Inspiriert von der gemeinsamen Arbeit an einem Theaterstück hat BERNHARD EDER gemeinsam mit den Schauspielerinnen COCO BRELL und MARA ROMEI eine neue Band gegründet. LOW LIFE RICH KIDS wurden rasch zu einem fixen Projekt, veröffentlichten in Folge mehrere Videos sowie eine EP und vor kurzem wurde die Debüt-LP „LIEBLINGSLIEDER“ präsentiert. Bei ihren Live-Gigs überträgt sich die Spielfreude und Energie von LOW LIFE RICH KIDS mit einem treibenden Sound zwischen Punk, Pop und Einflüssen von Neuer Deutscher Welle direkt auf das Publikum. Pünktlich zum Release traf sich ein Teil der Band mit Robert Fischer in einem Café am Yppenplatz zum Interview.
Wie sind Low Life Rich Kids eigentlich zusammengekommen?
Bernhard Eder: Im Frühjahr 2023 habe die Anfrage bekommen das Stück „Über Nacht“ am Burgtheater Vestibül musikalisch zu untermalen, bei dem Mara und Coco zwei der Hauptrollen spielten. Die Regisseurin Resi Müller hat mich gebeten, einen Song zu schreiben, den die beiden performen können. Bei der Leseprobe für das Stück habe ich diesen „Angst“-Monolog gehört und mir gedacht: Yeah das ist ein guter Stoff für einen Song! So habe ich dann ein Demo gebastelt und es zur Probe mitgebracht.
Mara Romei: Bernhard hat mir dann bei der nächsten Probe seinen Text in die Hand gedrückt, dazu seinen backingtrack abgespielt und gesagt: Probiere einfach mal drauf los! Das hat dann gleich zu Beginn voll gut funktioniert, die Regisseurin war begeistert. Auch Coco fand´s toll und wir performten den Song „Angst“ im Stück. Bernhard hat später den Song an FM4 geschickt und plötzlich waren wir in den Charts!
Also du hast dir nicht viel dabei gedacht, als du den Song an FM4 geschickt hast?
Bernhard Eder: Eigentlich war´s nur als kleines Geschenk zur Premiere gedacht. Das ist einfach eine coole Nummer. Wir waren noch kurz im Studio um die Vocals aufzunehmen und haben den Track über mein Label veröffentlicht. Ich dachte, vielleicht passt das Stück zu FM4 und sie spielen es mal im Soundpark oder irgendwann in der Nacht. So ist es halt gleich mal völlig unerwartet in die Charts gekracht.
„NACH DEM ERSTEN VIDEO HABEN WIR SCHON ANFRAGEN VON LABELS BEKOMMEN UND DA DACHTEN WIR, JETZT MÜSSEN WIR WIRKLICH EINE BAND GRÜNDEN“
Wie ging´s dann weiter, nachdem ihr mit „Angst“ gleich den ersten Hit gelandet hattet?
Mara Romei: Dann haben wir ein Video dazu gedreht, gemeinsam mit unserem Kollegen Simon Schofeldt, der im Stück der dritte Schauspieler war. Nach dem ersten Video bekamen wir schon Anfragen von Labels und da dachten wir, jetzt müssen wir wirklich eine Band gründen! Es war dann etwas stressig, weil wir da schon unseren ersten Gig im Chelsea als Vorgruppe ausgemacht hatten, aber noch zu wenig Material hatten und davor, glaube ich, nur noch zwei Proben anberaumt waren. Zum Glück war das Konzert ein voller Erfolg.
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Wie seid ihr zu eurem Bandnamen Low Life Rich Kids gekommen?
Mara Romei: In „Über Nacht“ gibt es eine Textzeile, in der gesagt wird: Wir gründen eine Band und nennen uns Low Life Rich Kids! So gesehen haben wir Lucien Haugs, dem Schweizer Autor von „Über Nacht“ unseren Bandnamen zu verdanken. Das ist ein Begriff, der auf den Unterschied zwischen Arm und Reich anspielt. Dieser Gap wird ja immer größer bzw. kann immer weniger eindeutig sagen wer die Bobos sind und wer die anderen. Oder wer tut nur auf schäbig und arm, hat aber eh viel Geld, weil es z.B. so viele Leute gibt, die in Adidas-Hosen rumlaufen – also eh auch wie wir. So nach dem Motto: Mittelschicht ist not the real thing anymore.
Bernhard, du bist bei Low Life Rich Kids zum ersten Mal als Lead-Gitarrist in einer Band zu hören. Wie geht´s dir damit?
Bernhard Eder: Das ist eine tolle neue Erfahrung! Solche Gitarrensolos habe ich in meiner gesamten Karriere noch nie gespielt. Zu Beginn bin ich mir in meiner Rolle als Gitarrist in der Band etwas komisch vorgekommen, weil das auch ganz ungewohnte Posen für mich sind, aber irgendwann fand ich´s cool! Unsere Energie überträgt sich bei den Live-Shows auf das Publikum! Ich bin der Meinung, dass für unsere Art von Musik auf dem deutschsprachigen Sektor in Österreich gerade nichts Vergleichbares gibt.
„VIELE MUSIKER:INNEN MÜSSEN ÜBERHAUPT ERST LERNEN AUF EINER BÜHNE ZU STEHEN. DADURCH DASS WIR VON BERUF SCHAUSPIELERINEN SIND, FÄLLT UNS DAS VIEL LEICHTER“
Wie war das eigentlich für dich als Schauspielerin plötzlich Frontfrau in einer Band zu sein?
Mara Romei: Ich habe auch eine eigene Band. Wir machen gerade eine längere Pause. Da waren Low Life Rich Kids eigentlich wie ein Geschenk für mich, weil der Bernhard so hinter dem Projekt steht und ich dadurch nochmal gemerkt habe, wie viel mehr Spaß es macht, wenn man nicht alleine Musik produziert. Abgesehen davon, dass unser Sound ganz anders ist, als die Musik, die ich normalerweise mache, das geht eher in die Singer/Songwriter-Richtung. Deswegen finde ich es cool, dass ich bei Low Life Rich Kids sozusagen mein inneres Punk-Kid herauslassen kann, das macht extrem viel Spaß! Wir sind eigentlich wie eine Punkband, die gleichzeitig trotzdem eine Theaterband ist. Weil wir diesen Sprechgesang machen, unsere Songs haben Tiefgang, und ich denke man spürt bei unseren Konzerten, dass Coco und ich von der Bühne kommen. Viele MusikerInnen müssen erst überhaupt lernen auf einer Bühne zu stehen. dadurch dass wir von Beruf Schauspielerinnen sind, fällt uns das viel leichter.
Vor kurzem ist euer Debüt-Album „Lieblingslieder“ veröffentlicht worden. In welchen Zeitraum sind die Lieder dafür entstanden?
Bernhard Eder: In den letzten zwei Jahren. Nach dem „Angst“-Song ist in Folge gleich mal eine Handvoll Songs entstanden.
Mara Romei: Coco und ich sind gemeinsam in dem Stück „Sonne, los jetzt“ von Elfriede Jelinek aufgetreten. Als die Regisseurin Christina Tscharyiski gemerkt hat, dass wir eine Band sind, wollte sie unbedingt, dass wir die Musik für das Stück machen bzw. ein Stück für die Aufführung schreiben. Bernhard hat das Stück „100 Grad Fahrenheit“ verfasst und das Stück „Wasserstoff brennt“ ist auch dort entstanden.
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Bernhard, ich bin überrascht, dass du Songs in Deutsch verfasst. Bis jetzt kannte ich nur deine englischen Songs. Wie kam es dazu?
Bernhard Eder: Ich habe in meiner ersten Band mal ein paar Songs in Deutsch probiert, aber so richtig wohlgefühlt habe ich mich damit nicht. Um ehrlich zu sein, hatte ich Megaschiss nach „Angst“ noch weitere Songs mit deutschen Texten für dieses Projekt zu schreiben. Ich kann mich noch erinnern, dass ich noch sehr unsicher war, als mir die ersten Textzeilen von „Paralysiert“ eingefallen sind. Ich dachte mir, ist das jetzt cool oder kompletter bullshit? Aber ich habe weitergemacht und bin so ein Stück weit über meinen Schatten gesprungen! Bei dem Lied haben dann auch Mara und Coco einiges mitgeschrieben.
Wie komponiert ihr bei Low Life Rich Kids generell neue Songs?
Mara Romei: Meistens nimmt Bernhard etwas Neues auf. Er schickt uns dann diese Demos, auf denen er manchmal nur Kauderwelsch singt und wir vervollständigen später gemeinsam den Text. Oft sitzen wir dann in Bernhards Küche zusammen, essen Apfelstrudel und basteln an den Songs on Low Life Rich Kids herum. Wir sind relativ schnell draufgekommen, dass Coco und ich gerne mehrstimmig singen und haben ausprobiert, wie wir das gut bei den Liedern einsetzen können. Jeder von uns hat eine Nummer auf „Lieblingslieder“, wo man so ein bisschen den Schwerpunkt hat. Bei Bernhard ist es z.B. der Song „NNNDW“, was ein bisschen nach Neue Deutsche Welle klingt, was Coco und ich gar nicht so schlimm finden.
Mara, welcher Track auf „Lieblingsslieder“ ist speziell dir zuzuschreiben?

Mara Romei: Das ist „Samba Allein“, das Bernhard und ich fertig gestellt haben. Ich hatte da Lust auf etwas Smootheres. Das entspricht mehr der Musik, die ich selbst mache. Wir hörten da gerade einen Track von Billie Eilish, und ich hatte Lust auf etwas mit ein bisschen lateinamerikanischen Touch.
Bernhard Eder: Ich bin dann rasch nach Hause, startete meine Heimorgel und habe als Rhythmus „Samba“ eingestellt. Ich habe so einen „Tschinderrassa“-Teil als Platzhalter drüber gesungen, bei dem ich mir zuerst dachte, da finden wir sicher noch was Besseres. Aber irgendwie hat´s gut gepasst, und der Teil ist geblieben. Später ist Mara mit einem Haufen Text zu mir gekommen und in ca. einer Stunde war der komplette Track fertig.
Worum geht´s in dem Stück?
Mara Romei: Was ich daran cool finde, ist wie sich das Stück mit der täglichen Desillusionierung durch eine Problematik von außen beschäftigt. Das Thema ist, womit wir alle täglich medial beschallt werden, also Politik, Klimawandel, Hass usw. In dem Lied sollte es mal mehr um die Seele gehen. Abgesehen davon, dass wir eh alle immer über Politik reden wollen und müssen und sollen – wie geht es eigentlich uns selbst manchmal damit? Manchmal will ich einfach alleine sein. Es muss ok sein zu sagen, ich mag mich heute einfach mal nicht mit etwas beschäftigen. Oder mal keine „Zeit im Bild“ schauen. Man kann nicht immer nur nach außen gehen, manchmal ist es wichtig bei sich zu bleiben. Im Titeltrack des Albums „Lieblingslieder“ geht´s um ein ähnliches Thema.
„ICH FINDE GENERELL, DASS MONTONE BESCHÄFTIGUNGEN WIE ZUM BEISPIEL SPAZIEREN GEHEN ODER RADFAHREN IDEAL ZUM LIEDERSCHREIBEN SIND“
Bernhard, wenn du gerade irgendwo unterwegs bist und die Idee für einen neuen Song hast. Wie hältst du das fest?
Bernhard Eder: Ich wiederhole meine Idee dann immer wieder. Wenn ich Textphasen habe, schreibe ich sie mir auf, da ich kein Smartphone habe. Ich kann mich z.B. gut daran erinnern. dass ich einen Teil des Textes von „Anti-Woke-Generation“ auf meinem Fahrrad geschrieben habe. Da habe ich mich gerade wieder über die Autofahrer geärgert und war auf dem Weg zu einem Studio in Ottakring. Als ich dort ankam, musste ich zuerst einmal diesen Text, der mir gerade eingefallen war, niederschreiben. Ich finde generell, dass monotone Beschäftigungen wie z.B. Gehen oder Radfahren ideal zum Liederschreiben sind.

Mara Romei: Interessant, das ist spannend, da haben wir noch nie darüber geredet. Bei mir ist immer zuerst die Melodie der Auslöser für ein neues Stück. Ich muss diesen Part in Folge immer wieder wiederholen, wie sich was anfühlt musikalisch, erst dann kann ich einen Text dazu schreiben.
Ich finde es cool, dass du mit Low Life Rich Kids mal eine andere Seite als die des Singer/Songwriters zeigen kannst. Siehst du das auch so?
Bernhard Eder: Das Publikum hat mich als Singer/Songwriter-Schublade bzw. als eher ruhigen Typen abgespeichert. Ich bin deswegen echt happy, dass ich mit „Low Life Rich Kids“ einmal reinen Pop machen kann bzw. und als Lead-Gitarrist in einer ganz anderen Rolle bin als normal. Es ist sehr cool, mal nicht als Sänger auf der Bühne zu stehen, sondern stattdessen auf der Gitarre ein geiles Tapping-Solo zu spielen!
Somit ist die neue Band genau zur richtigen Zeit in dein Leben getreten?
Bernhard Eder: Ja, Low Life RichKids ist gerade zu einem Zeitpunkt entstanden, wo ich es schon ein bisschen leid war, immer der Bandleader zu sein. Ich habe zu meinem Drummer Alex irgendwann gesagt: „Hey, lass´ uns eine Indie-Band gründen!“ Wir brauchen nur noch jemand anderen, der die Vocals übernimmt. Als dann plötzlich Low Life Rich Kids da waren, dachte ich mir kurz: Oh wow, was ist jetzt los? Ich war mir am Anfang gar nicht sicher, wie das funktionieren wird mit uns drei. Das ist ja nicht selbstverständlich, denn wir sind unterschiedlich alt, kommen aus unterschiedlichen Bereichen usw. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt auch noch gar nicht, wie wir privat bzw. persönlich auskommen werden. Vielleicht hätten wir auch nur eine Single veröffentlicht und wären dann wieder unsere eigenen Wege gegangen.
Danke für das Gespräch!
Robert Fischer
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Low Life Rich Kids live:
14.06.25 Wien, Grätzlfest,
05.07.25 Villach, Kulturhofkeller
26.07.25 Wien, Ausgabe
30.07.25 Wien, Museumsquartier
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Links:
Low Life Rich Kids (Instagram)
Bernhard Eder
Bernhard Eder (Facebook)
Mara Romei (Instagram)
Coco Bell (Instagram)
Las Vegas Records
