Neues vom MAX NAGL TRIO: „Moped“ heißt die aktuelle CD, auf der tatsächlich ein Moped zu hören ist. Im Interview mit Jürgen Plank erzählt der Saxophonist und Komponist MAX NAGL wie die neue Platte entstanden ist, wie er die JAZZWERKSTATT als Umfeld erlebt und warum er für das neue Album auch selbst Gitarre gespielt hat. Außerdem spricht NAGL über die Verbindung des Trios zu ROBERT WYATT und inwieweit ihn die Corona-Krise betrifft.
Du hast bereits rund 40 Alben veröffentlicht, ist es noch ein besonderer Moment, wenn eine Platte präsentiert wird. Oder ist das Routine für dich?
Max Nagl: Routine ist es nicht. Die CD ist so entstanden: Herbert Pirker, Clemens Wenger und ich spielen schon lange miteinander. Wir haben zwei CDs aufgenommen und wir haben einige Konzerte gespielt. Und wir haben uns immer gesehen, entweder wenn wir in großer Bandbesetzung im Porgy & Bess gespielt haben. Oder wenn wir in Schönbach, beim Jazz-Seminar, unterrichtet haben. Inzwischen hat Herbert in vielen verschiedenen Bands gespielt, Clemens auch. Im Umfeld der Jazzwerkstatt ist für die beiden sehr viel passiert.
War dadurch keine Zeit dafür da, ein neues Album zu machen?
Max Nagl: Wir haben immer wieder darüber geredet und das Album verschoben. Ich habe mir gedacht: irgendwann wird es schon passen. Vor zwei, drei Jahren hat Herbert die Initiative ergriffen und wir haben einen Aufnahmetermin ausgemacht. Danach habe ich die Stücke für das neue Album geschrieben. Es war für uns notwendig, das Album zu machen, wir konnten in Herberts Proberaum aufnehmen, denn in einem Studio aufzunehmen, wäre recht teuer geworden. Wir proben gerne in Herberts Proberaum und die Atmosphäre dort ist gut, das hat für die Musik gut gepasst.
Die Jazzwerkstatt hast du bereits erwähnt, „Moped“ ist am Label der JazzWerkstatt erschienen. Das ist ja ein Kollektiv von jungen Musikerinnen und Musikern, wie erlebst du dieses Umfeld?
Max Nagl: Ich war bei einer der ersten JazzWerkstatt-Veranstaltungen im WUK dabei. Da haben sie rund ein Monat lang jeden Abend bei freiem Eintritt gespielt. Ich hatte eine Band mit Clemens Salesny, der ja auch bei der JazzWerkstatt dabei ist und wir haben in diesem Rahmen damals im WUK gespielt. So habe ich die JazzWerkstatt erst mitgekriegt. Einzelne der Musikerinnen und Musiker habe ich schon gesehen. Im WUK habe ich mir gedacht: das ist super! Da spielt es sich voll ab, auch sehr verschiedenen Richtungen. Das hat es einfach gebraucht, das war notwendig. In den Schulen wurde auf eine bestimmte Art unterrichtet und die Leute von der JazzWerkstatt haben das einfach aufgebrochen – und das war super! Mit Clemens Wenger, Herbert Pirker und Clemens Salesny spiele ich jetzt schon lange zusammen. Ab und zu bin ich natürlich dabei, wenn es Veranstaltungen der JazzWerkstatt gibt. Manchmal darf ich dann machen, was ich will und im Umfeld entstehen auch laufend Bands.
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„Die ganze CD haben wir an ein paar Vormittagen eingespielt“
Ich habe das neue Album so gehört: zu Beginn ist es sehr kraftvoll und zum Teil sogar rockig und gegen Ende wird das Album experimenteller und ruhiger. Wolltest du diesen Bogen so spannen?
Max Nagl: Das hat sich einfach ergeben. Wir haben die Stücke gehabt und sie im Proberaum am Gürtel, in der Nähe der Hauptbücherei, aufgenommen. Wir haben uns um 9 Uhr am Vormittag getroffen, das war an einem Jännertag, da war es noch ein bisschen finster und kalt. Herbert hat schon alles aufgebaut gehabt und wir haben einfach angefangen zu spielen. Die ganze CD haben wir an ein paar Vormittagen eingespielt, viele der Tracks an einem Samstagvormittag, zwischen 9 und 12 Uhr. Da waren wir schon fertig. Wir mussten am Vormittag aufnehmen, weil im Nebenraum auch eine Band geprobt hat. Die hätten wir sonst auf den Aufnahmen drauf gehabt.
Wie ging es dann weiter?
Max Nagl: Bei vielen Stücken habe ich noch Geräusche bzw. elektronische Samples an den Anfang gesetzt. Zum Beispiel ein Moped, und die Reihenfolge der Stücke hat sich ergeben, weil wir darauf geschaut haben, dass die Stücke gut zueinander passen.
Bei einem Track am neuen Album spielst du Gitarre, ist das eine Premiere bei Aufnahmen oder hast du schon mal Gitarre gespielt?
Max Nagl: Das habe ich immer wieder gemacht. Mit dem Aufnehmen habe ich mit meinen Solo-Sachen begonnen, da mache ich alles alleine. Das Aufnehmen hat mit einem Vier-Spur-Kasettenrecorder begonnen und da habe ich verschiedenste Instrumente aufgenommen. Ich kann ja nicht wirklich Gitarre spielen, sondern lege mir das zurecht, was ich brauche. Und das spiele ich dann. Bei der „Moped“-CD haben wir keine Overdubs gemacht, nur beim Keyboard, weil es nicht möglich war, alles gleichzeitig live zu spielen. Beim Stück „Moped“ habe ich mir gedacht, dass eine Gitarre dazu lässig wäre. Aber ich wollte nicht jemanden fragen, wegen dieser zwei einfachen Akkorde. Ich habe die Gitarre über meinen Spielzeug-Verstärker gespielt – der ist zirka 10 mal 5 Zentimeter groß.
Das Titelstück „Moped“ ist der Track am Album, der ziemlich rockig daher kommt. Ist es da mit dir durchgegangen?
Max Nagl: Ès war so: Ich habe alle Stücke geschrieben. Vor den Aufnahmen haben wir uns getroffen und jedes Stück angespielt. Dieses Anspielen haben wir mitgeschnitten und Herbert hat sich diese Mitschnitte angehört und sich überlegt, welche Grooves er jeweils dazu spielt.
Wie streng warst du als Komponist? Hast du den beiden die Noten vorgelegt oder gab es Freiheiten?
Max Nagl: Wir kennen einander ja gut, wir haben schon viele Stücke gespielt und da weiß eigentlich jeder wie er mit einem Stück umgeht. Da braucht man nicht viel zu sagen.
Ich habe „Strichcode“, ein altes Album von dir mit „Moped“ quergehört, damals hast du mit Achim Tang und Joanna Lewis gespielt. Spielst du mit diesen Leuten auch noch?
Max Nagl: Nein. Das hat sich einfach irgendwann aufgelöst. Patrice Heral ist irgendwann zurück nach Frankreich gegangen. Achim ist wieder nach Deutschland gegangen. Wir waren eh lange genug miteinander, das hat einfach von selbst aufgehört.
„Wir haben im Trio gespielt und Wyatt saß im Rollstuhl in der ersten Reihe“
Das Trio-Projekt hat eine Verbindung zum Avantgarde-Jazzer und Schlagzeuger Robert Wyatt. Wie sieht diese Verbindung aus?
Max Nagl: Das ist so: das ganze Trio ist eigentlich entstanden, weil Klaus Nüchtern vom Falter ein Fan von Robert Wyatt und von Wyatts Band Soft Machine ist. Ich habe von Wyatt ein paar Sachen gekannt, aber nicht so viel. Klaus Nüchtern hat mir dann CDs kopiert und ich habe ein paar Stücke herunter transkribiert und so ist das Trio entstanden. Aber nur Wyatt für eine CD nach zuspielen hat mich eigentlich nicht interessiert, ich wollte auch ein paar eigene Stücke dabei haben. Die Aufnahmen sind gut gelaufen und die CD ist sehr gut geworden. Nüchtern hat für den Falter ein Interview mit Wyatt gemacht und das Cover-Foto zu unserer CD ist am Bahnhof von Wyatts Wohnort entstanden.
Ihr wurdet dann von Wyatt zu einem Konzert eingeladen.
Max Nagl: Genau, Wyatt hat beim Jazzfestival in Frankfurt im Jahr 2008 einen Abend kuratiert. Er hat uns zum Festival eingeladen, weil ihm unsere CD gut gefallen hat. Das war super. Wir haben im Trio gespielt und Wyatt saß im Rollstuhl in der ersten Reihe. Und hat zugehört und es hat ihm gefallen. Wir waren glaube ich die einzige Band damals, mit der Wyatt selbst nie gespielt hat.
Herzlichen Dank für das Gespräch.
Jürgen Plank
Links:
Max Nagl
Jazzwerkstatt Wien