Schwarz-Grünes Kunst- und Kulturprogramm? – Der KULTURRAT ÖSTERREICH sieht ambitionierte Vorhabensliste und präsentiert eine Präzisierung

Kunst und Kultur finden sich im aktuellen Regierungsprogramm als umfangreiche Zusammenschau kulturpolitischer Problembereiche. Die darin enthaltenen Antworten zielen auf (zeitgenössische) Kunst und Kultur als relevante und gestalterische Größe für die österreichische Gesellschaft ab und – besonders begrüßenswert – auf eine stabile strukturelle Grundlage kultureller wie künstlerischer Arbeit: Fair Pay, Valorisierung von Förderbudgets, Änderungen bei Arbeitslosen- und Pensionsversicherung, Erweiterungen beim Künstler*innen-Sozialversicherungsfonds (KSVF), transparente Auswahlverfahren für Kulturbeiräte, gleiche Bezahlung unabhängig vom Geschlecht als Fördervoraussetzung, Einführung eines Urheber*innenvertragsrechts. Einige dieser Schlagworte haben es zum ersten Mal in ein Regierungsprogramm geschafft.

Vieles trägt zwar den Charakter einer Ankündigung, bleibt vage und deutungsoffen, der Handlungsauftrag ist jedoch klar:

Fair Pay

Die Entwicklung einer gemeinsamen Strategie von Bund/ Ländern/ Gemeinden zur Umsetzung von Fair Pay, d. h. die Einführung einer angemessenen und fairen Bezahlung quer durch den ganzen Sektor ohne Ausdünnung des kulturellen Angebots, ist politisch gewünscht. Praktische Vorschläge dazu gibt es in allen Sparten. Ein erster konkreter Schritt wäre eine Selbstverpflichtung in der öffentlichen Förderung.

Verpflichtende Valorisierung

Kontinuierlich steigende Ausgaben (Inflation) müssen auch auf Seiten der Kulturförderung Berücksichtigung finden. Valorisierung muss nicht „möglich“ werden, sondern verpflichtend, allein aus Gründen der Planungssicherheit und Aufrechterhaltung erreichter Qualitätsstandards.

Änderungen bei Arbeitslosen- und Pensionsversicherung

Die beste Maßnahme gegen Altersarmut im Feld ist Fair Pay, flankiert von der Sicherstellung einer kontinuierlichen sozialen Absicherung. Notwendige Änderungen in der Sozialversicherungsarchitektur betreffen zentral die Arbeitslosenversicherung, aber auch den Künstler_innen-Sozialversicherungsfonds (KSVF). Umzusetzende Maßnahmen haben wir hier formuliert:
# AlVG: https://kulturrat.at/agenda/ams/20190814
# KSVF: https://kulturrat.at/agenda/sozialerechte/forderungen/ksvfg

Gleichstellungspolitik

Eine Reduzierung des Gender-Pay-Gap wird angestrebt, verknüpft mit einer konkreten Maßnahme: Ungleiche Bezahlung = keine Basisförderung. Wir sehen der Umsetzung mit Spannung entgegen, gehen aber davon aus, dass es weitreichendere Maßnahmen braucht.

Urheber*innenvertragsrecht

Dessen Einführung steht im Regierungsprogramm ‒ nicht zuletzt aufgrund EU-rechtlich verpflichtender Vorgaben. Im freien Spiel der wirtschaftlichen Kräfte zwischen Urheber*innen und Produzent*innen braucht es einen vertragsrechtlichen Ausgleich der ungleichen Verhandlungsmacht. Rahmenbedingungen dafür siehe: # https://kulturrat.at/agenda/brennpunkte/pruefsteine2019/20191118

Leerstelle Visapolitik

Der Kulturrat Österreich wird weiter auf die ausstehende Umsetzung staatlicher Verpflichtungen durch ratifizierte Abkommen (UNESCO) pochen, konkret auf Erleichterungen im internationalen Austausch. In diesem Zusammenhang erteilen wir auch der weiteren Entrechtlichung von Flüchtlingen eine Absage: Positive Ansätze in der Integrationspolitik helfen nur, wenn unabhängige Rechtsberatung und die Abschaffung von Haft ohne Delikt (Schubhaft, Sicherungshaft) Standard sind, wenn klare Perspektiven für alle möglich sind. Wir werden uns weiter dafür einsetzen und entschieden gegen Rassismus auftreten.

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Im Herbst 2019 hat der Kulturrat Österreich gemeinsam mit vielen Interessenvertretungen und Institutionen aus dem Feld ein Koalitionsprogramm für Kunst und Kultur vorgestellt: # https://kulturrat.at/agenda/agenda/brennpunkte/20191028

Zum Weiterlesen

Detailanalyse Kulturpolitik in Türkis-Grün (IG Kultur Österreich) # https://www.igkultur.at/artikel/kulturpolitik-tuerkis-gruen-die-detailanalyse

Kulturrat Österreich

Der Kulturrat Österreich ist der Zusammenschluss der Interessenvertretungen von Kunst-, Kultur- und Medienschaffenden.  Gemeinsam vertreten diese IGs rund 5500 Einzelmitglieder, 39 Mitgliedsverbände und deren Mitglieder, 700 Kulturinitiativen sowie 14 freie Radios.

Mitglieder des Kulturrat Österreich:

ASSITEJ Austria – Junges Theater Österreich Berufsvereinigung der Bildenden Künstler Österreichs Dachverband der Filmschaffenden IG Bildende Kunst IG Freie Theaterarbeit IG Kultur Österreich Österreichischer Musikrat IG Übersetzerinnen und Übersetzer Verband Freier Radios Österreich VOICE – Verband der Sprecher und Darsteller.

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