CHRISTINA RUF – „TØ“

TØ” ist nach den 2019 erschienenen „Cykel“ und „Meer“ das dritte Solo-Werk von Cellistin CHRISTINA RUF. Die Künstlerin schafft es, mit ihrer Musik beeindruckende Bilder zu zeichnen und eine Atmosphäre zu erschaffen, die einen als Zuhörerin und Zuhörer in sich aufnimmt und richtiggehend inhaliert, so dass man sich mitten in ihren Klanggebilden und -welten wiederfindet und nicht nur hört, sondern fühlt.

Schon in ihren vorangegangenen Solowerken zeigt sich Ruf als Meisterin, Stimmungen zu erschaffen, die einen ab dem ersten Ton ihrer Musik vollkommen einnehmen. Die Musik ist wie eine Naturgewalt, sie wühlt auf und schafft gleichzeitig auch Frieden.
Die einzelnen Werke auf „TØ“ bauen nicht auf den Kompositionen selber, sondern auf Improvisationen auf. Daraus entwickelten sich dann erst die Kompositionen, absolut harmonisch und ohne Grenzen oder Regeln. Man gewinnt das Gefühl, dass Christina Ruf ihrer Kreativität und ihren Emotionen jeglichen Ausweg, sich nicht vollends entfalten zu können, nehmen möchte.

Intensive  Klänge

Albumcover TØ
Albumcover “TØ”

Christina Ruf verwendet sowohl akustisches als auch ein 6-saitiges E-Cello. Gepaart mit Samples, Effekt-Pedalen und Synthesizer-Sounds ergibt das eine schier endlos erscheinende Klangwelt. Ihr einzigartiger Sound besitzt einen starken Wiedererkennungswert und ist doch wahnsinnig wandelbar, wie man an ihren zahleichen Kooperationen und Projekten mit unterschiedlichsten Künstler*innen wie Sängerin Gloria Amesbauer, Gitarrist Paweł Doskocz oder der Indie-Band Hearts Hearts erkennen kann.

„TØ“, von Ruf aufgrund der Länge als „Mini-Album“ bezeichnet, besteht aus vier eindringlichen Musikstücken. TØ ist ein dänisches Wort, die Künstlerin nennt als Übersetzung bzw. Bedeutung „auftauen, nahe dem Zustand des Eisbrechenden, Offengelegten, Fragilen, einer Deformierung, eines Wachsens und Ankommens.“  Es könnte wohl keinen passenderen Titel für dieses Musikwerk geben. Die Bedeutung des Albumtitels ist fast eine Beschreibung der Bilder, welche die Musik beim Hören zeichnet, vor allem beim ersten Track „Ooze“ – als würde man sich im Inneren der Gedankenwelt eines isländischen Gletschers wiederfinden, der die Geschichte der Erde erzählt. Gezupfte, effektierte Cello-Töne schimmern durch die Pad-artigen Synth-Sounds, durchbrochen von akustischen Cello-Samples, abgespielt durch eine Sample-App am IPad – das alles live gespielt und in nur einem Take aufgenommen. Christina Ruf beschreibt „Ooze“ als Inspiration für den Albumtitel und die anderen drei Werke am Album und genau so fühlt es sich auch an, dieser erste Titel definiert das gesamte Werk.

Auch auf den beiden nächsten Tracks, „Berm“ und „Meadows“ schaffen Synthesizer-Klänge, E-Cello- und akustische Cellostimmen eine tiefgründige, teilweise meditative und manchmal fast bedrohlich anmutende Stimmung. In „Berm“ entspringt eine Melodie am Cello dem zarten Klangteppich, der teilweise an E-Gitarren-Klänge erinnert, „Meadows“  baut wiederum einen Klangdom inmitten freier Wildnis auf, getragen von intensiven, luftigen Cello-Klängen und gefüllt mit einem unglaublich bunten Orchester an Klangfarben. In „Woven“ schließlich, das letzte Werk auf Rufs „Mini-Album“, schließt das E-Cello den Bogen mit vier schwebenden Stimmen, die ineinander übergehen und einen dichten Klangteppich weben.

Titel, Artwork, Musik – hier passt alles zusammen. Die Instrumente, egal ob akustisch oder elektronisch, verschmelzen mit den Effekten zu einem homogenen Ganzen. Von Konzept bis Umsetzung ein ungewöhnliches und vollkommen eigenständiges Werk einer spannenden Künstlerin, die hervorsticht und ihre Stimme eindeutig gefunden hat.

Yvonne-Stefanie Moriel

Links:
Christina Ruf
Christina Ruf (bandcamp)
Christina Ruf (Instagram)