Gin Ga – Yes/No

Das mit dem Sich-Zeit-Lassen ist ja so eine Sache. Schnelllebig wie die heutige Welt nun mal ist, läuft man als Band, auch wenn man schon hoch gelobte Glanzleistungen erbracht hat, nicht selten Gefahr, in Vergessenheit zu geraten. Dieses Risiko auf sich nehmend, haben sich die vier Herren von Gin Ga aber nicht beirren lassen, ihren ganz eigenen Weg konsequent weiter zu verfolgen. Zeigte sich schon das 2008er Debüt „They Should Have Told Us“ als ein ganz feines Stück Musik, sollte dessen Nachfolger in allen Belangen dann doch noch etwas mehr zu bieten haben. Zumindest dem Eigenverständnis der Band nach, die uninspirierte Schnellschüsse immer schon gemieden hat wie der Teufel das Weihwasser.

Die Erwartungshaltung dem Zweitlingswerk von Gin Ga gegenüber war folglich eine nicht unbedingt geringe – auch weil es dem Vierer gelang, durch Konzerte sowie einzelne Singles und Videos die Neugier an ihnen nicht abebben zu lassen – und der Druck, mehr als nur etwas Solides abzuliefern, ein hoher. Es war kein Leichtes, das Album auf den Weg zu bringen, wie Alex Konrad, Emanuel Donner, Klemens Wihlidal und Matias Meno auch selbst zugeben, doch das Ergebnis spricht eindeutig für sich. „Yes/No“ (Monkey Music) ist wohl genau das geworden, was man als großen Wurf bezeichnet, ein musikalisches Meisterstück, das der Wiener Truppe die Türen hin zu einer großen internationalen Karriere endgültig öffnen könnte.

Nun, ein Mangel an Ideen dürfte nicht der Grund dafür gewesen sein, dass die Arbeiten an diesem Album doch etwas länger gedauert haben, denn lauscht man sich durch die neuen Songs des Vierers, wird sofort hörbar, dass die kreativen Eingebungen wohl im Überfluss vorhanden gewesen sein dürften. Woran sich das festmachen lässt? Alex Konrad, Emanuel Donner, Klemens Wihlidal und Matias Meno vermeiden jede Wiederholung und zelebrieren die musikalische Vielfalt, die ihren Ausdruck vor allem darin findet, dass keine Nummer auch nur ansatzweise wie eine andere klingt. Es dürfte wohl mehr der perfektionistischen Ader der vier Wiener geschuldet gewesen sein, die zu einer Verzögerung der Veröffentlichung von „Yes/No“ führte. Doch wie heißt es oftmals so schön, gut Ding braucht Weile, und die haben Gin Ga dafür genutzt, eine jede Nummer bis ins letzte Detail auszuarbeiten, ohne dabei aber in irgendeiner Form überambitioniert zu wirken.

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Der Pop der Wiener Band ist einer, der seine Einflüsse aus dem Folk (weit weniger als noch auf dem ersten Album), dem modernen Liedermachertum, Rock und neuerdings auch aus dem Synthiepop der 80er Jahre und ein wenig New Wave bezieht und aufgrund seines zeitlosen Charakters erfreulicherweise alle angesagten Trends und Strömungen in weitem Bogen umschifft. Was Frontmann Alex Konrad und Kollegen darüber hinaus ganz vortrefflich beherrschen, ist, ihrer Musik diese seltsam undefinierbare Schwingung und Ebene zu verleihen, diese eigene Gin Ga Note, die einfach ein Mehr ausdrückt als die einfache Aneinanderreihung von Tönen, Klängen und Melodien, und einfach zu fesseln vermag. Ihre Songs durchbrechen jede banale Oberflächlichkeit und gehen – im Gegensatz zu vielen anderen Indiepop-Entwürfen – wirklich in die Tiefe.

Hat es noch eines letzten Beweises bedurft, dass Gin Ga es drauf haben, etwas Großes zu leisten, so liefert diesen „Yes/No“ definitiv. Es ist ein Album, an dem man sich nur schwer satthören kann, weil es musikalisch einfach eben mehr bietet als vieles, das man sonst so zu hören bekommt. Im Bereich des heimischen Indiepop vielleicht DAS Album des Jahres. Mindestens.
Michael Ternai

Foto Gin Ga (c) Petra Benovsky

 

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