spielt er so ein Lied dann abends beim Konzert?

Hannes Kasehs: Ja, genau! Am Abend spielt man das dann. So ein Songwriting beeindruckt mich besonders, weil ich nicht so einen großen Output habe. Ich sage immer, dass ich im Durchschnitt jedes Jahr ein Lied schreibe. Auch dieses Road-Cat-Gehabe ist beeindruckend, der ist ja ständig auf Tournee. Diese Leute sind anders, sehr abgebrüht, sie leben auf der Straße.

Wenn man so unterwegs ist, kann man auch eine gute Versicherung gebrauchen. Ein Stück auf der neuen CD heißt „Take Out Some Insurance“.

Hannes Kasehs: Genau, das ist ein Stück von Jimmy Reed, das mir textlich gut gefällt, es ist ein humorvolles Stück, würde ich sagen.

Hannes Kasehs (c) Senta Dolejsi

Sie haben mit Norbert Schneider nicht nur gespielt, sondern auch zusammengewohnt.

Hannes Kasehs: Ja, er hat ein paar Jahre lang bei mir gewohnt. Wir kennen uns schon ewig, er ist ja aus der gleichen Gegend. Als er in Strasshof gewohnt hat, haben wir uns eigentlich täglich gesehen und viel miteinander trainiert.

Wie war es, mit ihm zu spielen?

Hannes Kasehs: Wir sind schon andere Typen, für ihn ist der Blues nicht lebensfüllend. Er wollte auch Jazz lernen, und das hat er ja auch getan. Er ist ein toller Gitarrist und Sänger und wir haben ein paar Jahren miteinander gespielt. Und dann war es so, dass er in der Band jemanden gebraucht hat, der rundum alles kann, dem man die Noten hinlegt und der das spielt. Das war mir dann zu steil.

„Country Music ist für mich schon ein ziemliches Neuland, ist aber interessant und taugt mir sehr.“

Haben Sie jemals auch andere Musikrichtungen ausprobiert?

Hannes Kasehs: Ja, ich stehe wahnsinnig auf Country Music. Ich spiele seit einem Jahr in einer Band von Sigi Fassl, den man in Österreich auch gut kennt. Er ist der aktuelle Gitarrist der Mojo Blues Band und hat eine Band, die heißt Sigi Fassl & The Time Travellers. Das ist richtiger Western-Swing und geht von Django Reinhardt bis Country-Schnulzen mit Geige und Pedal-Steel. Das ist alles dabei und ich spiele die Gitarre. Country Music ist für mich schon ein ziemliches Neuland, ist aber interessant und taugt mir sehr.

Wenn man mit Ihnen zusammenspielen möchte, geht man dann am besten an einem Mittwoch ins Louisiana Blues Pub in Wien zur Session?

Hannes Kasehs: Genau, da können wir miteinander spielen. Dort mache ich seit fast zwanzig Jahren jeden Mittwoch eine Blues-Session. Von 20 Uhr bis 23 Uhr. Alle, die das Blues-Schema beherrschen bzw. davon wissen, können einsteigen. Die Session ist immer sehr verschieden, auch die Qualität, je nachdem, wer dabei ist. Es entwickelt sich meistens etwas Nettes, die Session kann man schon empfehlen.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Jürgen Plank

 

Jeden Mittwoch: 20h, Session im Louisiana Blues Pub, Prinz-Eugen-Straße 4, 1040 Wien

 

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Hannes Kasesh (Facebook)