Raphael Sas ist ein Multitalent. Zuerst war er Sänger, Gitarrist und Songschreiber der Indie-Band mob, dann wird er fixer Bestandteil der Band von der Nino aus Wien, und das wiederum als Pianist. 2011 trennen sich mob und Sas beginnt Solomaterial herauszubringen. Nun präsentiert er sein erstes Album mit dem Titel „Gespenster“.
Und dass sich Gespenster nicht nur wegen Halloween eine Assoziationskette mit der Jahreszeit Herbst teilen, zeigt er auf zehn Liedern. Es ist eine eigentümliche Stimmung, die Sas erzeugt, wenn er mit seiner leicht nach Herbert Grönemeyer klingenden Stimme über Liebe, Verlust und das Universum sinniert. Mal singt er auch Hochdeutsch mal im Dialekt, beide Male klingt es nicht aufgesetzt. Es ist wie die musikalische Beschreibung eines Herbstages, vom morgendlichen Nebel, über das Aufwirbeln vom bunten Laub bis zu einer klirrend, kalten Abendluft und dem klaren Sternenhimmel.
Die Instrumentierung bleibt dabei minimalistisch, aber nicht untertrieben, sondern sehr harmonisch. Hauptbestandteil ist eine bluesige Gitarre, ein smoother Bass und Streicher, die mal nach Balkan, mal nach Jazz klingen. Statisten sind ein Akkordeon und ein Piano.
Gesungen wird über eine Liebe, die Schnippchen schlägt und ein freches Ding ist. „Du hast mich“ ist das stärkste Lied, denn der Text hat nicht nur einen angenehmen Erzählcharakter, auch die Musik passt sich mit diesem Hauch von französischer Musik zur Cocktailstunde perfekt an. Es erzählt vom neckenden Charakter des Flirts, von der verführerischen Kraft der Musik und von dem ernüchternden Morgen danach. Auch „Hallo Tatjana“ widmet sich den Herzensangelegenheiten, aber diesmal in heiterer Polka-Manier, und auch ein Happy End wird in Aussicht gestellt.
Nicht heiter, aber auch nicht traurig klingt „Ende der Welt“, was eine ausgesprochene Seemannsballade inklusive Akkordeon ist. Sas nähert sich durch poetische Landschaftsbeschreibungen an existenzielle Fragen an. Um die eigene Zukunft beeinflussen zu können, muss das Vergangene in Ruhe abgeschlossen werden. Dieses Leitmotiv hat auch „Olles is offm“. Es erinnert dabei an Gitarrenballaden à la STS. Und auch der letzte Track „Gespenster“ kann sich nicht von dem leicht philosophischen lösen. Sas zeigt hier, dass er stimmlich solide im Sattel sitzt. Die Instrumentierung ist so minimal, dass es eher wie ein Windhauch ist, der melodisch im Hintergrund weht.
Wenn man dann alles hinter sich lässt, kann man neu beginnen. Dazu sollte man nicht nur den Kopf freikriegen, sondern auch das Umfeld aufräumen. In „Wiema imma sein ham wolln“ ist die flotte Gitarrenmelodie der Ansporn, der Routine zu entfliehen und endlich das zu tun, was man sich schon immer vorgenommen hat.
Dass Raphael Sas sich mit seinem Debüt einen Traum erfüllt hat, kann man annehmen. Es ist ein sehr stimmiges Album, auf dem kein Lied zu viel ist. Gut ist dabei, der beständige Sound, der aber Spielereien zulässt. Es ist ein Entwurf von einem Herbsttag ohne Down-Gefühl, aber mit sanftem Blues. Und wann ist eine bessere Jahreszeit um den großen Fragen nachzuhängen als wenn die Bäume ihr Laub verlieren, und der Kreislauf seinen Lauf nimmt.
Anne-Marie Darok
Termine:
11.11.2012 – Stadtsaal, Wien
13.11.2012 – CD-Präsentation im Rhiz, Wien
http://www.problembaerrecords.net/artists/problembaer-bands/?tx_sfmusic_pi1[uid]=15