Aanderud/Hecht/Lettner – Live in Vienna 2011

Vergangenen Mai kam es im Wiener 3raum-Anatomietheater zu einem höchst spannenden Aufeinandertreffen dreier herausragender MusikerInnen, die beseelt vom Geiste der improvisierten Musik, sich gemeinsam daran gemacht haben, die weite Welt des zeitgenössischen Jazz zu erkunden. Was die beiden mexikanischen Instrumentalisten Mark Aanderud (Piano) und Hernán Hecht (Schlagzeug) mit der österreichischen Saxophonistin Edith Lettner entstehen haben lassen, ist ein faszinierendes Beispiel dafür, wie ungemein facettenreich und vielschichtig die Sprache des Jazz heutzutage erklingen kann. Für die Nachwelt verewigt, ist das außergewöhnliche Konzert nun auch auf CD erhältlich.

Was diese musikalische Konstellation so ungemein spannend und einzigartig macht, ist die Tatsache, dass hier drei InstrumentalistInnen mit vollkommen unterschiedlichen musikalischen Backrounds aufeinandertreffen und vielleicht einzig in der Interpretation des Jazz, als ein zu allen Seiten hin offenes Feld, miteinander teilen. Mark Aanderud, Hernán Hecht und Edith Lettner entwerfen in ihrem Spiel, ganz unabhängig voneinander, höchst individuelle Klangsprachen, in denen Elemente unterschiedlicher stilistischer Richtungen in Einklang gebracht werden. Ein Ansatz, der natürlich sehr viel Raum für Improvisationen bietet.

Aanderud/Hecht/Lettner – Game Three by mica

Und diesen wissen der Pianist, der Schlagzeuger und sie Saxophonistin auf virtuose Art und Weise für sich zu nutzen. Was sie ihrem Publikum bieten, sind wunderbar vielschichtige und abwechslungsreiche avantgardistische Klangreisen, die mit weit gezogenen, sich ständig verdichtenden und wieder öffnenden Spannungsbögen schlicht fesseln. Man weiß nie wirklich, was als nächstes kommt, wohin der Pfad, den das Trio beschreitet, tatsächlich führt. Aanderud, Hecht und Lettner beherrschen das freie Spiel nahezu blind und werfen sich wie selbstverständlich die aberwitzigsten Ideen zu, um sie in weiterer Folge zu einem Ganzen zusammenzuführen.

„Live in Vienna“ ist ein Stück Musik geworden, das in seiner Form wohl vielschichtiger und fesselnder nicht sein kann. Man spürt bei jedem Ton, dass hier drei KünstlerInnen am Werken sind, die sich nicht damit begnügen, sich im Wiederholen bekannter Standards zu verlieren, sondern einfach im Sinn haben, die Sprache des Jazz zu erweitern. Hier regiert das Verständnis, dass stilistische Kategorisierungen längst nicht mehr greifen, das etwas Neues alleine dadurch entsteht, wenn man festgesetzte Grenzen überschreitet. Und genau das zelebriert das ungemein experimentierfreudige Dreiergespann bis hin zu Perfektion. (mt)

Erhältlich ist die CD „Live in Vienna“ unter edith.lettner@gmail.com

Foto Edith Lettner © osaka.at