Heinrich Deisl, Autor von „Im Puls der Nacht“, einer Anfangs des Jahres erschienenen Soundgeschichte Wiens, sprach mit dem mica über anrüchige Machtpositionen, vermarktbare Subversion, die Erdung im Realen, und warum Wien „dazwischen“ ist. Das Interview führte Markus Deisenberger.
Der Umstand, dass man sich das Schreiben solch eines Buches antut, legt die Vermutung nahe, dass man selbst eine besondere Beziehung zum nächtlichen Geschehen einer Stadt pflegt.
Stimmt. Ich bin schon seit 1996 als Musikjournalist tätig. Um diese Zeit habe ich beim Skug angefangen. Seitdem beschäftige ich mich intensiv mit Phänomenen der Popkultur.
Und was gab den endgültigen Ausschlag, das Buch zu machen?
In den letzten Jahren habe ich mich verstärkt mit Wiener Szenarien beschäftigt. Und dann kamen die Aufträge für eine Studie über Wiener Fortgeh-Locations und über die Wiener Electronica.
Das Buch ist demnach eine Art Spin Off der Studien?
Nein, eher eine Zusammenführung. Wenn man schreibt, ist es ja auch eine durchaus nachvollziehbare Angelegenheit, irgendwann ein Buch zu machen. Genauso wie es für den Musiker logisch ist, irgendwann eine CD aufzunehmen. Für mich war die Möglichkeit, ein Buch zu machen, von Beginn an eine spannende Angelegenheit. Ich habe lange am Projekt gearbeitet und dann im März letzten Jahres ein Grobkonzept erarbeitet. Das Problem: Ich hatte schon ungefähr drei Mal so viel Material wie ursprünglich geplant. Der Verlag meinte dann, entweder solle daraus ein Buch mit 250 oder 400 Seiten Umfang entstehen. 250 erschienen mir zu wenig, 400 zu viel. Da kam mir der Vorschlag des Verlages gelegen, doch drei Bände daraus zu machen.
Und wann werden die nächsten beiden Teile erscheinen?
Das ist der springende Punkt. Teil I erschien Anfang des Jahres. Zu Teil II und III gibt es bereits Vorstudien. Aber die bisherige Produktionsweise – ich habe Teil I komplett in Eigenregie gemacht – lässt sich für die beiden folgenden einfach nicht mehr aufrechterhalten. Ob und unter welchen Umständen die beiden weiteren Teile erscheinen werden, hängt daher von Förderungen ab.
Und wie sehen die Chancen für eine solche aus?
Nun ja, solche Förderungen werden vorrangig in einem wissenschaftlichen Kontext vergeben. Und mein Buch ist nicht rein wissenschaftlich, zumindest nicht in erster Linie. Ich bevorzuge eine Schreibe, die dem „Skug-Stil“ verpflichtet ist. Das heißt, es wird darauf Wert gelegt, dass wissenschaftliche Diskurse und Theorien verortet werden, der Text aber trotzdem auch als eine popjournalistische Schreibe lesbar ist.
Und wieso dieser Spagat?
Weil ich der Meinung bin, dass man sich Pop-Phänomenen zwar wissenschaftlich nähern kann, aber reine Wissenschaftlichkeit zu wenig ist, um sie wirklich zu verstehen. Das, was ich bisher zu diesen Themen las, war größtenteils sehr akademisch, aber von den wirklichen Inhalten weit entfernt. Das heißt, viele Autoren haben unsäglich viel Sekundärliteratur gelesen, aber im Club waren sie noch nie, geschweige denn, dass sie die Platten, über die sie schreiben, auch jemals selber aufgelegt hätten. Was ich immer wieder vermisst habe, ist eine Erdung im Realen. Im Club. Im Konzert. Mit ging es für „Im Puls der Nacht“ um eine Balance. Reine Wissenschaftlichkeit war mir zu wenig. Mit stehen die Leute der Birmingham School of Cultural Studies ja auch näher als so mancher deutscher Kulturtheoretiker. Die Leute, die mich beeinflussten waren eher David Toop, der Ocean of Sound schrieb, oder Greil Marcus. Das ist für mich eine Herangehensweise, die ich persönlich spannend finde.
Die Grundthese der Jugendkultursoziologie, wonach Subkulturen notwendigerweise ein Übergangsstadium zur Erwachsenenwelt seien und über kurz oder lang in die Gesellschaft integriert werden, impliziert immer auch das Werturteil, dass jemand, der sich damit beschäftigt, irgendwo stecken geblieben ist, d.h. eine Art Berufsjugendlicher ist. Ist das vorliegende Werk auch als eine Art Gegenbeweis gedacht? Nach dem Motto: Seht her, man kann sich auch auf solide Art und Weise damit beschäftigen!
Ich will mit der Trilogie zeigen, dass es in Wien schon seit den 1930er Jahren lässige, coole und spannende Musik gab; dass es in Wien vor Falco populäre Musik gab; und dass es mehr gab als elektroakustische und ernste Musik. Was mir als Feedback von den Förderinstituten entgegengebracht wurde, war, dass es wichtig wäre, das Projekt international zu verorten. Das reißt gleich mehrere Problemfelder auf: Wien wird ja nachvollziehbarer Weise immer noch als die Welthauptstadt der Musik wahrgenommen. Eine der Grundthesen von „Impuls der Nacht“ aber ist, dass die beiden Wiener Schulen nach wie vor so stark wahrgenommen werden, dass sie in der internationalen Rezeption die Wiener Populärkultur zudecken.
Andererseits geht es mir auch um einen dezidierten Wien-Anspruch, weil es bislang keine wirkliche Auseinandersetzung damit gab, was in Wien seit den 1950er Jahren an populärer Musik passierte. Es gab zwar einen Sammelband von Walter Gröbchen, aber das ist alles doch schon eine Zeit her.
Interessanterweise ist momentan einiges am Entstehen: Da wäre einmal das Buch von Gröbchen/Miesgang/Stöger, das vor allem die 1970er und 1980er Jahre in thematischen Interviews behandelt. Und Al Bird schreibt gerade an einem Buch über Trash in den 1960er-Jahren. Abgesehen davon gab und gibt es aber keine Auseinandersetzung mit dem, was Wien in einem populärkulturellen Kontext geleistet hat. Es gibt zwar Jazz-Anthologien und Komponisten-Würdigungen, aber darüber hinaus nichts. Warum etwa war The Third Man für Österreich eine so wichtige Angelegenheit? Weil das Dritte Mann-Thema wochenlang in den amerikanischen Billboard-Charts auf Nummer eins war.
Da wären wir bei der Verwaltung des Musikerbes angelangt, worin die Österreicher bekanntlich gut, wenn nicht Weltspitze sind. Bezieht sich diese Verwaltung des Gestrigen nur auf die E-Szene oder ortest Du im Pop Parallelen? Immerhin gibt es seit mehr als zwanzig Jahren die Tendenz, einen zweiten Falco zu suchen, der leider noch nicht aufgetaucht ist und wohl auch nicht auftauchen wird.
Der gesamte Pop-Bereich bekam durch das Eingehen von Vertrieben und Labels wie Ixthulu und Soul Seduction immense Schwierigkeiten. Da gab es große Umwälzungen. Lokales Artist & Repertoire, d.h der Aufbau von Bands findet wenn überhaupt nur noch über die Red Bull Music Academy oder Starmania statt. So etwas wie Nahwuchsförderung ist in Österreich sehr schwach ausgeprägt. Formate wie der mica-Tonbandtest, Local Heroes, Soundpark und dergleichen sind zwar sehr toll, aber auf einen marginalen Kreis beschränkt und werden dementsprechend auch nur marginal rezipiert. Woran es krankt, ist der Anteil an österreichischer Musik in den Medien. Ich will hier nicht der Quote das Wort reden, aber allein, dass es eine Diskussion darüber gibt, ist bezeichnend. Vorhanden wäre ja genug. Das hat viel tiefer liegende Gründe.
Nämlich? Den vielzitierten Minderwertigkeitskomplex?
Das ist eine sehr komplexe Angelegenheit, die sich am einfachsten damit zusammen fassen lässt, dass es einfach kein Vertrauen in österreichische Pop-Produktionen gibt, was geschichtliche Hintergründe hat und in der Außenwahrnehmung begründet ist. Wir hatten nie Krautrockbands wie Can und Neu! oder Kraftwerk, durch die deutsche Musik in der internationalen Wahrnehmung cool wurde. Womit Falco bekannt wurde, war doch das 100%ige Wien-Klischee. Rock me Amadeus!
Früher gab es eine Reihe von Journalisten, die dieses – wie Du es nennst – „coole Wissen“ über Musik vorselektierten. Diese Journalisten gibt es heute nicht mehr. Andererseits findet, schreibst Du, der Pop-Diskurs, nach wie vor in Medien statt, die nur marginal wahrgenommen werden. Ist das eine Art neue Form der elitären Zensur?
Natürlich gab es aufgrund dieses Bedeutungsverlustes eine ziemliche Krise bei den Pop-Schreibern. Chris Duller, der über Jahrzehnte hinweg einer der prägenden Pop-Journalisten des Landes war, meinte im Gespräch mit mir, dass Musikjournalisten damals eine Macht gehabt hätten, die ihm im Nachhinein geradezu anrüchig vorkomme. Der Musikjournalist hat durch Internet und Blogging sehr viel von seiner Definitionsmacht eingebüßt. Musik selbst hat aber auch an Wichtigkeit eingebüßt, indem sie omnipräsent wurde. Dazu kommt, dass der Pop-Diskurs in jenen heimischen Medien, die man am ehesten mit dem deutschen Feuilleton vergleichen kann, äußerst fragwürdig ist. Warum man seit Jahrzehnten keine Bewegung in den Leitmedien zulässt, entzieht sich meiner Kenntnis. Der Diskurs in den öffentlichen Medien ist nach wie vor ziemlich eingeschränkt. Durch Internet und die Aufsplittung haben sich Musikstile auch sehr auseinander dividiert. Einen Journalistentyp, der da wirklich noch den Überblick hätte, gibt es nicht mehr. Demgemäß ist es, um Chris Duller noch einmal zu zitieren, entsprechend schwierig geworden, Leute für etwas Neues zu begeistern. Um als Journalist überlebensfähig zu sein und wenn man eine ernsthafte Pop-Kritik aufrechterhalten möchte, muss man sich ebenso spezialisieren.
Du schreibst, was Wien als Popstadt immer ausgemacht hat, seien die „Stars zum Anfassen“ gewesen. Ist nicht aber genau das auch ein riesiges Problem – dergestalt, dass die Mystifizierung, die der Pop für eine gelungene Inszenierung nun einmal braucht, einfach nicht möglich ist? Liegt nicht darin ein wesentlicher Grund des ständigen Scheiterns?
Diese Frage kann man nur vollends unterschreiben. Die Größe von Wien, die auf eine seltsame Weise sehr viel ermöglicht, aber gleichzeitig auch bedingt, dass man den Leuten, die man tagsüber verehrt, abends über den Weg läuft, führt zu einem sehr freundschaftlichen Nebeneinander. Wien ist genau „dazwischen“. In einer kleineren Stadt funktioniert das ganz anders, weil die mögliche Projektion auf die große, weite Pop-Welt nicht vorhanden ist. Ich selbst komme vom Land Salzburg, da gab es das gar nicht. Wenn ich so etwas wie einen Einblick in die große Pop-Welt haben wollte, musste ich nach München fahren. In den angloamerikanischen Städten konnte sich demgegenüber Pop deshalb so gut konstituieren, weil es die Fluchtmöglichkeit in das Andere, in das Weite gab. Wien ist eine Stadt, die aufgrund der Geschichte für die Größe des Landes eine viel zu große Angelegenheit ist. Und aufgrund des eisernen Vorhanges fand bis 1989 so gut wie kein Transfer statt. Bis dahin war Wien die östlichste Hauptstadt Westeuropas.
Internationale Bewegungen wie Punk immer ein paar Jahre zu spät rezipiert. Gab es denn Dinge, in denen Wien seiner Zeit voraus war?
In der Zeit, die ich betrachtete, nämlich 1955 bis 1976, war Wien in der bildenden Kunst, etwa im frühen Aktionismus, seiner Zeit voraus. In der wirklichen Frühphase war man mit Max Brand und Ernst Krenek auf einem internationalen Niveau. Hellmut Gottwald, der das erste Mischpult für die ELAC adaptierte, baute in den frühen 1960ern frühe Proto-Synthesizer – etwa zur selben Zeit, als Moog mit seinen ersten Synthesizern experimentierte. Gottwalds Akaphon hat sich nur nicht durchgesetzt, steht heute im technischen Museum. Da war man ziemlich weit. Auch wenn es um die Fusion von Literatur und Musik geht, waren die Wiener weit. Autoren der Wiener Gruppe wie Konrad Bayer und H.C Artmann haben sich früh aus dem literarischen Kontext heraus mit den Phänomenen des Pop beschäftigt. Auch weit voraus war Wien mit der von Rolf Schwendter 1959 gegründeten informellen Gruppe, weil das einer der ersten Produktionsorte von coolem Wissen war. da ging es um Basisdemokratie und alternative Kulturkonzepte. Da wurde zwar in erster Linie Jazz gehört, aber es gab eine adäquate Einordnung von Jazz.
Du sprichst in Deinem Buch auch von den Verprofessionalisierungstendenzen, denen sich viele Clubbetreiber irgendwann gegenüber sehen, und den schwierigen Spagat zwischen programmatischem Anspruch und finanziellen Notwendigkeiten. Ebenso werden Bands für die Erschließung vornehmlich jugendlicher Zielgruppen instrumentalisiert. Du bringst in Deinem Buch diesbezüglich ein Zitat von Electric Indigo, in dem sie den Mangel an Grauzonen bzw. autonomen Zonen beklagt, in denen Neues entstehen könne. Wo findet denn überhaupt heute noch Underground statt und inwiefern unterscheidet sich das von früher?
(lacht) Die Frage nach dem Underground… Gibt es denn so etwas wie einen Underground überhaupt noch? Seit dem 1996 erschienen Buch „Mainstream der Minderheiten“ ist im Jahr 2013 die Debatte zwischen Mainstream und Underground so nicht mehr zu führen. Das Konzept des Underground lehnt sich sehr an die Zeiten der klassischen Pop-Musik an. Und Underground wurde a priori immer zugeschrieben, anders und umstürzlerisch zu sein, einen gesellschaftssubversiven Impetus zu haben. Heutzutage müsste man sich auf der Suche nach Underground am ehesten fragen, wo noch politisch Subversives in einem populärkulturellen Kontext stattfindet. Und da ist die Luft dünn. 2000 bis 2003 etwa, während der Regierungsbeteiligung der FPÖ, gab es Soundpolitisierung, Volkstanz.net, Donnerstags-Demos, aber verglichen mit der Zeit des Aktionismus etwas muss man feststellen, dass die Auseinandersetzung mit dem politischen Phänomen bei weitem keinen so gesellschaftliche Detonation erzeugt hat wie damals.
Wieso?
Weil wir uns in einem neoliberalen System bewegen, in dem Subversion nur dann eine Chance hat, wenn sie sich auch ökonomisch gut vermarkten lässt. Sie begegnet einem permanent. Nichts kann so widerständig sein, dass es nicht auf irgendeine Art und Weise eingemeindet werden könnte. Underground passiert daher sicher nicht mehr nur in den Bereichen, die früher traditionell den Kulturarbeitern zugebilligt wurden. Denn durch die Creative Industries haben auch viele ökonomisch denkende Menschen das Prinzip Pop für sich entdeckt. Vielleicht ist heute Underground schlicht und ergreifend die Möglichkeit, über einen längeren Zeitraum hinweg genau das zu machen, was man auch wirklich machen will. Ob Flex ob Fluc: Alles, was aus seiner sehr künstlerischen Perspektive begann, hat sich irgendwann professionalisiert, was immer Kommerzialisierungs-Vorwürfe nach sich zog. Andererseits gilt es halt auch, den Betrieb aufrechtzuerhalten. Und das ist oft schwierig genug.
Und wie könnte Protestmusik 2013 klingen?
Gute Frage. Vor gut einem Jahr schrieb ich einen Text über Musikprotest. Zur Recherche begab ich mich unter anderem auch ins EKH und in die Punkerhüttn. Was mich zum Nachdenken brachte war, dass die Leute dort nicht nur genauso aussahen wie ich vor zwanzig Jahren, sie hörten auch die selbe Musik gehört wie damals: The Expoited und Dead Kennedys. Der einzige Unterschied war, dass die Musik nicht von Tape, sondern von WinAmp kam. Mit meiner Frage, was Protestmusik im Jahr 2012 sein könnte, habe ich mich dann ziemlich in die Nesseln gesetzt. Da schlugen mir Unverständnis und Ablehnung entgegen. Erstaunlich war für mich, dass man in diesen Kreisen nach wie vor überhaupt nichts mit elektronischer Musik anfangen kann. Dieser Punk-Generation geht es nach wie vor um das Wahre, Echte und Authentische. Und das ist die (mehr als 30 Jahre alte) Musik aus der damaligen Zeit. Da ist unfassbar rückwärtsgewandt.
Welche Rolle nimmt Qualtinger in der österreichischen Pop-Geschichte ein? Ist er tatsächlich eine Art Vorreiter österreichischer Popkultur?
Jein. Es gibt diesen berühmten Aufsatz von Wolfgang Kos, in dem er konstatiert, dass der Bundesbahn-Blues von Qualtinger und Bronner die Pop-Kultur in gewissem Maße vorweggenommen habe, weil es darin um das Sehnen nach dem Großen und Weiten gehe. Das ist ein Statement, das ich durchaus nachvollziehen kann.
Qualtinger war ohne Frage ein Ermöglicher. Wenn man sich die staatlich kanonisierten Abhandlungen über Austro-Pop anschaut, wird immer auch auf Qualtinger verweisen, weil er das Wienerlied aktualisierte. Spannend ist aber doch, dass es keine Auseinandersetzung mit ihm im Pop-Kontext gab. Warum gibt es keine aktuelle Version des Bundesbahn-Blues? Warum gibt es kein Album, das sich explizit auf den Herrn Karl bezieht?
Warum nicht?
Weil Qualtinger zu viel Kabarett und zu viel „Staatskünstler“ war. Die eigentliche Wichtigkeit von Herrn Karl etwa wurde von diesem Klischee auch zu sehr zugedeckt. Dadurch ist das Subversive nur sehr sporadisch in den Pop-Kontext vorgedrungen. Schade ist, dass sich Qualtinger später auch gegen sämtliche Pop-Avancen wehrte. Was wäre gewesen, hätte Qualtinger mit Al Cook zusammengearbeitet? Da wären Volkslied und Blues aufeinandergetroffen und hätten eine vielleicht explosive Mischung ergeben.
Eine abschließende Frage noch: Warum sollte sich jemand, der sich für Pop interessiert, auch mit dem Weißen Rössl auseinandersetzen?
Weil anhand dieses Beispiels offensichtlich wird, wie die Verdrängungskultur der Nach-Nazi-Zeit funktionierte, wie groß und gründlich das Saubermachen war. Wenn man sich die alten Tondokumente anhört und dann den Film ansieht, bemerkt man eine Glättung, ja eine Skelettierung, die nur schwer zu begreifen ist. Alles was anstößig, großstädtisch und „gay“ war, wurde gestrichen. Was blieb war eine harmlose, lustige Schlagerparade. Das weiße Rössl isteht für die perfide Verdrängungskultur, der man sich damals gegenüber sah.
Vielen Dank für das Gespräch.
Heinrich Deisl: “Im Puls der Nacht. Sub- und Populärkultur in Wien 1955-1976”, Wien, Turia + Kant 2013, 240 S., € 24,-
ISBN 978-3-85132-685-7
Das Buch steht auch in der Bibliothek von mica – music austria!
http://www.turia.at/titel/deisl.html