Olga Neuwirth: Hommage à Klaus Nomi bei ImPulsTanz im Odeon (ORF Radio-Symphonieorchester)

Im Odeon in Wien gibt es am Samstag als Abschluss Charity Event im Rahmen der AIDS Konferenz 2010 ein Konzert und Performanceprogramm. Den ersten Teil des Programms gestaltet das ORF-Orchester unter dem zukünftigen Chef Cornelius Meister mit der “Hommage à Klaus Nomi” von Olga Neuwirth. Neuwirths Werk ist eine Interpretation von fünf Liedern des in Bayern geborenen Künstlers Klaus Nomi, der 1983 eines der ersten prominenten AIDS-Opfer in New York war. Die Komponistin hat es für diesen Anlass als Orchesterstück neu instrumentiert.

Das Vienna International Dance Festival ImPulsTanz läuft noch bis Mitte August 2010 und bietet eine Menge von Aufführungen, Tanzperformances und auch Workshops – vom Museumsquartier bis ins Akademietheater, vom Schauspielhaus über das Kasino am Schwarzenbergplatz bis ins Odeon. Die besten Choreographen und Kompanien aus der Welt des modernen Tanzes geben sich in diesem Sommermonat in Wien ein Stelldichein. Nach Olga Neuwirths „Hommage“ etwa im zweiten Teil des Charity-Abends der weltbekannte Tänzer und Choreograf Anthony Rizzi und die US-amerikanische Allround-Künstlerin Penny Arcade.

Ansonsten hier in Wien: Anne Teresa De Keersmaeker, Alain Platel, Chris Harring u v. a.. Der Charity-Abend im Odeon kostet aber auch Eintrittsgeld, sofern es überhaupt noch Karrten gibt: 45 bzw. 25 Euro, denn der eingespielte Erlös soll der AIDS-Hilfe, v. a. in Afrika zugute kommen.

Jedenfalls ist die „Hommageim März 2008 bei den Berliner Festspielen damals mit Countenor Andrew Watts aufgeführt worden, als “a songplay in nine fits“ “ (Textautor Thomas Jonigk). Diesmal steht der renommierte Countertenor Jochen Kowalski zur Verfügung und man darf auf die neue Version gespannt sein. Es gibt „Coverversionen“ von Nomi-Songs oder von Liedern von Friedrich Holländer aus dem Blauen Engel, Videoprojektionen, barocke Zwischenmusiken.

Märzmusik Berlin notierte zur Musikerin und Komponistin Olga Neuwirth, sie schaffe Musik fernab „stilistischer Einbahnstraßen“. Der Autor Andreas Günther verwies auch darauf, dass Neuwirth generell eine besondere Vorliebe für androgyne Stimmlagen hätte – mehrere ihrer Kompositionen schrieb sie für einen oder mehrere Countertenöre mit verschiedenen Instrumenten schrieb.

Und weiter: „All dies lässt es alles andere als zufällig erscheinen, dass Olga Neuwirth sich frühzeitig von der außergewöhnlichen Erscheinung Klaus Nomis angezogen fühlte“ Bereits für Salzburg 1998 hatte Neuwirth eine Hommage à Klaus Nomi konzipiert – „einen Zyklus von zunächst vier arrangierten Nomi-Songs für Countertenor und kleines Ensemble. Den vier Songs So Simple (nach Nomis Simple Man), Remember (nach Death), Can’t Help It (nach Falling in Love again) und The Witch (nach Ding Dong) folgten im Jahr 2005 für eine Aufführung in Paris die Titel Rush In (nach Hugo E. Peretti / Luigi Creator / George David Weiss), Just One Look, But … (nach Doris Payne / Gregory Carroll) sowie Eclipse (nach Kristian Hoffman). Für die musikFabrik, das Berliner Festival MaerzMusik, die London Contemporary Opera und das Grand Théâtre de Luxembourg erweiterte und überarbeitete Olga Neuwirth diesen siebenteiligen Liederzyklus zu einem etwa eineinviertelstündigen, multimedialen Songplay in nine fits, in dem sich Gesang, Musik verschiedenster Stilrichtungen, Sprache, Szenisches und visuelle Elemente wie Videoprojektionen zu einem hybriden Ganzen fügten“

Wer war Klaus Nomi?

Hier ein Profil, wiederum von Andreas Günther: „Mit Klaus Nomi erfand der 1944 im bayerischen Immenstadt geborene Klaus Sperber in den siebziger Jahren eine Kunstfigur, die noch heute Kultstatus besitzt. Schon früh entdeckte Sperber den Rock’n’Roll und die Popmusik für sich, aber ebenso auch die klassische Oper, die schnell in ihm den Wunsch weckte, als Opernsänger auf die Bühnen der Welt zu gelangen, was jedoch zunächst zum Scheitern verurteilt schien. Nach einer Ausbildung zum Konditor arbeitete er als Statist an den Essener Bühnen und absolvierte schließlich eine Gesangsausbildung in Berlin, wo er nebenbei als Platzanweiser an der Deutschen Oper jobbte .

1973 ging er nach New York, bewegte sich dort in den Künstlerkreisen des East Village, schlug sich mit diversen Nebenjobs durch und ließ sich seine Tenorstimme zu einer androgynen aber kraftvollen Falsett-Stimme ausbilden. Unter dem Künstlernamen „Klaus Nomi“, hergeleitet aus dem lateinischen Präfix „omni-“, zugleich Anagramm des Science-Fiction-Magazins OMNI und Grundlage verschiedener Wortspiele, trat er zunächst als Underground-Attraktion auf kleineren New Yorker Kellerbühnen auf. 1978 dann der Durchbruch: David Bowie wurde auf ihn aufmerksam, er engagierte Nomi ein Jahr darauf als Backgroundsänger für einen Auftritt in der NBC-Show Saturday Night Live und verhalf ihm so zu seinem ersten Plattenvertrag.

In seinen ironisch und melancholisch gefärbten, hyperstilisierten Bühnenshows gab sich der androgyne Barde extrovertiert. Seine Songs vereinten die unterschiedlichsten Musikrichtungen, von Popsongs aus den 1960er-Jahren und New Wave bis hin zu barocker Oper und deutschem Vorkriegs-Chanson; sein Äußeres knüpfte mit kubistischen Gewänder und Frisuren, weiß geschminktem Gesicht und schwarzen Lippen an Science-Fiction-Visionen der 1920er-Jahre an. Doch für den ganz großen internationalen Erfolg blieb ihm die Zeit nicht. Nur kurz nachdem er seine beiden ersten LPs (Klaus Nomi, 1981 und Simple Man, 1982) veröffentlicht hatte, diagnostizierte man bei ihm eine HIV-Infektion. 1983 verstarb Klaus Nomi als eines der ersten prominenten Opfer dieser Krankheit.

„Neuwirths Lesart der Songs“, schrieb der Musikwissenschaftler und Neuwirth-Kenner Stefan Drees zur 1998er-Version der Hommage, „gleicht dem Vorgang des Kopierens einer schon kopierten Vorlage, der die ursprünglichen Konturen weiter verwischt und – je nach Art der angewandten Manipulation – einzelne Details unschärfer oder präziser hervortreten lässt. Durch die kompositorischen Eingriffe werden einige Kennzeichen der Musik isoliert und wie durch ein Vergrößerungsglas betrachtet, um anschließend eine Neubestimmung ihres musikalischen Stellenwertes zu erfahren“. (hr)

Sa, 24. Juli 2010
19:30 Uhr

Odeon
ImPuls Tanz
Aids-Benefizkonzert

Olga Neuwirth
Hommage à Klaus Nomi (2010) UA

Remember (nach “Death” aus “Dido und Aeneas” von Henry Purcell)
So simple (nach “Simple Man” von Kristian Hoffmann)
Can’t help it (nach “Ich bin von Kopf bis Fuß…” von Friedrich Holländer)
The Witch (nach “Ding Dong” aus “The Wizard of Oz” von Harold Arlen)
Awake from Winter (nach “Cold Song” von Henry Purcell)

Jochen Kowalski Countertenor
Cornelius Meister Dirigent

http://www.impulstanz.com/festival10/performances/id8/
http://www.olganeuwirth.com/
http://rso.orf.at/