B. Fleischmann – I’m Not Ready For The Grave Yet

Bernhard Fleischmann ist genau jener Typus von Musiker, der sich mit seiner Unbeirrtheit und Konsequenz das seltene Privileg erarbeitet hat, abseits aller Erwartungshaltungen werken zu können. In den unterschiedlichsten musikalischen Feldern zu Hause, hat sich der Wiener Elektroniker über die Jahre hinweg seine eigene unverkennbare klangliche Nische geschaffen, die in Sachen Stilistik auf weiter Flur alleine für sich steht. Sich von Album zu Album in gewisser Weise musikalisch neu definierend, gelingt es Bernhard Fleischmann daher mit seinen Veröffentlichungen immer wieder zu überraschen. Nahtlos in diesen Entwicklungsstrang reiht sich auch sein inzwischen neuntes Werk „I’m Not Ready For The Grave Yet“ (Morr Music) ein. Sich auf der einen Seite wieder stärker auf die elektronischen Aspekte seiner Musik zurückbesinnend, zeigt sich der Wiener dieses Mal mehr als noch zuvor in der Rolle eines experimentierfreudigen Singer-Songwriters.

Schon auf dem letzten Album  “Angst is not a Weltanschauung” war hörbar, dass Bernhard Fleischmann einen deutlichen Schwenk weg von der reinen Klangkunst und Soundtüftelei hin zu Songstrukturen im Sinn hatte. Diesen Weg weiterverfolgend, zeigt sich der Wiener in seinen neuen Stücken nun fast in diesen angekommen, wiewohl er natürlich den Songbegriff in seinem eigenen unverwechselbaren Stil und mit einem deutlichen Hang zum Experiment zu deuten weiß.

Immer noch auf seine geliebte Roland Groovebox MC 505 vertrauend und seiner Gitarre sanfteste bis melancholisch rockige Melodien entlockend, formt sich der Multiinstrumentalist, der auf diesem Album erstmals auf GastvokalistInnen verzichtet und ausschließlich selbst zum Mikrofon greift, Nummern, die, zwischen leichtfüßiger Popaffinität, vermehrt eingesetzten perkussiven Rhythmuselementen, Sprachsamples aus alten Englischsprachkurs-CDs und den für ihn typischen vielschichtigen elektronischen Klangspielerein angesiedelt, ihren ganz eigenen Charakter entwickeln. Wie es bei Bernhard Fleischmanns Musik immer der Fall, sind es vor allem die vielen kleinen Details, die sich zwischen und unter dem oberflächlich Hörbaren abspielen, die den besonderen Reiz ausmachen und dem Spannungsbogen vom ersten bis zum letzten Moment aufrecht erhalten.

Bernhard Fleischmann zeigt auf „I’m Not Ready For The Grave Yet“ einmal mehr, dass er es versteht, anspruchsvolle und vielschichtige elektronische Klangarbeit in einem popmusikalischen Kontext aufgehen zu lassen. Seine neuen Songs gehen schnell ins Ohr, fordern aber gleichzeitig auch heraus, sich mit ihnen intensiver zu beschäftigen. Und das macht die Qualität dieses Albums aus. (mt)