FRANK PAUL SCHUBERT & RUDI FISCHERLEHNER – „Willing Suspension of Disbelief“

Nun, all jenen, die die eher traditionellen, gediegenen und zugänglicheren Jazzklänge zu schätzen wissen, denen sei schon im Vorhinein gesagt, dass sie bei den beiden Musikern FRANK PAUL SCHUBERT und RUDI FISCHERLEHNER vermutlich eher an der falschen Adresse sind. Denn das, was das deutsch-österreichische Zweiergespann auf seiner nun erscheinenden CD „Willing Suspension of Disbelief“ (Not Applicable) in erfrischend kompromissloser Form vorexerziert, ist der Bruch mit so ziemlich allen möglichen vorherrschenden Konventionen und Regeln.

Egal auf welcher Veröffentlichung man den Namen Rudi Fischerlehner auch liest, das musikalische Gewöhnliche und das Austauschbare werden auf einer solchen in den seltensten Fällen zu hören sein. Das abgesteckte klangliche Territorium des mittlerweile in Berlin beheimateten österreichischen Schlagzeugers ist die Improvisation in ihrer reinsten Form, das freie Spiel, der Freejazz abseits aller traditionellen musikalischen Gesetzmäßigkeiten und Konventionen. Rudi Fischerlehners kongenialer Partner in Crime auf „Willing Suspension of Disbelief“ ist der deutsche Sopransaxofonist Frank Paul Schubert, der – wie Fischerlehner selbst – definitiv eher zu der freigeistigen und experimentiersüchtigen musikalischen Fraktion zu zählen ist.

Die hohe Kunst der Improvisation

Was in den vier überlangen Stücken des Zweiergespanns – die allesamt an einem einzigen Nachmittag eingespielt wurden – auf dem Programm steht, ist ein variantenreicher musikalischer Dialog, der seinen Spannungsgehalt vor allem aus der Unvorhersehbarkeit und Spontaneität der beiden handelnden Akteure bezieht. Man weiß eigentlich in keinem Moment, in welche Richtung sich das klangliche Geschehen entwickeln wird und wo es sein Ende finden wird. Das Spektrum des musikalischen Ausdrucks reicht von ruhig und extrem reduziert über schräg und avantgardistisch bis hin zu sehr verspielt und fast schon hektisch. Alle stilistischen Grenzen außer Kraft setzend entwerfen Frank Paul Schubert und Rudi Fischerlehner  vielschichtig pulsierende Soundcollagen, die fern jeder melodie- und harmonieorientierten Musikalität angesiedelt sind und eine ganz eigene Schwingung entfalten.

„Willing Suspension of Disbelief“ ist auf jeden Fall ein Stück Musik, mit dem man sich intensiver beschäftigen muss, um es wirklich in seiner Gesamtheit fassen zu können. Nimmt man die Herausforderung aber an und lässt das von dem Duo Dargebotene wirken, eröffnet sich einem ein interessantes Hörerlebnis der einmal wirklich etwas anderen Sorte.

Michael Ternai

http://www.rudifischerlehner.net
http://www.frankpaulschubert.de
http://www.not-applicable.org/