Der Mann am Hang – MANU DELAGO im mica-Porträt

Ein ungewöhnliches Instrument, ein Video auf YouTube, ein Hype: Manchmal passen die einzelnen Elemente eines Lebensablaufes so gut zusammen, dass viel mehr daraus wird, als man erwartet hat. Und im Fall von MANU DELAGO steht ja nicht nur ein kreativer Geist dahinter, der mit seinem Video im richtigen Augenblick auf das richtige Publikum gestoßen ist, sondern ein wirklich talentierter Musiker.

Das Video, von dem die Rede ist, heißt ganz einfach „Manu Delago – Hang Solo“ und wurde auf YouTube so stark gehypt, dass man es in die Liste der „Top 30 best-rated music videos“ aufgenommen hat. Der Clip ist recht simpel: Der Musiker sitzt in einem Raum und spielt auf zwei Blechgeräten, die wie die Ufos aus Esspapier aussehen, die man in der Kindheit manchmal genascht hat. Vom außerirdischen Klang her, könnte man fast meinen, dass man es wirklich mit Musik-Ufos zu tun hat, aber es handelt sich dabei um echte Instrumente.

Das Hang wurde in der Schweiz erfunden und ist in seiner Machart sehr ähnlich wie ein Steelpan. Das Besondere am Hang ist nicht nur sein fremdwirkender Name, der aber auf Berndeutsch ganz einfach „Hand“ bedeutet, sondern dass man es nicht mit einer Trommel verwechseln darf. Das Hang kann individuell mit allen Teilen der Hand bearbeitet werden, aber es wird eben nicht darauf getrommelt. Delago zeigt in seinem Video, wie vielseitig dieses Instrument sein kann, wenn man denn ein Gefühl dafür entwickelt hat.

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Ein Kind mit musikalischem Gespür

Und der Tiroler Musiker hat im Laufe seines Lebens schon sehr viel Zeit in das Verstehen und Fühlen von Instrumenten investiert. Angefangen hat alles damit, dass sein Vater und sein Onkel Musiker waren. Das hat natürlich einiges dazu beigetragen, dass der kleine Manu schon mit zwei Jahren ein Schlagzeug geschenkt bekam. Die große Freude an der Musik wurde mit sechs auf das Akkordeon und später auf das Piano ausgeweitet.

Erst mit 13 kehrte Delago zum Schlagzeug zurück. Er improvisierte viel und übte wenig nach den starren Regeln. Sein Mentor am Drumset war sein eigener Onkel. Und weil es vom Entwicklungstempo einfach so gut passte, tourte Manu Delago mit 15 Jahren quer durch Europa, und zwar als Schlagzeuger einer Crossover-Band namens HotchPotch.

Das Schlagzeug aus Studium

Bild Manu Delago
Manu Delago (c) Daniel Shaked

Mit Siebenmeilenstiefeln schritt Delago in Richtung des Mozarteum-Standortes in Innsbruck, wo er klassisches Schlagzeug studierte. Aber das reichte dem ehrgeizigen Musiker noch nicht: In Österreich drehte er sich nur im Kreis, wie er es in einem Interview ausdrückte, und so entschied er sich, nach London zu gehen. Die Gründe waren ebenso pragmatisch wie praktisch: London ist eine internationale Stadt voller Möglichkeiten und Amerika wäre einfach vom Bürokratischen her zu anstrengend gewesen. Nun lebt er an die zehn Jahre in der englischen Weltstadt und hat neben zwei Studien an der Guildhall School und am Trinity College auch ein ziemlich gutes Musiker-Netzwerk ausgebaut.

Und wer bis jetzt aufmerksam mitgelesen hat, wird sich denken, dass es nicht besser kommen kann. Doch über Manu Delago scheint ein Engel der Musik à la „Phantom der Oper“ zu wachen, denn er ist nicht nur Chef einer eigenen Band, Handmade, hat nicht nur zwei eigene Alben veröffentlicht, sondern ist auch Schlagzeuger in Björks Liveband.

Und auch das Kennenlernen der beiden Musiker lief wie in dem perfekten Social-Media-Traum ab: Björk entdeckte Delago auf YouTube und schrieb ihn an. Sie skypten, schickten einander Musik und dann wurde der Tiroler nach Reykjavik gerufen, um dort ein Stück für ihr Album „Biophilia“ aufzunehmen. Mit einem Tonstudio auf einer abgeschiedenen Mini-Insel und einer motivierten Björk, die mit ihm schon am ersten Tag den Song „Virus“ aufnahm, hat sich Delago sicher wie im siebten Musikerhimmel gefühlt. Wie er es in mehreren Interviews formulierte, „rutschte“ er auch in die Liveband der Isländerin rein.

Mit Björk ganz hoch hinaus

Der Schlagzeuger lässt sich aber nur ungern für die Auftritte mit Björk loben, schließlich komponiert sie ja die Musik. An seiner eigenen Band und seinem Soloprojekt hängt er besonders, weil er sich besonders intensiv mit dem Hang auseinandersetzen und sich auch neuen, innovativen Instrumenten widmen kann. Auch seinem Album „Silver Kobalt“ hört man ihn somit nicht nur am Hang, sondern an einer indischen Shruti-Box, dem Solinophone oder einfach nur an seinem Laptop, auf dem er so lange herumklickt, bis die eingängigen und zum Teil mysteriösen Melodien entstehen.

Für die Zukunft stehen dem Musiker aus Tirol einige, wenn nicht alle Türen offen. Und man kann ganz gewiss sagen, dass er sich jeder Herausforderung auf seine eigene, so erfolgreiche Art stellen wird.

Anne Marie Darok

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Manu Delago
Manu Delago (Facebook)