mica-Interview mit MAUR DUE & LICHTER

MAUR DUE & LICHTER haben auf ihrem ersten Album „Another Day“ Singer- Songwriter Qualitäten bewiesen, die von Musikkritikern nicht ungelobt blieben. Mit ihrer neuen LP „This Night Was Meant To Stay“ hat das Deutsch-Österreichische Duo einen ganz anderen Weg eingeschlagen. Die Gitarren sind elektronischen Klängen gewichen, die trotzdem nicht nur oberflächlich dahinplätschern. Mauricio Duda und Daniel Lichter sprachen mit Anne-Marie Darok über ihre Liebe zu The Notwist, ihrem Konzeptalbum und dem kleinen Inserat, das ihr Leben veränderte.

Wie hat euer gemeinsames Projekt begonnen? Fangen wir mit dem Kennenlernen an!
Daniel: Ich war frisch aus München nach Wien gekommen und habe im Internet auf einer winzigen Musikseite inseriert.
Mauricio: Ja, genau. In deinem Inserat stand, dass du einen interessierten Musiker suchst, der sich für die Musik von etwa The Whitest Boy Alive und The Notwist begeistert. Das war für mich genau richtig.
Daniel: Zuerst ist die ganze Sache sehr langsam angelaufen. Wir haben uns ja erst kennengelernt, und noch nicht so oft getroffen. Nach mehrmaligem gemeinsamen Jammen, haben wir uns dann angefreundet.
Mauricio: Natürlich ist das am Anfang schwer, vor allem beim Songtext Schreiben, denn man kennt sich noch nicht so gut und solche Texte können dann schon sehr persönlich sein.

Habt ihr vor MAUR DUE & LICHTER schon Musik gemacht?
Daniel: Ja, ich habe in München in einer Band gespielt, aber das war sehr amateurhaft. Wir haben The Notwist sehr bewundert, und wollten somit auch eine ausbalancierte Mischung aus elektronischen Klängen und E-Gitarren hinkriegen. Leider ist uns das nicht gelungen, denn so gut kannten wir uns mit der Musikproduktion nicht aus.
Mauricio: Ich konnte zwar Gitarre spielen habe, aber in keiner Band gespielt. Da hat mir Daniels Erfahrung am Anfang sehr geholfen. Im Endeffekt sind wir beide gemeinsam in unsere Musik reingewachsen.

Zwischen der ersten LP „Another Day“ und „This Night Was Meant To Stay“ ist zwar nicht so viel Zeit vergangen, aber es hat sich umso mehr in Punkto Stil getan. Wie habt ihr zu eurer „neuen“ Musik gefunden?
Mauricio: Es war so, dass wir die Gitarren mit der elektronischen Musik verbinden wollten. Wir wollten das Publikum ja eher zum Tanzen bringen, als dass sie auf die Bühne schauen, und im Nachhinein meinen wie wundervoll und schön das Konzert war. Wir wollten sie mitreißen und selber mit unserer Musik mitgehen, und da wussten wir, dass auch die Platte ein bisschen tanzbarer werden muss. Wir hatten auch recht früh ein Konzept für die Platte: Es sollte ein chronologischer Ablauf einer Nacht in Wien sein.

Wie seid ihr auf das Konzept gekommen?
Daniel: Man hat ja immer ein paar Songs, die herumliegen und es nicht auf die erste Platte geschafft haben, oder die in der Zwischenzeit entstanden sind. Wir haben darin einen roten Faden entdeckt, den man auch raushören konnte. Was wir dann noch brauchten waren ein-zwei Lückenfüller.

Ist „This Night Was Meant To Stay„ ein „Kopfalbum“, also habt ihr viel über die Arrangements nachgedacht, oder haben sie sich von allein in eine bestimmte Richtung entwickelt?

Mauricio: Wir finden, dass wir recht gut darin sind, Stimmungen aufzunehmen und zu vertonen. Und weil wir schon dieses Konzept hatten, das aus elf unterschiedlichen Parts besteht, wussten wir welche Gefühle in den einzelnen Songs eine Rolle spielen sollten. Deswegen kann man sagen, dass es teils auf Emotionen, teils auf dem Konzept basiert.

Findet ihr, dass man Emotionen besser durch akustische oder elektronische Musik übertragen kann? Oder spricht Musik eine universale Gefühlssprache?
Daniel: Wenn die Musik gut ist, geht es bei beiden Richtungen. Aber für uns ist der Gipfelpunkt das Zusammentreffen vom Elektronischen und dem Akustischen, anders gesagt die Verschmelzung von Track und Song. Deswegen sind Indietronic, und das Album „Neon Golden“ von The Notwist  besonders inspirierend für uns. Da sind dann Klänge, die man keinem Instrument zuordnen kann, wo man sich überlegt, ob das noch ein Synthie oder doch ein Cello ist.
Mauricio: Vor allem die Harmoniebögen, die man in einen Song hineinbringt, machen sehr viel aus. Mit denen kann man sich je nach Stimmung austoben.

Wie wichtig sind euch Songtexte?
Daniel: Das ist von Song zu Song sehr unterschiedlich. Die Songtexte kommen durch die Leute zum Vorschein, die sich wirklich darauf konzentrieren. Man weiß eben, dass es wirklich Leute gibt, die sich damit beschäftigen, was die Lyrics noch persönlicher macht.
Mauricio: Im Grunde ist es ein starker Song, wenn er nach dem ersten Mal Hören hängenbleibt. Natürlich gibt es auch „Grower“, aber die große Masse lässt sich da nicht so Zeit, dem Song eine Chance zu geben. Da nehmen das Lautmalerische und die Rhythmik eine wichtige Rolle ein, schließlich ist es ein Unterschied wenn eine Zeile auf „-er“ oder „-a“ endet.

Auf euer erstes Video von „Never Found A Way“ soll nun die Visualisierung von „Bright Lights Big City“ folgen. Wie läuft die Produktion?
Mauricio: In unserem Konzept ist dieser Part jener, in dem die Hauptperson mit seiner Freundesgruppe einen Streit hat. Vor allem mit einem bestimmten Freund, der ein richtiges „Trouble-Kid“ ist, fetzt er sich. Schließlich sagt sich die Hauptfigur los von alldem und so beginnt die Odyssee durch die Nacht in Wien. Auf das Video war dieses Konzept nicht ganz übertragbar, weil das noch zur ursprünglichen Idee gehörte, das ganze Album zu verfilmen. Leider passte das nicht ganz ins Budget. Außerdem wäre der perfekte Zeitpunkt der Veröffentlichung gleichzeitig mit dem Album gewesen, und da wir schon die Produktion des Albums beschleunigen mussten, wäre sich das nie ausgegangen.
Das neue Konzept dreht sich nun um ein Anfang-30-Pärchen, die nebeneinander im Bett liegen, bis der Mann aufwacht. Da er keine Zigaretten in der Wohnung findet muss er hinausgehen, und kommt so an einem Schaufenster vorbei, wo eine Poletänzerin tanzt. Es gibt zwischen ihnen zwar Augenkontakt, doch es ist natürlich alles in seiner Fantasie. Im Endeffekt legt er sich wieder zu seiner Freundin, und zieht ihr die Schlafmaske herunter um sie im Geiste zu betrügen. Es ist ein moralischer Clip, in dem man sich nicht ganz sicher ist, ob er das Richtige getan hat, oder nicht.

Wie wichtig ist euch ein Video um eure Musik zu visualisieren?
Daniel: Heutzutage ist ein Musikvideo sehr wichtig, erstens um die Platte abzurunden und natürlich um Öffentlichkeit herzustellen. Man muss aber auch sagen, dass es auf unserem jetzigen finanziellen Level unmöglich ist, uns zufrieden zu stellen.

Seid ihr Perfektionisten?
Mauricio: Ja, leider.
Daniel: Warum leider? Das treibt einen ja auch an!
Mauricio: Es ist auf jeden Fall Segen und Fluch gleichzeitig. Selbst mit dem Album sind wir nicht hundertprozentig zufrieden, denn wenn wir vor der Sommerpause noch zwei Wochen länger Zeit gehabt hätten, würde das Album wieder ganz anders klingen. Auf der anderen Seite ist es gut, wenn man Deadlines hat, weil man dann gezwungen ist einen Schlussstrich zu ziehen.
Daniel: Unsere Sachen hören sich live ja auch komplett anders an, weil wir sie verbessern und neu interpretieren wollen. Wir finden immer neue Elemente, die es sich lohnt zu verändern.

Seid ihr Live-Musiker oder eher fürs Studio zu haben?
Daniel: Wir sind eigentlich eher die Tüftler.
Mauricio: Das war ja auch das Problem mit dem ersten Album, das live aufgrund der einzelnen Stimmungen und den 60-70 Tonspuren nicht umsetzbar war. Wir haben das drei-viermal versucht mit Hilfe von Playback aufzuführen, aber das ist natürlich sehr steif, weil der Computer passt sich dem Tempo der Musiker ja nicht an.
Daniel: Man konnte einfach zu wenig steuern. Deswegen haben wir auch entschieden, das zweite Album knackiger und kompakter zu gestalten, damit man live mehr selber steuern kann. Die Gitarren sind zurzeit komplett weg; wir stehen zu zweit mit Controllern und einem Mikro da, und das macht die ganze Sache dynamischer. Im Live-Set kann ein Song viel länger werden, als auf dem Album, weil wir gerne improvisieren.
Mauricio: Der Daniel hat das recht gut formuliert: Wir sind nicht mehr am Arrangieren, sondern am Dirigieren. Man reagiert auf die Stimmung des Publikums und geht auf diese ein.

Ihr habt auf eurer Homepage einige Remixes, unter anderem von Bon Iver und Metric. Wonach sucht ihr die Songs aus, die ihr überarbeiten wollt?
Daniel: Es ist oft so, dass man als Musiker einen Song hört und dabei Dinge vervollständigt. Man singt zum Beispiel eine zweite Stimme dazu oder erweitert die Melodie. Wenn man damit anfängt diese Dinge zu vervollständigen, merkt man, dass sie Potenzial für einen selbst haben.
Mauricio: Wir haben viele Remixes gemacht, wo die Anfragen vom Label kamen. Bei den großen Bands ist es oft so, dass es Remix-Contests gibt.

Wie würdet ihr die Vor- und Nachteile des österreichischen Musikbusiness beurteilen?
Daniel: Die Vorteile sind auf jeden Fall die guten Förderungen, auch wenn der ORF jetzt nicht so das gute Beispiel dafür ist. Obwohl wir mitbekommen haben, dass es eine sehr kompakte Szene ist, waren wir selber noch nicht so wirklich drin. Wir haben immer für uns im Elfenbeinturm getüftelt und sind mit dem fertigen Produkt hinausgetreten.
Mauricio: Bei vielen Bands gibt es starke Kontakte untereinander, weil die Musiker von der einen in eine andere wechseln. Diese Art von Vernetzung hätten wir auch gerne, aber wo siedelt man uns an? Sind wir Elektro, Pop oder doch Techno? Es ist schwer zu sagen, weil es auch keine vergleichbaren Bands in Österreich gibt. Natürlich streifen uns manche, aber wir stehen ziemlich zwischen den Musikstilen.

Was sind eure nächsten Schritte? Habt ihr größere Tourpläne?
Mauricio: Es wird wahrscheinlich Anfang Oktober eine Österreich Tour geben. Die genaueren Termine stehen noch nicht fest, aber es werden sechs bis sieben Konzerte sein. Wir sind ja noch nie westlicher gekommen als Oberösterreich und da wäre es schön, auch mal in Tirol oder Vorarlberg zu spielen.

 Fotos: Hannes Friesenegger/Christoph Thorwartl/Laura Amann

 

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