„Wir versuchen zu zeigen, dass Club auch anders funktionieren kann“ – ASHIDA PARK im mica-Interview

Das Wiener Label „Ashida Park“ wurde 2016 von ANTONIA MATSCHNIG und MARKUS BLAHUŠ gegründet. Im Zentrum stehen dabei musikalische Formen, die einen sogenannten Post-Club-Sound thematisieren und am besten als hybride oder dekonstruierte Clubmusik zu betiteln sind. Im Gespräch mit Ada Karlbauer ging es um Onlinecommunitys und die Übersetzung dieser virtuellen Begegnungen in die Realität, um Remixe als Verbindung zwischen Osaka und Bristol und den Club als Treffpunkt und sicheren Raum. Am 29. Juni 2017 erscheint die EP „Turbid“ von FVBIO auf „Ashida Park“.

Wie kam es zur Gründung des Labels „Ashida Park“?

Markus Blahuš: Die Ursprungsidee ist daraus entstanden, dass mir ein Freund aus Wien Tracks von ihm geschickt hat. Ich wusste damals gar nicht, dass er überhaupt Musik produziert, die Sachen haben uns aber ziemlich umgehauen und wir hätten sie am liebsten selbst herausgebracht. Im Endeffekt ist es nie zu diesem Release gekommen.

Antonia Matschnig: Dann sind wir auf Lil Taty aus Belgrad gestoßen, der gerade auf der Suche nach der richtigen Plattform für seine EP war. Zu dem Zeitpunkt war diese schon fast fertig, inklusive Remixes, Artwork und Videos von FluffLord aus Zagreb. Das hat die Ästhetik des Labels von Anfang an geprägt.

„Das Internet ermöglicht es erst, so zu arbeiten, wie wir es tun.“

Alternative Facts (c) cavecanems

Die Community spielt für „Ashida Park“ eine zentrale Rolle. Auch die Vernetzung über das Internet als einen alternativen Weg der künstlerischen Begegnung und Veröffentlichung ist dabei wesentlich und verändert gleichsam die Arbeit.

Markus Blahuš: Das Internet ermöglicht es erst, so zu arbeiten, wie wir es tun. Besonders cool daran ist, dass man damit Leute verbindet, die sonst nie miteinander gearbeitet hätten. Einer unserer Artists, Le Makeup, ist beispielsweise aus Osaka in Japan, der Remix auf seiner EP ist von Galtier aus Bristol und das Artwork eben von FluffLord aus Zagreb.

Antonia Matschnig: Unsere Community formt sich meistens online, so haben wir auch die meisten Artists kennengelernt. Aber wir versuchen, das Ganze in die Realität umzusetzen, der Club ist dabei der zentrale Ort für alle Experimente und Kommunikation.

Sie beschreiben den Sound der Releases als hybride Clubmusik, worum geht es dabei?

Markus Blahuš: Prinzipiell geht es darum, diesen Zwang, sich als Label einem Genre zuzuschreiben, zu überwinden. Der Begriff „Hybrid Club Music“ dient auch als ein Platzhalter, weil es so einfacher ist, auf die Frage zu antworten, um welche Musik es sich bei uns handelt. Die Einflüsse kommen im Prinzip aus allen Musikrichtungen, diese werden dann in weiterer Folge verändert oder dekonstruiert. Sehr viel basiert auf sehr harter Bassmusik in ihren unterschiedlichen Ausprägungen: von Techno über Grime bis hin zu Reggaeton. Die Ästhetik wiederum, die diese Einflüsse vereint, ist bei unseren Artists oft sehr ähnlich. Es werden ähnliche Synths, Vocals, aber auch Popreferenzen gesetzt. Bekannte A-cappella-Tracks werden demontiert und aus ihrem ursprünglichem Kontext gerissen. Das schafft einen ganz eigenen und interessanten Zugang zu Popmusik.

„Der Club ist ein Treffpunkt, an dem die Leute aus dem Internet zusammenkommen.“

Spielt der Club auch als körperlicher Raum eine zentrale Rolle?

Antonia Matschnig: Der Club ist in unserem Fall ein Treffpunkt, an dem die Leute aus dem Internet zusammenkommen. Es ist wichtig, dass er dabei so etwas wie eine sichere Plattform, also einen sicheren Raum darstellt, wo sich alle austauschen, bewegen und verwirklichen können, wie sie es wollen. Damit das funktioniert, müssen natürlich alle gewisse grundsätzliche Regeln einhalten.

Markus Blahuš: Außerdem ist es der Ort, den wir als Mittelpunkt hernehmen, weil die Musik, die wir releasen, auch dort performt wird und der Situation standhalten muss. Das heißt nicht, dass ausschließlich tanzbare Tracks gespielt werden müssen, denn das wollen wir aufbrechen. Ich wünsche mir generell mehr Experimentierfreudigkeit von allen Seiten, aber ja da gibt es ein wesentliches Problem: Wir haben diesen Club – diese Homebase – in Wien leider noch nicht.

Bean – Dextro (c) Egyd

Die spezielle internetbasierte Ästhetik der Artworks prägen den Sound der Releases auch auf visueller Ebene. Wie würden Sie diese Ästhetik beschreiben?

Antonia Matschnig: Um es kurz zu sagen: ähnlich wie bei der Musik, nämlich digital. Musik und Artworks hängen sehr eng miteinander zusammen und beeinflussen sich gegenseitig. Obwohl wir eindeutig aus dem Musikbereich kommen, sind uns die Artworks extrem wichtig. Musik allein zu releasen wäre uns mittlerweile zu wenig.

Was sind die nächsten Schritte für das Label?

Antonia Matschnig: Bis jetzt hat sich alles organisch entwickelt, grundsätzlich soll es auch so weitergehen. Unser Ziel ist es jetzt strukturierter zu arbeiten. Abgesehen davon ist der nächste Schritt die FVBIO-EP „Turbid“ rauszubringen, Releasedate ist am 29. Juni!

Markus Blahuš: FVBIO war eigentlich schon von Anfang an dabei und auf unseren beiden Compilations mit Tracks vertreten. Er produziert auch schon seit Langem Musik, aber in seiner Heimatstadt Terlan in Südtirol gibt es keine Szene beziehungsweise keine Möglichkeit, diese Art von Musik nach außen zu tragen. Eine gewisse Frustration darüber schlägt sich auch in seiner Musik in Form von hoher Emotionalität nieder – zumindest interpretiere ich das hinein.

Die hypervernetzte Musik dringt erst langsam in die lokalen Subkulturen vor. Die Entwicklung hin zu einer größeren Bekanntheit dauert aber bestimmt noch länger.

Antonia Matschnig: Stimmt, das vergisst man leicht, wenn man sich in dieser Internetszene bewegt. Diese Ästhetik ist fast in jeder Stadt vertreten, die Szene ist aber trotzdem extrem klein.

Markus Blahuš: Acts mit ein paar Tausend SoundCloud-Followern spielen auf allen internationalen Festivals, die für diese Art von Musik und Kunst relevant sind. Da verliert man schnell aus den Augen, dass das alles immer noch sehr überschaubar ist.

Antonia Matschnig: Die Entwicklung dauert bestimmt noch länger, aber Festival-Bookings und Medieninteresse signalisieren schon, dass diese Subkultur stark wächst.

Soll das Label irgendwann vom Hobby zum Beruf werden?

Antonia Matschnig: Es ist schwierig, denn einerseits sollte es immer Spaß machen, das ist auch der Grund wieso wir das überhaupt machen. Andererseits muss man irgendwann auch strukturierter und professioneller arbeiten beziehungsweise denken. Ich finde, das sind wir unseren Artists schuldig, schließlich schenken sie uns erst das Vertrauen auf unserem Label zu releasen. Dann müssen wir ihnen auch die bestmögliche Plattform bieten und es kann uns nicht egal sein, ob ihre Musik gehört beziehungsweise gekauft wird.

Vielen Dank für das Gespräch.

Ada Karlbauer

Events:

01.07. FVBIO EP RELEASE, Celeste, Wien

Links:

Ashida Park (Facebook)

Ashida Park (Soundcloud)