KoFoMi#16 – Music? CDs zum Komponistenforum Mittersill

Was Musik denn eigentlich sei, darüber haben sich wohl schon zahlreiche Geister den Kopf zerbrochen – etwa auch beim KoFoMi#16 im September 2011. Dabei ging es jedoch nicht um ein grundsätzliches Ausloten der Grenzen dessen, was als Musik gewertet wird und was sich außerhalb dieses Begriffs bewegt. Vielmehr beschäftigten sich geladene Gäste unter dem Titel „Music?“ mit der Frage, wie die Auseinandersetzung mit ihr stattfindet und damit, diesen Zugang zu hinterfragen. Im speziellen Fall ging es um die Verbindung der Ebenen Komposition und Interpretation, wie sie sich einerseits gegenseitig bedingen, andererseits aber teilweise strikt voneinander getrennt sind. Anders die Situation im Bereich der Improvisation, wenn das Schaffen aus dem Monet heraus im Zentrum steht, aber auch, wenn KomponistInnen selbst als InterpretInnen hervortreten.

Hilfreich erweist sich bei der Verwirklichung von Werken aber zudem die direkte Kommunikation aller Beteiligten auf Augen- bzw. Ohrenhöhe. Zu welch faszinierenden Ergebnisse die Auflösung der hierarchischen Struktur zwischen KomponistIn und InterpretIn führen kann, ist nun mit den Uraufführungen der ausschließlich im Rahmen des KomponistInnenforums entstandenen Werke auf eine Doppel-CD des Labels ein klang records festgehalten. Kein Wunder, dass im ländlichen Umfeld des Salzburger Ortes Mittersill auch die dortige Musik ihren Niederschlag gefunden hat – schließlich verläuft auch in der Volksmusik die Aufgabenteilung zwischen KomponistIn und Interpretin nicht so strikt wie teilweise in der klassischen Musik. So hat sich etwa auch Anne Wellmer in ihren Intermezzi „Die Mittersiller“ von den mehrstimmigen Gesängen inspirieren lassen; aber auch „Before“ von Leo Zogmayer und Wolfgang Fuchs lässt mit Sägen, Akkordeon und obertonreicher Stimmgebung Assoziationen zu dortigem Kulturgut wie auch zu außereuropäischen Musikformen aufkommen – wenngleich die Gestaltung abseits der traditionellen Verarbeitung nicht der Volksmusik zuzuordnen ist, sondern ebenso in der sogenannten Neuen Musik einen wesentlichen Stellenwert einnimmt. Gleichzeitig werden diese oft pauschalisierenden Einteilungen und mit ihnen die dazugehörigen Bewertungssysteme obsolet – viel wesentlicher erscheint es, sich auf den Klang zu konzentrieren. Denn was die vertretenen Aufnahmen im Speziellen vereint, ist das sensible Reagieren der MusikerInnen aufeinander – die Sylvie Lacroix, Michael Moser oder Julia Purgina bei Interpretation und Improvisation bzw. Komposition bestens in sich vereinen. Die nachvollziehbaren Spannungsbögen laden so dazu ein, sich auf die unterschiedlichsten Klänge einzulassen, genauer hinzuhören und sich seinen eigenen Gedanken dazu zu überlassen.

Was zudem eine besondere Beziehung zum Ländlichen aufweist, ist die zweite CD, auf der Dialektgedichte der Bergbäuerin Theresia Oblasser in der Auseinandersetzung mit Emotionen wie Angst, Langeweile oder auch Freude in Verbindung mit Naturbeschreibungen zum Ausdruck kommen, ohne dabei jedoch in kitschige Klischees zu verfallen. Die elektronische Musik mit instrumentalen Elementen von Wolfgang Fuchs lässt genügend Raum, um die Gedichte nachwirken zu lassen und das gesprochene Wort in ein neues, unaufdringliches Licht zu rücken. (dw)