mica-Interview mit Pavel Shalman und RONJA (Global Groove LAB)

Aus der vor einigen Jahren im Wiener Luftbad gestarteten und im Ost Klub fortgesetzten gleichnamigen Jam-Session hervorgegangen, macht sich die Wiener Multikulti Truppe Global Groove LAB nun daran, ihren nächsten Schritt hin zu einer erfolgreichen Karriere zu setzen. Der musikalische Leitgedanke, an welchem sich die sechsköpfige Combo orientiert, lässt sich in wenigen Worten so zusammenfassen: Es kann und darf alles passieren. Die Grenzen zwischen den verschiedenen Stilen sind aufgehoben. Am 4. Dezember lädt der Global Groove LAB zur Single- und Videopräsentation in den Wiener Ost Klub. Pavel Shalman und RONJA, die beiden führenden Köpfe hinter diesem außergewöhnlichen Musikprojekt, im Gespräch mit Michael Ternai.

Was hattet ihr eigentlich im Sinn, als ihr den Global Groove LAB zum Leben erweckt habt?

Pavel: Begonnen hat die ganze Geschichte im Rahmen einer Jam-Session, die wir im Luftbad in Wien veranstaltet und dann später im Ost-Klub weitergeführt haben. Der Global Groove LAB wurde auf Initiative unseres Vereins artForm ins Leben gerufen und von wienKultur und der AKM unterstützt. Was wir uns vorgestellt haben, war, einen Rahmen zu schaffen, in welchem die verschiedenen Kulturen zusammenkommen können, um gemeinsam zu musizieren. Eingeladen waren alle, die Freude an der Musik haben und auch für Neues offen sind. Schön war, dass zu den Sessions wirklich immer andere MusikerInnen gekommen sind und es deshalb auch sehr viel Abwechslung gegeben hat. Der Global Groove LAB war wie ein großes Versuchslabor, in dem die Menschen wirklich näher zueinander gekommen sind. Ein besonders schönes Highlight für mich persönlich war zum Beispiel jene Jam-Session, für die ich ein Klezmer Lied geschrieben habe und zu welchem dann ein palästinensischer Rapper drüber gerappt hat. Mit der Zeit hat sich dann schließlich dann der fixe Stamm unserer Band herausgebildet.

Ronja: Das Global Groove LAB war eigentlich von Anfang an als ein zu allen Seiten offenes Projekt gedacht. Wir waren vor allem gespannt darauf, was passiert, wenn wir mit immer anderen Leuten zusammenspielen. Das Projekt sollte ein solches sein, in dem man Dinge ohne Zwänge und Einschränkungen ausprobieren kann.

Ich habe das schon ein bisschen mit verfolgt, er war ja schon von Anfang an relativ viel Publikum, oder?

Ronja: Ja, das hat ganz gut funktioniert. Es könnte natürlich immer mehr sein. Den nicht wirklich kleinen Ost Klub zu füllen, vor allem an einem Mittwoch, ist nicht so leicht. An einem Freitag oder Samstag ginge das natürlich leichter. Aber wir sind optimistisch, dass uns das im Laufe der Zeit gelingen wird. Auf jeden Fall nehme ich schon an, dass es bei unserem Video-Release-Event ganz voll sein wird.

Im Ost Klub wird ja auch eure neue Single plus Video präsentiert.

Pavel: Unsere erste Single heißt „Global Čoček“. Čoček ist ein traditioneller Tanz aus dem Balkanraum und diesen haben wir versucht mit anderen Stilen zu vereinen, was uns, glaube ich, auch sehr gut gelungen ist. Die Hauptmelodie stammt aus dem Balkan, der Gesang kommt eher aus der Pop-Richtung, Coalman steuert das Toasting, einen für den Reggae typischen Gesang, bei, dann gibt es auch einen türkischen Streicher- und einen griechischen Bouzouki-Teil. Trotz dieser Vielfalt erklingt der Song kompakt. Das Video zu dem Song hat übrigens Bernhard Mayr von A&B Video gedreht. Den kenne ich von meinen alten Bands her schon lange. Und wir haben gemeinsam auch immer super Konzepte erarbeitet.

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Inwieweit ist es eine Herausforderung so viele unterschiedliche Stile in einem Song unter einen Hut zu bringen?

Pavel: Das war natürlich keine leichte Aufgabe. Am Anfang herrschte schon ein ziemliches Durcheinander, aber mit der Zeit haben die Lieder schließlich doch ihre Form angenommen und die stilistische Ausrichtung der Band hat sich konkretisiert. Was auch damit zu tun gehabt hat, dass die Besetzung eine fixe geworden ist und jeder der Beteiligten seine Rolle gefunden hat.

Ronja: Unsere Songs gehen schon in die Richtung des Tanzbaren, das heißt, sie sind alle doch im Up-Tempo angesiedelt. Aber wie Pavel gesagt hat, es ist am Anfang wichtig, dass man als Band einig darüber wird, in welche Richtung man überhaupt gehen will. Und getroffen haben sich unsere Vorstellungen im Punkt, Musik für ein tanzendes Publikum zu machen.

Wer gehört denn  jetzt fix zur Besetzung?

Pavel: Den Gesang teilen sich Ronja und Coalman, Bozidar Radenkovic kurz “Boki” spielt Akkordeon, Bouzouki und Gitarre, Stefan Thaler spielt Bass und Martin Peham spielt Schlagzeug….

Ronja: …und Pavel Shalman spielt Violine.

Wie entstehen bei euch Songs? Kommt ihr mit Ideen in den Proberaum und arbeitet diese gemeinsam aus? Ist es ein demokratischer Prozess?

Ronja: Ich denke, im Gegensatz zu unseren anderen Gruppen, geht es beim Global Groove LAB sehr demokratisch zu. Jeder von uns kann seine Ideen einbringen, auch ganze Songideen. Inzwischen hat ja auch schon jeder Lieder beigetragen. Ich finde das sehr schön und spannend, weil dadurch der Sound in Gesamten ein sehr facettenreicher wird. Jeder hat seinen bestimmten Stil, in dem er die Lieder schreibt. Coalman zum Beispiel hat diese Ragga-Rhymes einfließen lassen, was für mich etwas völlig Neues war, denn davor hatte ich mit dieser Art der Musik eigentlich nichts zu tun. Das sind alles schon tolle Erfahrungen.

Pavel: Man kann es vielleicht so beschreiben: Jeder kommt schon mit halbwegs fertigen Liedern an, die wir dann gemeinsam weiter ausarbeiten. Und da können auch schon ganz neue Teile, die wiederum aus ganz anderen Stilistiken entstammen, hinzukommen. Das führt eben zu dieser musikalischen Vielfalt.

Würdet ihr euch dem Genre „Weltmusik“ zuschreiben?

Ronja: Ja, ich würde unseren Stil als tanzbare Weltmusik bezeichnen.

Pavel: Für mich gibt es zwei Arten von Weltmusik, die ich ganz grob in die tanzbare und die „sitzende“ Weltmusik einteile. Und wir zählen definitiv zum tanzbaren Teil. Wobei ich keinesfalls sagen will, dass die „sitzende“ langweilig wäre. Auch in diesem Bereich gibt es viel, viel Spannendes. Nur läuft diese eben in einem anderen Kontext.

Ronja: Uns geht es darum, zu zeigen, wie viel Spaß man am Leben haben kann. Nicht im Sinne einer banalen Party, sondern im Sinne des Zusammenkommens von verschiedenen Kulturen. Wir können alle gemeinsam musizieren, tanzen und Spaß haben. Und ich glaube, das bringt auch unsere Single „Global Coceck“ auch sehr schön zum Ausdruck.

Ihr habt sicher auch vor, ein ganzes Album zu machen?

Pavel: Auf jeden Fall. Und der erste Schritt ist mit der Single gemacht. Jetzt versuchen wir Geld für das Album aufzutreiben, damit wir es aufnehmen können.

Das wird stilistisch vermutlich sehr vielfältig sein, oder?

Ronja: Ja, das denke ich. Mal schauen, wie wir das angehen werden.

Pavel: Es macht wenig Sinn, zwanghaft wirklich alles Mögliche reinzupacken.

Ronja: Zusammenpassen muss es schon. Aber ja, Balkan und Ragga werden sicher eine große Rolle spielen.

Pavel: HipHop Grooves und Klezmersounds sind auch dabei….

Ronja: … und auch orientalische Streicher.

Pavel: Indische Einflüsse werden auch durchklingen, auch Pop, zumindest von der Struktur her. Außerdem experimentieren wir mit ungeraden Rhythmen, die im Balkan sehr weiter verbreitet sind. Die versuchen wir so in unseren Sound zu übersetzen, dass sie tanzbar sind.

So ein Sound würde durchaus auch außerhalb Österreichs das Interesse wecken.

Ronja: Das kann ich mir gut vorstellen. Unser Sound spiegelt ja in gewisser Weise auch die musikalische Vielfalt wider, die hier in Wien vorherrscht. Die Stadt ist ja als „Melting Pot“ der verschiedenen Kulturen auch international bekannt.

Weil du gerade Wien erwähnt hast, inwieweit denkst du kommt euer Sound  bei den hiesigen Musikfans an?

Ronja: Ich habe das Gefühl, dass er sehr gut ankommt. Vor allem auch  bei den jungen Leuten, was vielleicht daran liegt, dass unser Projekt ebenfalls ein sehr junges ist. Ich glaube einfach, dass die musikalische Vielfalt, die wir bieten, viele anspricht. Es ist für jeden offenen Musikfan etwas dabei.

Die passenden Musiker für dieses Projekt zu finden, war in Wien vermutlich ebenso nicht so schwer?

Pavel: Das stimmt, dahingehend gibt es eine große Auswahl. Es gibt wirklich in jedem Genre hervorragende MusikerInnen. Man muss halt schauen, wer mit wem zusammenpasst, mit wem man gemeinsam musizieren  kann, wer die Offenheit mitbringt. Aber diesbezüglich hat sich ja über die Zeit so und so sehr viel getan. Seit nun schon 40 Jahren ist in der Musik generell die Tendenz da, weil eben vieles schon ausgereizt ist, Crossover zu machen. Man nehme nur den Jazz her, der sich irgendwann zu Fusion entwickelt und in weiterer Folge irgendwann mit dem Rock vereinigt hat. Und diese Entwicklungen gibt es in allen Genres.

Wie seht ihr das Projekt in 1 bis 2 Jahren, wenn euer Projekt richtig ins Laufen gekommen ist?

Pavel: Ich hoffe, wir spielen Festivals und sind am Touren, sei es nun in Österreich oder international. Wir sind alle Live-Musiker und wollen daher auch so viel wie möglich spielen.

Ronja: Wichtig wäre es, eine Agentur zu finden, die uns solche nationalen und internationalen Events aufstellt. Es ist nämlich schon schwierig, sich das alles selber zu organisieren, weil es eben sehr viel Arbeit erfordert. Wir organisieren inzwischen zwar vieles selbst, aber wir haben nicht die Zeit, dies in einem größeren Umfang zu tun.

Pavel: Wir wollen in erster Linie Künstler sein und keine Manager. Wir brauchen die Zeit, uns auf die Musik zu konzentrieren. Und daher hoffen wir schon, dass sich in diese Richtung etwas tut.

Ihr habt ja andere Projekte parallel am Laufen, welchen Stellenwert hat der Global Groove LAB?

Ronja: Wir haben lange gebraucht, um uns zu finden. Wir wollten immer alles auf einmal machen. Pavel hat mit 20StringsSummit noch ein akustisches Musikprojekt, gemeinsam haben wir zum einen das Duo Ronja & Pavel Shalman, zum anderen die Band Living Transit, mit der wir eher in Richtung  Soul, Pop und Jazz gehen. Wir hatten zunächst die größenwahnsinnige Idee mit allen 4 Projekten in einem Jahr 4 Alben aufzunehmen, was rein finanziell und geistig unmöglich ist. Deshalb haben wir beschlossen, den Fokus nun einmal auf die beiden Bands  Global Groove LAB und Living Transit zu richten. Und bisher funktioniert das auch ganz gut.

 

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