„Ohne Dylan wäre ich wahrscheinlich nicht Musiker geworden, sondern bei der Malerei geblieben“ – Roman Tröster von Who Cares? The Band im Interview

„Nothing to regret“ heißt das Debüt-Album der Gruppe WHO CARES? THE BAND, das im November 2022 erscheint. Die Band ist bereits im Jahr 1995 gegründet worden. Im Interview mit Jürgen Plank erzählt Bandleader ROMAN TRÖSTER über Einflüsse wie Bob Dylan und über ein einschneidendes Banderlebnis: die Teilnahme an einem Buskers-Festival in Ferrara, Italien. Und TRÖSTER berichtet, wie sich die Haltung der Band über die Jahre doch verändert hat, hin zu höheren Ansprüchen an sich selbst.

Who Cares? The Band besteht seit 27 Jahren, wie war der Anfang?

Roman Tröster: Der ursprüngliche Plan war, für ein Bob Dylan-Festival ein einmaliges Projekt zu starten. Eine Festival-Band zusammen zu stellen und das hat dann so viel Spaß gemacht, dass wir zusammen geblieben sind. Das war das Bob Dylan-Festival auf der Burg Plankenstein. Da kamen immer schon Besucher aus halb Europa, Hans Theessink war mehrmals der Hauptact. Und irgendwann war die Idee da, selbst mal musikalisch etwas zu probieren und so ist der Stein ins Rollen gekommen. Die Band ist unabsichtlich entstanden. Da und dort haben wir dann gespielt, in kleineren Locations wie dem Cafe Tachles.

Im November 2022 erscheint euer Debüt-Album „Nothing to regret“, warum hat das so lange gedauert?

Roman Tröster: Es hat uns ein Vierteljahrhundert lang genügt, die Musik, die wir lieben zu covern. Die allgemeine Meinung war: es gibt schon genug großartige Musik auf dieser Welt. Wozu sich bemühen? Ein Album mit Coverversionen auf den Markt zu bringen, ist uns nicht sinnvoll erscheinen. Das Jahr 2016 war einschneidend für uns, wir haben an einem Buskers-Festival in Italien, in Ferrara, teilgenommen und in der Rhythmusgruppe gab es eine Umbesetzung. Unser Drummer hat mal gemeint, es wäre schade, dass wir keine eigenen Lieder haben. Ich habe mir gedacht, ich versuche Lieder zu schreiben. Einfach um heraus zu finden, ob ich dazu in der Lage bin. Früher habe ich das schon ab und zu versucht, aber weil dabei keine guten Ergebnisse heraus gekommen sind, habe ich das einfach wieder verworfen. Ich bin sozusagen ein Spätberufener.

Das erwähnte Bob Dylan-Festival gab den Anstoß für eure Bandgründung. Welchen Einfluss hat Dylan auf dein Songwriting?

Roman Tröster: Ich glaube, dass die meisten Songschreiber von Dylan irgendwo beeinflusst sind. Bei mir ist es so, dass ich vermutlich nicht begonnen hätte Gitarre zu spielen, wenn mir in den 1980er-Jahren nicht diese außergewöhnliche Persönlichkeit untergekommen wäre. Ich war 18 Jahre alt und habe mir die ersten Akkorde selbst beigebracht. Ich habe natürlich noch viele andere Helden wie Neil Young, Tom Waits, Tom Petty oder den leider nicht so berühmten Chuck Prophet. Ohne Dylan wäre ich wahrscheinlich nicht Musiker geworden, sondern bei der Malerei geblieben.

„Bob Dylan hat mir die Augen für eine komplett andere Musikwelt geöffnet“

Was hat dich an Dylan beeindruckt?

Roman Tröster: Bob Dylan hat mir die Augen für eine komplett andere Musikwelt geöffnet. Frage mich lieber, was mich nicht beeindruckt. Er ist für mich die interessanteste Musik-Persönlichkeit aller Zeiten und ich finde, er wird viel zu oft auf seine guten Texte reduziert. Wenn man seine Karriere verfolgt, stellt man fest, dass er immer wieder Richtungswechsel gemacht hat. Er hat nie den Erwartungen der Fans oder der Musikindustrie entsprochen. Oft hat er sogar das Gegenteil von dem gemacht, was die Leute von ihm wollten. Er hat viele vor den Kopf gestoßen, ist sich dabei aber immer selbst treu geblieben. Seine Lieder verändern sich in den Konzerten immer wieder und bleiben dadurch lebendig.

Nimmst du das für eure eigenen Konzerte mit?

Roman Tröster: Durchaus. Ich halte nicht allzu viel vom sturen Einstudieren und dem strikten Einhalten von Arrangements. Ich mag es wenn mein Gitarrist ein Solo spielt, das ihm in diesem Moment einfällt. Das ist für mich das Salz in der Suppe bei einem Konzert. Wenn es da die eine oder andere Freiheit gibt. Dadurch bleibt es für uns selbst spannend.

Bild Who Cares? The Band
Who Cares? The Band (c) Daniel Kozirjatskij

Welches Lied war das erste, das du je geschrieben hast?

Roman Tröster: Der erste Song handelt von einer bevorstehenden Trennung meiner Tochter, die vor dem Ende einer langen Beziehung gestanden ist. Das Thema habe ich in einem Song verarbeitet. Es hat mich viel Überwindung gekostet, der Band das allererste Lied zu zeigen, aber die Band hat positiv darauf reagiert und war dafür, das Lied sofort ins Repertoire aufzunehmen. Und so war meine Motivation groß, mit dem Schreiben weiter zu machen. Der erste Songs hat es aber nicht auf das Album geschafft. Wir haben den einige Male live gespielt, aber wir haben nie ein Arrangement gefunden, das uns allen gefallen hätte.

Wenn man mehr als 25 Jahre lang miteinander Musik macht, verändern sich mitunter auch Ansichten und Zugänge.

Roman Tröster: Die Konstanz ist eigentlich die Freundschaft, die sich über so viele Jahre bewährt hat, und der Musikgeschmack, der sich im Grunde nicht geändert hat. Rock’n’Roll als Haltung, sozusagen. Verändert hat sich in den letzten Jahren der Anspruch an uns selbst, wir sind jetzt schon ambitionierter als früher. Manchmal vermisse ich diese Lockerheit und Ungezwungenheit der Anfangsjahre. Who cares? war nicht nur Name, sondern auch Programm, es war uns auch egal, wenn wir Stücke auf der Bühne auch mal versemmelt haben. Manchmal haben wir Lieder ein Mal im Proberaum angerissen und sofort live gespielt. Das würden wir heute nicht mehr machen, auch wenn viele genau diese Einstellung honoriert haben.

„Die Einladung zu diesem Festival in Ferrara war eine glückliche Verkettung von Zufällen“

Das Buskers-Festival in Italien, bei dem ihr gespielt habt, hast du schon erwähnt. Ein Lied am Album heißt „My mind is in Ferrara“. Was kannst du dazu sagen?

Roman Tröster: Die Einladung zu diesem Festival in Ferrara war eine glückliche Verkettung von Zufällen. Außer Peter del Bello war von uns niemand zuvor als Straßenmusiker tätig. Trotzdem sind wir eingeladen worden, ausgerüstet mit Batterie-Verstärkern, 8 Tage lang jeweils 2 Konzerte pro Tag zu spielen. Zum Teil vor großen Menschenmengen. Eine Erfahrung, die wir bis dahin noch nicht hatten. Ferrara ist eine tolle Stadt mit viel Flair. Diese 8 Festival-Tage waren wie ein einziger Rausch, in unser normales Leben zurück zu kehren, war danach gar nicht so leicht. Genau davon handelt dieses Lied, von dieser Rückkehr und davon, dass man am liebsten noch in Italien auf der Straße stehen würde.

Das Titelstück heißt „Nothing to regret“, in welchem Moment ist dieses Lied entstanden?

Roman Tröster: Ich war alleine zu Hause und habe auf der Gitarre herum gezupft und mir ist dieses melancholische Lied eingefallen. Ich neige manchmal zur Melancholie. Und ich habe das Lied speziell für meine Bandkollegen Peter und Karl geschrieben, zurückblickend auf eine Zeit, in der wir über all die Jahre hindurch leidenschaftliche Musik gemacht haben. Die Musik verbindet uns über all die Zeit und deshalb ist „Nothing to regret“ ein würdiger Titel für unser spätes Debüt-Album.

Gibt es etwas, was du bei deinem musikalischen Werdegang bereust?

Roman Tröster: Natürlich gibt es im Laufe eines Vierteljahrhunderts, wie in jeder Band, auch Momente, in denen es mal einen Streit oder Disput gibt, die im Nachhinein betrachtet unnötig waren. Aber es gibt da nichts zu bedauern.

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Welche Lieder am Album haben für dich eine besondere Bedeutung?

Roman Tröster: „Abandoned Place“ ist ein Lied, das ich gerne mag. Da geht es um verlassene Herrenhäuser, die mich schon immer fasziniert haben. Weil sie viel Geschichte ausstrahlen und man nie weiß, was in ihnen vielleicht schon passiert ist. Oder „Gentle as a breeze“, das habe ich für meine Frau geschrieben.

Was erhoffst du für das erste Album? Wie geht es weiter?

Roman Tröster: Nachdem wir im Jahr 2022 den Schwerpunkt auf die Studioarbeit und die Produktion des Albums gelegt haben, möchten wir im nächsten Jahr möglichst viel live spielen. Auch wenn die Studioarbeit eine tolle Erfahrung war, ist letztlich live zu spielen das Salz in der Suppe jedes Musikers. Der Grund, warum wir das machen. Da geht es jetzt darum Konzerte zu organisieren und unsere Musik unter die Leute zu bringen.

Ihr seid auch im Waldviertel verortet und in Waidhofen gibt es das sehr bekannte Musikfest. Habt ihr dort schon gespielt?

Roman Tröster: Ja, allerdings beim Warm-up-Tag, nicht beim Hauptfest. Die Hauptverbindung zum Waldviertel besteht durch Karl Gedlicka, der aus Heidenreichstein stammt und auch Mitglied beim Folkclub in Waidhofen ist. Dadurch war es leichter, dort zu spielen. Wir arbeiten daran, beim Hauptfestival zu spielen und haben den Anspruch auch solche Bühnen bespielen zu können.

Herzlichen Dank für das Interview.

Jürgen Plank

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Live:
Sa 5. November 2022, 20 Uhr, Album-Release-Party
Club 1019, Althanstraße 12, 1090 Wien

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Links:
Who Cares? The Band
Who Cares? The Band (Facebook)
Lindo Records