Porträt: Bernhard Fleischmann

Spricht man über die innovativsten, wandlungsfähigsten und vielseitigsten Köpfe der österreichischen Musikszene, so fällt mit Sicherheit nach kurzer Zeit sein Name. Bernhard Fleischmann, geboren 1975 in Wien, gehört jener Gruppe von Künstlern an, denen es bedeutender erscheint, sich den eigenen Freiraum zu bewahren, denn sich von irgendwelchen Erwartungshaltungen einengen zu lassen. In den Jahren seines bisherigen Schaffens hat der gelernte Pianist und Schlagzeuger, der Mitte der neunziger Jahre die elektronische Musik als große Liebe für sich entdeckt hat,  seine ganz eigene musikalische Nische erschaffen, eine, aus welcher heraus er das weite Feld der Computermusik immer wieder auf spannende Art neu zu definieren weiss. Irgendwelche Einschränkungen in Fragen der Stilistik sind ihm seit je her fremd. Der experimentierfreudige Musiker, Komponist und Produzent zelebriert seine eigene Klangsprache, er entwirft seine ganz eigene akustische Ästhetik, welche vor allem in einer enormen Vielschichtigkeit ihren Ausdruck findet. Mal führen ihn seine Wege in die Welt des Pop, mal, vollkommen entgegengesetzt, in jene der experimentellen Klangkunst. Irgendwo zwischen diesen beiden extrem weit auseinanderliegenden Polen agierend, erfindet sich der Wiener, der sich inzwischen auch im Bereich der Filmmusik und in der Vertonung von Stummfilmen (man denke nur an die  grandiose Live-Bearbeitung von Buster-Keatons “Der General”) einen Namen gemacht hat, immer wieder neu, sodass exakten Voraussagen darüber, was er als nächsten Schritt plant, kaum zu treffen sind.

Seine ersten musikalischen Schritte tätigt Bernhard Fleischmann allerdings noch deutlich im gitarrenorientierteren Bereich in Bands wie Sore! und Speed is essential. Mit Letzerer veröffentlicht der Wiener, noch hinter dem Schlagzeug sitzend, auch eine CD mit dem Titel „My idea of fun“ (1998). Die Entdeckung eines ganz besonderen Gerätes jedoch, erweckt sein Interesse an der elektronischen Musik. „Im Proberaum von Freunden habe ich eine Roland-MC505-Groovebox entdeckt, die mich sofort fasziniert hat. Vom Kellnern hatte ich ein bisschen Geld auf der Seite, und dann habe ich mir auch so eine Groovebox, ein kleines Mischpult und Kopfhörer gekauft und begonnen, die ersten Stücke zu basteln. Nicht, um damit einmal auf die Bühne zu gehen, sondern einfach wegen der Freude, mit einem anderen, neuen Instrument Musik zu machen. Mit dem Herumdrehen und Ausprobieren hat sich ein neues Universum eröffnet“, so der Bernhard Fleischmann in einem mica-Interview. Schnell entstehen in Folge die ersten Kompositionen, die zum Teil schließlich auch auf dem 1999 erscheinenden Debütalbum „Pop Loops for breakfast“ (es handelt sich um Erstveröffentlichung des neugegründeten Labels Charhizma) ihren Platz finden.

Der melancholische, Pop-affine elektronische Sound kommt an, erregt viel Aufsehen und macht den Wiener mit einem Schlag zu einem gefragten Mann. Seine Stücke treffen ganz offenbar den Nerv der Zeit. Gitarrenmusik ist out, die elektronische im Kommen. Wiewohl Bernhard Fleischmann betont, sich niemals wirklich über solche Fragen Gedanken gemacht zu haben. Vielmehr geniest er die Freiheit und die Möglichkeiten, welche sich für ihn in diesem, für ihn neuen Musikfeld eröffnen. „Ich habe beim Herumschrauben damals überhaupt nicht an Musik gedacht. Diese absolute Freiheit war ein irrsinnig schönes Gefühl. Zum einen, dass man sich mit keinen Bandmitgliedern über die Stücke streiten muss, zum anderen die Freude an diesem neuen Gerät und den Möglichkeiten, die einem da gegeben werden. Ich habe die Sachen aus dem Bauch heraus gemacht und war selber überrascht, dass die Rezeption so positiv und umfangreich war, weil ich das davor überhaupt nicht kannte“. Aufgrund der großen Nachfrage erscheint das Album bei Morr Music kurz darauf auch auf Vinyl.

Die darauffolgenden Jahre gestalten sich für den Wiener überaus arbeitsintensiv, zugleich aber auch sehr abwechslungsreich und nicht ganz unerfolgreich. Bernhard Fleischmann spielt Konzerte in Europa und Übersee, betätigt sich als Klangkünstler und Stummfilmvertoner, er veröffentlicht die EP „Sidonie“ (ebenfalls wieder auf Morr Music und Charhizma), zahlreiche Tracks für diverse andere Kompilationen, sowie das Album „A Choir Of Empty Beds“, welches ihn auch in den USA zu einer gewissen Bekanntheit gelangen lässt und beginnt sich vermehrt mit dem Thema Filmmusik auseinanderzusetzen, was unter anderem in der Auszeichnung mit dem Max Ophüls Preis 2002 für die Mitarbeit an Jörg Kalts Film „Richtung Zukunft durch die Nacht“ mündet. Eine weitere Zusammenarbeit mit dem österreichischen Regisseur folgt 2004 bei dessen vieldiskutierten Film Crash Test Dummies.

Ebenfalls viel Aufmerksamkeit erregt sein Musikprojekt Duo505 gemeinsam mit Herbert Weixelbaum. Anfänglich für ein Konzert als einmalige Kooperation geplant, schließen sich die beiden Protagonisten zu einem fixen Duo zusammen und bringen mit  „Late“ (2004), „ Another Illusion“ (2008) und „Walzer oder nicht“ (2011) gleich bahnbrechende und international hochgelobte Alben heraus. Fleischmanns bislang letzte Veröffentlichung „Angst Is Not A Weltanschauung“, auf der unter anderem auch Marilies Jagsch und Sweet William van Ghost zu hören sind, datiert aus dem Jahre 2008.

Bernhard Fleischmann ist einen Musiker mit vielen Talenten. Egal ob nun als Solokünstler, als Mitglied in einer anderen Formation oder als Produzent, der Elektroniker präsentiert sich als ein Künstler, der seiner Zeit oftmals einen Schritt voraus ist. Mit der Fähigkeit, sich in seiner Musik immer wieder neu zu erfinden, darf angenommen werden, dass man von ihm auch in Zukunft viele spannende Sachen zu hören bekommen wird. Auf jeden Fall scharrt ein neues Album in den Startlöchern. (mt)

 

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