Ikonen – das Klangforum im Konzerthaus

War Neue Musik lange Zeit gewissermaßen mit Nischendasein gleichzusetzen, trägt das Klangforum Wien mit eben so viel künstlerischer Qualität wie Entschlossenheit zur Ablegung dieses unbefriedigenden Nimbus bei. Dank der vielfältigen Programme mit Garantie für instrumentale Höchstleistungen gepaart mit musikalischer Brillanz stiegen die Besucherzahlen des 1985 gegründeten Solistenensembles kontinuierlich, bis der alljährliche Zyklus im Konzerthaus in der letzten Saison so rasch ausverkauft war, dass auf die Schnelle ein weiterer organisiert wurde, um dem Publikumsansturm gerecht zu werden. Dieser seltenen Erfolgsgeschichte der Neuen Musik entsprechend widmet sich der basisdemokratisch organisierte Klangkörper in seiner heurigen Konzertserie dem Thema Ikonen und greift – selbst schon nicht mehr aus der Szene wegzudenken – wesentliche Stationen der Neuen Musik heraus. Mit dem Konzert bereits ausverkauften Konzert am 15. Februar im Wiener Konzerthaus begibt sich das Klangforum (neben Aufführungen von Pierre Boulez und Morton Feldman) auf die Spur aktueller Werke herausragender österreichischer KomponistInnen: Friedrich Cerha, Beat Furrer und Olga Neuwirth.

Interessierten Besuchern sei gewünscht, dass sie noch eine der raren Restkarten ergattern. Wem aber auch da kein Glück beschieden ist, sei auf eine Aufnahme verwiesen, die zumindest von einem der drei Werke zu erstehen ist. So hat Kairos zum 85. Geburtstag von Friedrich Cerha eine Reihe mit Werken des Ehrenmitgliedes des Klangforum gestartet. Darunter findet sich auch “Bruchstück, geträumt” (2009) – ein zart schwebendes Flirren leitet das Werk kaum merklich ein und nimmt langsam an Intensität zu. Doch der scheinbar zeitlose Zustand wird von glockenähnlichen Schlägen kontrastiert, die die Vergänglichkeit des Seins in Erinnerung rufen. Mit Elementen wie diesen, die bereits seit langem aus seinen Arbeiten bekannt sind, findet Cerha einen immer noch frischen Weg, indem er sie in einem steten Spannungsbogen facettenreich miteinander verflechtet. Und auch der Titel kommt nicht von ungefähr, meint Cerha doch, dass er in den letzten Jahren seine Werke am besten in einem Zustand kurz nach dem Aufstehen, irgendwo zwischen Träumen und Wachen schafft.

Eine Hommage bringt das Spezialensemble auch an Beat Furrer, der das Ensemble 1985 gründete und es gelegentlich auch dirigiert. In “Time Out” (1995) pendelt er zwischen den Polen von Veränderung und Entwicklung, von zielgerichteten Prozessen und deren plötzlicher Unterbrechung. Und nicht zuletzt bringt das Klangforum das Trompetenkonzert “… miramondo multiplo …” (2006) von Olga Neuwirth zur Aufführung. Zum Soloinstrument hat die Komponistin eine besondere Beziehung, denn bis zu einem folgenschweren Autounfall widmete sich selbst dem Erlernen des Blechblasinstrumentes. Mit zahlreichen Verweisen auf die Musikgeschichte von Händel und Mahler bis hin zu Berg und auch jazzige Noten, die Neuwirth in die Komposition einbringt, verweist sie auf zahlreiche Ikonen der Musikgeschichte, wodurch das Werk dem Titel des Zyklus in mehrfacher Weise gerecht wird. (dw)

Foto: Lukas Beck

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