Interview mit Sophie Hassfurther

Anfang des Jahres veröffentlichte Sophie Hassfurther mit „Orient Express“ ihr Debüt-Album, das mit eigenwilligen Kompositionen, ausgeprägter  Spielfreude und jeder Menge improvisatorischem Freiraum zu beeindrucken weiß. Im Interview mit Michael Masen spricht die Saxophonistin sowohl über das Album als auch ihr sonstiges Werken und Wirken.

Anfang des Jahres ist deine Debüt-CD erschienen. Wie war die bisherige Resonanz darauf?
Die Resonanz war eigentlich ganz gut. Ich war in der Jazznacht zu Gast und ich habe auch ein paar Kritiken bekommen, die im Großen und Ganzen sehr positiv waren.

Wie lange hast du an der CD gearbeitet?
Circa ein halbes Jahr. Wir haben die CD Mitte Juni 2009 aufgenommen und dann hat es noch eine Zeit lang gedauert, bis alles gemischt war und wir uns auch um die notwendigen Förderungen kümmern konnten.

Die Kompositionen sind aber schon alle vorher fertig gewesen. Sie stammen auch nur zu einem Teil von mir. Der Rest ist von Oğuz Büyükberber. Das Projekt haben wir irgendwann Anfang 2008 gestartet, als wir beschlossen haben, wieder einmal gemeinsam etwas zu machen. In dieser Zeit sind auch die meisten Kompositionen entstanden.

Ist diese Formation, mit der du jetzt die CD raus gebracht hast, dein „Hauptprojekt“?
Ja, das kann man schon so sagen. Und ich hoffe, dass wir mit dieser Band auch noch viel mehr zum Spielen kommen. Es ist halt logistisch ein wenig schwierig, weil der Oğuz in Istanbul wohnt. Es ist aber auf jeden Fall mein Hauptprojekt. Ansonsten spiele ich noch in Bands von anderen Leuten und habe auch selbst noch ein paar kleinere Formationen, an denen ich mich aktiver beteilige.

Wie bist du überhaupt zur Musik gekommen und dann im Speziellen zum Saxophon?
Musik war irgendwie immer da. Ich habe musikalische Früherziehung genossen und ziemlich lange Querflöte gespielt. Irgendwann wollte ich dann aber etwas Anderes lernen. Die Flöte war mir einfach nicht mehr laut genug. Für mich wäre dann das Schlagzeug in Frage gekommen, aber meine Eltern haben gemeint, dass das wirklich nicht sein müsste. Ich habe mich dann mit dem Saxophon zufrieden gegeben, das mir letztendlich vom Sound her aber sowieso besser gefallen hat. Meine Schwester hingegen hat später dann tatsächlich Schlagzeug gespielt. Sie hat sich offenbar mehr durchsetzen können. Mittlerweile macht sie aber auch schon wieder etwas Anderes.

Saxophon hast du ja auch studiert…
Genau, mit dem Saxophon-Studium habe ich in Wien begonnen. Und dann wollte ich eigentlich nur ein Auslandssemester in Amsterdam machen, bin dann aber irgendwie hängen geblieben und habe schließlich drei Jahre lang dort studiert. Abgeschlossen mit Bachelor und Master habe ich dann allerdings erst wieder in Wien.

Hat es zur deiner CD schon eine Tour gegeben?
Nicht wirklich. Wir haben das Album im Porgy & Bess präsentiert und hatten dann noch einen Anschluss-Gig in Salzburg. Nachdem das alles aber doch relativ kurzfristig war, die CD ist ja erst im Jänner erschienen, hat es noch nicht wirklich die Möglichkeit gegeben, eine großangelegte Tour zu spielen. Ich hoffe aber, das nächstes Frühjahr nachholen zu können.

Sind dafür auch schon wieder neue Sachen geplant, oder hast du dieses Projekt jetzt eher ein wenig zur Seite geschoben, um dich anderen Dingen zu widmen?
Ja, es gibt da verschiedene Sachen, z.B. plant Oğuz jetzt eine etwas größere Formation, ein Nonett oder Tentett. Und dann gibt es noch ein Theaterstück, für das ich die Musik machen werde. Das hat aber auch erst im März Premiere, sodass mir dafür noch ein wenig Zeit bleibt. Und mit der Band will ich jetzt einfach nur mal spielen und dann erst irgendwann später wieder an eine nächste CD denken.

Wird es bei diesem Theaterstück rein komponiertes Material geben, oder wird auch, sozusagen live zum Stück, improvisiert werden?
Das wird alles sehr ineinander übergehen. Es werden auf jeden Fall sowohl komponierte als auch improvisierte Sachen dabei sein. Die Regisseurin hat außerdem vor, dass ich auch szenisch an dem Stück teilnehme. Ich weiß also noch gar nicht genau, worauf ich mich da einlasse.

Lässt du bei deinen Kompositionen generell viele Freiräume für Improvisationen?
Ja, es handelt sich dabei sowieso immer mehr um eine Skizze und das, was dann letztendlich passiert, entsteht ohnehin erst in der Probenzeit oder überhaupt erst direkt beim Konzert. Bei mir ist das alles eher so Arrangement-mäßig festgelegt, also beispielsweise, was in welcher Reihenfolge gespielt wird, als dass es von Anfang bis Ende streng durchkomponiert ist.

Weißt du schon immer beim Arrangieren, mit welchen Leuten du die jeweiligen Stücke umsetzen möchtest?
Ja, meistens schon. Es ist schon eher eine genaue Sound-Vorstellung, aber ob es am Ende dann wirklich genau so klingen wird, wie ich es mir vorgestellt habe, weiß ich natürlich nie. Aber ich versuche schon, immer die Musik für diejenigen Leute zu schreiben, die das dann auch spielen. Wir bewegen uns ja in einem sehr improvisierten Rahmen und wenn man dann nicht schon die Leute im Kopf hat, die das umsetzen werden, so hebt sich das ganze Konzept selbst aus den Angeln. Mit wem man zusammen arbeiten möchte, ist also schon ein sehr wichtiger Gesichtspunkt.

Hat es im Vorfeld der CD Überlegungen gegeben, das Material nicht im Studio aufzunehmen sondern stattdessen einen Live-Mitschnitt zu veröffentlichen?
Es sind sogar zwei Konzerte mitgeschnitten worden. Die Schwierigkeit war nur, dass es bei beiden Konzerten technische Probleme gegeben hat und die Mitschnitte nicht zu verwenden waren. Eine Option wäre gewesen, die Studio- und die Live-Sachen zu mischen, aber man hätte es nie so hinbekommen, dass das alles soundmäßig halbwegs gleich gut klingt. Wir haben im Nexus in Saalfelden aufgenommen und auch noch mal in Hallein. Von der Akustik her war das total ok, aber beim späteren Mix wäre es unmöglich gewesen, das alles gut hinzubekommen.

Das ist auch sehr schade, weil mir manche Stücke wirklich sehr gut gefallen haben. Vielleicht wird es ja beim nächsten Mal etwas. Man muss so was dann halt auch vorher ein wenig besser organisieren. Ich glaube, es liegt auch an der Größe der Bühne. Wenn man auf einer sehr großen Bühne aufnimmt, dann hat man das Problem der Übersprache nicht so stark und weder das Nexus noch die Bühne in Hallein bieten eine optimale Größe.

Sind auf der CD eigentlich alle Stücke gelandet, die du hattest? Wenn nicht, nach welchen Kriterien wurde selektiert?
Das Selektionskriterium war eigentlich die Studiozeit. Alles, was wir geschafft haben aufzunehmen, ist bis auf eine Ausnahme auch auf die CD gekommen.

Sind inzwischen bereits auch wieder neue Sachen entstanden?
Ja. Ich war jetzt gerade erst in Istanbul und habe den Oğuz besucht. Wir haben dort auch drei Konzerte gespielt, aber alles im kleinen Rahmen und mit einer türkischen Rhythmusgruppe, weil die finanziellen Mittel nichts Anderes erlaubt hätten. Aber wir hatten es total lustig und konnten auch viele neue Ideen umsetzen. Auf der CD spielt Oğuz nur Bassklarinette und ich nur Tenor Saxophon. Wir haben jetzt aber auch andere Instrumentenkombinationen ausprobiert, weil er ja verschiedene Sachen spielen kann und ich ebenso. Das neue Material wird auf jeden Fall also mehr in diese Richtung gehen.

Hast du bei deinen Auftritten in der Türkei hinsichtlich der Publikumsreaktionen auf deine Musik Unterschiede zum heimischen Publikum ausmachen können?
Ich glaube, europäisches Jazzpublikum ist europäisches Jazzpublikum. Da gibt es keine großen Unterschiede. In einem Club, der sehr touristisch ist, habe ich schon das Gefühl gehabt, dass die Leute sehr genau zuhören und sehr genau wissen, was passiert. In den anderen beiden Clubs war das Publikum etwas durchwachsen, also nicht so das typische Jazzpublikum, sondern auch Leute, die sich so was einfach mal anschauen wollten. Dort ist es aber auch ganz gut gelaufen.

Gibt es Musiker, mit denen du unbedingt gerne mal zusammen arbeiten möchtest?
Für die CD habe ich mit Wolfgang Reisinger zusammen gearbeitet, nicht unbedingt der schlechteste Schlagzeuger, würde ich jetzt einmal sagen. Insofern bin ich da schon sehr zufrieden. Es gibt natürlich eine Menge Leute, mit denen ich gerne mal spielen möchte, aber so in den letzten paar Jahren waren wirklich schon sehr viele großartige Musiker dabei.

Ich habe vor zwei Jahren etwa mit Peter Herbert das Saalfelden Festival eröffnet, mit einer Formation, wo auch Paul Skrepek am Schlagzeug und Huw Warren am Klavier mit dabei waren. Und David Tronzo hat zudem noch Gitarre gespielt. Das war schon wirklich eine sehr tolle Band. Momentan bin ich mit dem, was ich mache, also voll und ganz zufrieden.

Wenn Wolfgang Reisinger auf deiner CD mitgespielt hat, dann nehme ich mal an, dass diese wahrscheinlich eh in seinem Studio entstanden ist?
Ja, genau. In seinem Studio in Auhof. Das sind zwei Räume und ich war wirklich erstaunt, dass die CD derartig gut klingt. Wir haben ja eigentlich unter widrigsten Umständen aufgenommen. An diesem Tag war es unglaublich heiß, später hatten wir ein Monitoring-Problem und als das dann endlich gelöst war, war es schon ziemlich spät und wir haben die ganze Nacht lang aufgenommen, um doch noch alles unterzubringen, das nur irgendwie unterzubringen war.

Wann kann man dich demnächst wieder mal live hören?
Ich leite mehr oder weniger jede Woche die Session im Coco Club. Da spielen immer verschiedene, spannende Bands und Formationen und ich bin auch fast jedes Mal dort anzutreffen. Die Konzerte gehen aber immer erst so gegen 22:30 Uhr los, also eher eine Late Night Session. Das ist immer irrsinnig gut. Und für Frühjahr 2011 ist natürlich auch eine größere Tour zur CD geplant.

Vielen Dank fürs Interview.

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