Bisher war PORTRAIT OF TAO, alias Fabian Holoubek, vor allem in der zweiten Reihe als Session- und Live-Musiker tätig. In dieser Rolle arbeitete er mit namhaften österreichischen Künstler:innen wie LEMO, Thorsteinn Einarsson oder Ina Regen zusammen. Nun hat er jedoch den Schritt ins Rampenlicht gewagt und im Februar 2025 sein erstes eigenes, selbstbetiteltes Album „Portrait of Tao” veröffentlicht. Im Interview mit Ylva Hintersteiner spricht PORTRAIT OF TAO über den Unterschied zwischen seiner Rolle als Singer-Songwriter und der des Sessionmusikers. Er erzählt, wie stark ihn die Menschen in seinem Umfeld beim Songwriting beeinflussen – und wie für ihn das Reisen schon mit einer kurzen Busfahrt durch Wien beginnt.
Du bist 34 Jahre alt und hast aber bereits mehr als zwei Jahrzehnte Bühnenerfahrung. Eigentlich hast du mehr Zeit deines Lebens damit verbracht, Musik zu machen, als ohne – woher kommt die Begeisterung für Musik?
Portrait of Tao: Bei mir war das unvermeidlich, weil meine Brüder, Eltern und Großeltern alle Künstler:innen waren – entweder bildnerisch oder musikalisch. Meine Oma war eine hervorragende klassische Gitarristin, meine Mutter Blockflötistin und ebenfalls Gitarristin, aber immer eher von der klassischen Seite her. Mein Papa war der Rockmusiker, der als Straßenmusiker durch Europa gezogen ist, um Geld zu verdienen. So kam es zu dieser perfekten Fusion aus Klassik und Pop-/Rockmusik. Meine Brüder und ich durften damit aufwachsen. Sie sind um einiges älter als ich, daher bin ich eigentlich schon auf Bühnen aufgewachsen. Ich bin im Backstage-Bereich eingeschlafen, während sie ihre Konzerte gespielt haben, und war von klein auf immer dabei. Meine Schwester und ich, die Nachzügler:innen, durften das Ganze aufsaugen. Ich bin sehr froh, aus einer Künstlerfamilie zu stammen – auch wenn sich meine Mama manchmal doch einen Arzt oder Rechtsanwalt gewünscht hätte (lacht).
Hast du dann eigentlich eine klassische Musikschulausbildung oder alles von zu Hause mitbekommen?
Portrait of Tao: Eigentlich eine gute Mischung aus beidem. Ich war lange in der Musikschule und hatte dort auch einen großartigen Lehrer. Mit fünfzehn wurde ich dann ans Konservatorium geschickt, aber das war nicht mehr das Richtige für mich – dort habe ich nicht mehr wirklich etwas dazugelernt. Aber dadurch, dass ich in vielen Bands gespielt und regelmäßig an verschiedenen Sommercamps teilgenommen habe, konnte ich das Wichtigste dort lernen. Ich habe zum Beispiel auch die Aufnahmeprüfung an der Uni nicht geschafft. Mit dem Notenlesen tue ich mir ein bisschen schwer – das ist einfach nicht mein Zugang zur Musik. Bei mir läuft vieles übers Gehör. Im Nachhinein bin ich aber sehr froh, dass ich die Aufnahme nicht geschafft habe, weil sich dadurch andere Möglichkeiten für mich eröffnet haben.
Was sind deine Instrumente? Gibt es noch etwas, dass du gerne lernen würdest?
Portrait of Tao: Am liebsten würde ich eigentlich alles lernen. Aber am meisten zu Hause bin ich auf Saiteninstrumenten. Angefangen habe ich mit klassischer Gitarre, und mit neun Jahren habe ich meinen ersten E-Bass bekommen. Der wurde dann auch ziemlich schnell zu meinem Hauptinstrument. Trotzdem habe ich immer weiter Gitarre gespielt und auch auf der Gitarre Songs geschrieben. Mit der Zeit hat sich das dann erweitert: Ich spiele sehr gerne Ukulele und kleinere Gitarren – ich habe zum Beispiel eine albanische, zweisaitige Çiftelia. Und ich möchte unbedingt einmal eine türkische Saz besitzen. Außerdem spiele ich extrem gern Schlagzeug und Keys – eigentlich alles Mögliche. Besonders interessieren mich aber weltliche Instrumente, weil ich überwiegend Musik aus aller Welt höre, und da kommen so viele spannende Instrumente zum Einsatz.
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Du bist unter anderem als Studiomusiker tätig. Was macht diese Rolle aus – und wie wird man eigentlich Studio- bzw. Sessionmusiker?
Portrait of Tao: Die ersten Anfänge hatte ich bei meinem ältesten Bruder. Wir hatten immer schon ein Tonstudio im Haus, und mit zwölf Jahren habe ich dort meine ersten Sachen eingespielt – die waren vielleicht noch nicht so wichtig (lacht). Das Ganze ist nach und nach gewachsen und hat sich ziemlich parallel zum Live-Spielen entwickelt. 2009 bin ich zu einer steirischen Pop-Band dazugestoßen – das war für mich der Einstieg in diese ganze Szene.
Vieles hat sich dann durch Mundpropaganda ergeben: dass ich mal hier etwas eingespielt oder dort ausgeholfen habe. So kam es auch dazu, dass ich die erste Single von LEMO einspielen durfte. Es gehört schon ein bisschen Glück dazu – und natürlich muss man zur Musik passen. Ich bin sehr froh, dass ich das eine oder andere beitragen konnte.
Kommen wir zu deinem aktuellen Projekt. Wo sind für dich die größten Unterschiede zwischen der Rolle als Sessionmusiker und Singer-Songwriters?
Portrait of Tao: Es ist zum ersten Mal so, dass ich wirklich alles genau so ausdrücken kann, wie ich es möchte – bis ins kleinste Detail. Sonst bin ich Teil eines Projekts, bei dem es oft schon bestimmte Vorgaben gibt. Jetzt konnte ich wirklich meine eigene Welt gestalten. Natürlich mit Unterstützung – ich habe einige befreundete Musiker:innen eingeladen, die am Album mitgewirkt haben. Den größten Anteil hatte auf jeden Fall Niklas Apfel, mit dem ich das Album produziert habe. Er hat viel eingespielt und auch ordentlich seinen Senf dazugegeben. Die Zusammenarbeit mit ihm war für mich ein schönes Lernen.
„Aber ich merke auch, dass da nicht nur mehr der Bassist ist, sondern ich schon das Gefühl habe, dass ich gerne meine Musik nach außen tragen würde.”
Ändert sich auch deine Rolle auf der Bühne?
Portrait of Tao: Ja, irgendwie schon. Es sind irgendwie zwei Personas – und gleichzeitig auch nicht. Ich habe das zuletzt auf der Tour mit Thorsteinn Einarsson gemerkt. Da bin ich als Bassist in der zweiten Reihe unterwegs und fühle mich in dieser Rolle auch sehr wohl. Aber ich merke zunehmend, dass da mehr in mir steckt – dass ich gerne meine eigene Musik nach außen tragen möchte. Ich bekomme da auch volle Unterstützung von all den Leuten, mit denen ich spielen darf. Es ist schön zu sehen, dass sie mich nicht nur als Bassist wahrnehmen, sondern auch anerkennen, dass ich mehr kann.
Hast du immer schon gesungen? Also war es leicht für dich, deine Stimme zu finden?
Portrait of Tao: Das war auf jeden Fall ein Prozess. Ich habe zwar immer schon gesungen und hatte früher auch – wie gefühlt jede:r damals – eine Pop-Punk-Band (lacht). Da habe ich aber zwei Oktaven höher gesungen. Es war eine coole Zeit, hat Spaß gemacht, aber parallel dazu habe ich ganz andere Songs geschrieben – die kamen schon immer eher aus der Singer-Songwriter-Ecke. Eine große Inspiration war für mich sicher die Serie O.C., California – ich habe sie geliebt, vor allem wegen der Musik. Diese Indie-Bubble hat mich total fasziniert. Mit der Zeit hat sich meine Stimme dann immer mehr den Songs angepasst – in einem Rahmen, in dem ich mich wohlfühle. Nicht mehr so unter Druck wie in der Punk-Band, wo ich eigentlich jemanden imitiert habe und es nicht wirklich ich war. So war es dann ein ganz natürlicher Prozess, meine eigene Stimme zu finden.
„Auf persönlicher Ebene sind sicherlich meine Brüder die größten Einflüsse.”
Hat es musikalische Einflüsse gegeben, die dich für das Album inspiriert haben?
Portrait of Tao: Ja, auf jeden Fall. J.J. Cale steht da ganz weit oben auf der Liste. Auch die Dire Straits, Sting, José González sowie Simon & Garfunkel haben mich stark geprägt. Bei den weiblichen Künstlerinnen kommt viel aus der Country-Ecke – Shania Twain und The Chicks gehören da definitiv dazu. Dieses Gefühl, diesen Vibe, möchte ich auch immer mehr in meine eigenen Songs einfließen lassen. Auf persönlicher Ebene sind aber sicherlich meine Brüder meine größten Einflüsse – die Art, wie sie Musik machen. Sie sind bis heute große Vorbilder für mich.
Wie arbeitest du an deinen Songs – gibt es zuerst eine Melodie oder den Text?
Portrait of Tao: Bei mir ist immer zuerst die Musik da. Natürlich hat man manchmal Textfetzen im Kopf, aber grundsätzlich beginnt es bei mir mit dem Klang. Je nachdem, in welcher Stimmung ich gerade bin, entsteht auch der Song in dieser Stimmung – das passiert ziemlich intuitiv, ich kann das gar nicht wirklich steuern. Es gibt zwar auch kleinere, fiktive Geschichten, bei denen man ein bisschen eine eigene Welt erfindet, aber der Großteil meiner Songs ist autobiografisch und erzählt zum Beispiel von früheren Erlebnissen. Meistens beginnt es damit, dass ich auf der Gitarre oder einem anderen Instrument etwas erschaffe – erst dann kann ich anfangen, einen Text zu schreiben. Das fällt mir noch ein wenig schwer, aber ich finde es zunehmend spannend, daran zu arbeiten, und möchte mich in diesem Bereich weiterentwickeln.
Wie ist es zum Namen „Projekt of Tao“ gekommen?
Portrait of Tao: Ich habe früher schon einmal unter dem Namen Tao Musik veröffentlicht. Damals bin ich sehr in den Daoismus eingetaucht und habe mich intensiv damit beschäftigt. Bis heute sind die daoistischen Prinzipien für mich eine Art Lebensleitfaden. Tao hatte für mich außerdem noch eine zusätzliche Bedeutung: „Tree and Ocean“. Allerdings empfand ich den Namen Tao allein irgendwann als zu nichtssagend.
Das Portrait kam dann durch einen Besuch im Picasso-Museum in Barcelona. Dort hängen viele Gemälde und Porträts an den Wänden – oft von unbekannten Menschen. Auf den kleinen Plaketten daneben steht dann häufig Portrait of an Unknown Man. Das hat mich als Bandname sehr angesprochen. Viele meinten allerdings, dass das zu lang sei. So kam mir die Idee, beide Begriffe zu kombinieren. Zwischendurch gab es noch ein paar andere Namensideen, aber letztlich bin ich bei Portrait of Tao gelandet – und sehr glücklich damit.
„Es geht viel darum eine Balance im Leben zu finden und das war mir auch wichtig in meiner Musik diese Balance wiederzugeben.”
Wie bist du konkret auf den Daoismus gekommen?
Portrait of Tao: Genau kann ich das gar nicht sagen. Buddhismus und andere asiatische Philosophien haben mich schon lange begleitet, auch wegen meinem ältesten Bruder, der inzwischen praktizierender Buddhist ist. Viele von meinen Freund:innen gehören unterschiedlichsten Glaubensrichtungen an. Aber ich konnte mich nie wirklich mit einer so richtig identifizieren. Der Daoismus ist in diesem Sinne keine Religion, sondern eher eine Sammlung von Lebensphilosophien, die auf Lao-Tse zurückgehen. Es geht dabei vor allem darum, eine Balance im Leben zu finden – und genau das war mir auch in meiner Musik wichtig: diese Ausgewogenheit widerzuspiegeln. Nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig.
Das Musikvideo zu „Back and Forth“ wurde in Vietnam gedreht und ist, wie ich finde, sehr schön geworden. Wie ist es dazu gekommen?
Portrait of Tao: Stress pur (lacht). Ich war mit meinen engsten Freunden einen Monat lang in Vietnam unterwegs, und ich wusste eigentlich schon vom ersten Tag an, dass ich ein Musikvideo drehen sollte. Denn als ich zurückkomme, würde die allererste Single schon veröffentlicht werden. Es war dann auch sehr emotional. Wir standen eines Abends gemeinsam auf einem Hausdach in Hanoi, hörten den Song und schauten in Stille über die Stadt. Das war ein unglaublich schöner, inniger Moment, weil die Geschichte des Songs auch ein Stück weit unsere Reise widerspiegelt.
Die meisten Szenen waren nicht inszeniert – abgesehen von mir, wie ich auf dem Dach herumlaufe. Der Rest war einfach unsere Reise, die wir festgehalten haben. Es hat gut die Suche nach einem Zuhause widergespiegelt, die im Song thematisiert wird. Ich habe das Lied 2015 bei meinem Bruder in Berlin geschrieben, und zu dieser Zeit hat mich die Frage, wohin ich eigentlich will, sehr beschäftigt. Am Ende waren es genau dieselben Freunde, zu denen ich wieder zurückgekehrt bin. Umso schöner, dass dieses Video für genau diesen Song mit diesen Freunden in Vietnam entstanden ist.
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Generell spielt Reisen eine wiederkehrende Rolle auf dem Album, etwa in „Tokyo“, aber auch in „Back and Forth“ – reist du gerne?
Portrait of Tao: Ja, sehr, sehr gerne. Ich habe es mir auch gerade gedacht – auf dem Weg zum Interview war ich mit dem Bus unterwegs und war irgendwie auch ein Stück weit auf Reisen. Ich habe Musik aus verschiedenen Ländern gehört und sofort ein bisschen ein Gespür für diese Länder bekommen. Es fühlt sich an, als wäre ich ein kleines Stück dorthin gereist. Es ist schön, solche Momente im Alltag zu erleben. Aber im besten Fall reise ich tatsächlich in die Länder und lerne neue Kulturen kennen. Einmal im Jahr gehört das für mich definitiv dazu, und dabei entstehen auch immer wieder neue Songideen.
Hast du schon ein nächstes Reiseziel im Kopf?
Portrait of Tao: Es gibt ein paar Orte, die in der engeren Auswahl sind. Momentan ist es auch ein bisschen eine Geldfrage, ob es sich ausgeht. Aber ganz oben auf der Liste stehen auf jeden Fall die Mongolei oder Peru. In den letzten Jahren war ich oft in Asien, jetzt würde ich gerne wieder einmal nach Südamerika. Ich würde gerne die Energie der Musik, die ich so gerne höre, auch mal wieder live erleben.
Neben dem Musikvideo ist auch dein Social-Media-Auftritt sehr schön gestaltet – macht dir die Umsetzung Spaß?
Portrait of Tao: Ja, es macht mir viel Spaß. Es ist spannend, diesen grafischen Weg für mich zu finden. Ich bin Grafiker und habe das in der Firma meines Vaters gelernt. Dabei habe ich mich aber immer auf die Musik fokussiert. Zum Beispiel habe ich CD-Covers gemacht, aber auch Pressefotos und teilweise Musikvideos für andere Acts.
Jetzt kann ich dieses Wissen zum ersten Mal richtig für mich selbst nutzen, um meine eigene Welt zu gestalten. Es ist schön zu sehen, wie alles zusammenpasst. Es ist für mich auch spannend herauszufinden, wie ich mich positionieren möchte. Was ist authentisch für mich, wo fühle ich mich wohl? Der Grad ist da sehr schmal, und für viele ist es auch schwer, den richtigen Weg zu finden. Es gibt nicht das perfekte Rezept, aber ich versuche gerade, für mich den richtigen Ansatz zu entdecken.
„Zuhause ist für mich nicht unbedingt lokal gebunden, sondern hat viel mit den Menschen zu tun, die dich zuhause fühlen lassen.”
In „Back and Forth“ singst du: „… it’s home to me, though I don’t know what that means.“ Du hast bereits angesprochen, dass der Song 2015 entstanden ist. Hast du inzwischen eine Antwort darauf gefunden?
Portrait of Tao: Ja, in gewisser Weise schon. Zuhause ist für mich nicht unbedingt an einen bestimmten Ort gebunden, sondern hat viel mit den Menschen zu tun, die dir dieses Gefühl von Zuhause geben. Das sind meine engsten Freunde, mit denen ich in Vietnam war, und meine Familie. Deswegen ist für mich auch klar, dass ich hier bleiben werde – so gerne ich auch im Ausland leben würde, weil sie mein Zuhause sind.
„Ich weiß nicht, ob ich die Verantwortung habe, aber es ist mir zumindest ein Bedürfnis diese Dinge auch anzusprechen.”
Die Thematik „Heimat“ spielt auch in „Home“ und „What’s Wrong With You“ eine Rolle. Die Lieder zeichnen sich für mich durch ihre recht politischen Texte aus, die zum Beispiel die Flucht aus der Heimat vor Krieg thematisieren. Wie wichtig ist es dir, neben deiner eigenen Geschichte auch das weltpolitische Geschehen in deine Musik einzubinden?
Portrait of Tao: Es ist mir sehr wichtig. „Home“ habe ich geschrieben, als 2015 die starke Flüchtlingswelle aus Syrien und dem Irak Österreich erreicht hat. Es hat sich natürlich nicht viel daran geändert, diese Ströme wird es immer geben. Das geht mir sehr nahe. Ich weiß nicht, ob ich die Verantwortung habe, aber es ist mir zumindest ein Bedürfnis, diese Themen anzusprechen. In „Home“ geht es eben um flüchtende Menschen, die einfach eine Heimat suchen. Es ist kein Wegnehmen, wie es oft dargestellt wird. Dasselbe gilt auch für „What’s Wrong With You“. Das ist vielleicht mein politischster Song, der aber auch mit einem gewissen Augenzwinkern geschrieben ist. Ich will niemandem vorschreiben, wie er leben soll, aber ein bisschen anstupsen und darauf aufmerksam machen, ist mir schon wichtig. Man darf ruhig auch mal über das Oberflächliche hinaus Musik schreiben.
„Ich möchte damit auch dem fünfzehnjährigen Fabian noch die Chance geben, seine Gefühle, aus denen die Songs heraus entstanden sind, mit der Welt zu teilen.”
Wir haben jetzt schon über zwei Lieder geredet, die aus 2015 sind – seit wann sammelst du deine Songs?
Portrait of Tao: Der älteste Song stammt tatsächlich aus dem Jahr 2008. Den habe ich mit meinem damaligen besten Freund in Hamburg in einem Hotel geschrieben. Ich war zu der Zeit gerade erst siebzehn und kam in keinen Club rein. Das war nicht so cool, aber dann sind wir eben zurück ins Hotel und haben die Musik zu „Wise Man Says“ geschrieben. Lustigerweise entdecke ich gerade Songs, die noch älter sind. Vielleicht mache ich auch noch etwas mit denen. Ich habe eigentlich immer schon gesammelt. Vielleicht greife ich sogar ein paar Ideen von der Band meines Bruders auf, weil ich mit deren Musik sehr viel verbinde. Die eine Band gibt es seit 1999 nicht mehr, aber ihre Musik begleitet mich immer noch. Grundsätzlich mag ich die Songs, die ich früher geschrieben habe, immer noch recht gerne, und ich möchte dem fünfzehnjährigen Fabian die Chance geben, seine Gefühle – aus denen diese Songs entstanden sind – mit der Welt zu teilen.
Für mich zieht sich durch das Album vor allem musikalisch ein roter Faden, trotzdem sind immer wieder unterschiedliche klangliche Elemente zu hören – hast du viel experimentiert auf dem Album?
Portrait of Tao: Auf jeden Fall mehr, als ich ursprünglich dachte. Die wirklich experimentellen Elemente kommen vor allem durch Niklas. Mein Klangbild ist eher old-school und ziemlich trocken. Aber Niklas hat immer wieder neue Elemente eingebracht. Das beste Beispiel ist „What’s Wrong With You“. Mein Demo klang wie ein U2-Song (lacht). Aber Niklas hat den Song dann so weiterentwickelt, wie er heute klingt, und das hat sich wirklich gut ergeben. Von meiner Seite aus habe ich weniger experimentiert.
„Another Yesterday“ sticht für mich besonders heraus, weil es von der Instrumentation her schon eindeutig rockiger ist. Kommt da deine Punk-Vergangenheit ein wenig zum Vorschein?
Portrait of Tao: Auch (lacht). Und es ist auch ein bisschen lustig, denn ich habe den Song auf dem Balkon eines Freundes geschrieben, und das ist der rockigste Freund, den ich habe. Er hat türkis-violette lange Haare, das Wichtigste in seinem Jahr ist das Nova Rock – und da sind wir wieder bei dem Thema, dass ich Lieder immer nur in einer bestimmten Stimmung schreiben kann. Weil ich mit ihm auf dem Balkon saß, ist auch der Song entstanden. Aber ich bin in dieser Rock-Welt aufgewachsen und ich glaube, dass dieser Einfluss jetzt auch verstärkt in meiner Musik zu hören sein wird.
Den Abschluss macht der Song „Obituary“. Auf wen oder was beziehst du den Nachruf?
Portrait of Tao: Es gibt schon bestimmte Personen, an die ich bei dem Song denke. Anfangs hatte ich gedacht, dass es wirklich nur eine Art Schlaflied für meinen Neffen werden würde. Das hat sich dann aber komplett gedreht, weil ich an einen meiner engsten Freunde gedacht habe, der 2018 bei einem Unfall ums Leben gekommen ist. Der Song spiegelt ein bisschen das Gespräch wider, ob sich diese Person für das Leben entscheiden würde, wenn sie die Chance dazu hätte. Ich habe mich damals intensiv mit dem Thema Tod auseinandergesetzt. Im Laufe der Zeit hat sich der Song dann für mich noch einmal verändert. Ursprünglich war er für meinen Freund, aber jetzt bin ich selbst in einer schwierigen Phase, und der Song spricht mich heute ganz anders an.
Schauen wir zum Abschluss trotzdem auch ein wenig in die Zukunft – wie geht es mit Portrait of Tao weiter?
Portrait of Tao: Ja, gerne! Ich bin fleißig am Lieder schreiben. Immer wieder kommen neue Ideen, die ich gerne umsetzen möchte. Live ist jetzt auch etwas Neues dazugekommen: Am 20. Juni darf ich die FM4-Bühne auf der Donauinsel eröffnen, und da freue ich mich sehr darauf. Ansonsten ist noch nichts konkret fix. Ich mache mein Booking momentan noch selbst, und das ist teilweise auch ziemlich anstrengend, alles zu planen. Da möchte ich noch daran arbeiten, eine Booking-Agentur zu finden. Aber ich bin topmotiviert und freue mich auf alles, was noch kommt!
Danke für das tolle Gespräch!
Ylva Hintersteiner
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