Dem jungen Komponisten, Multiinstrumentalisten und Musikproduzenten SIMON ÖGGL ist letztes Jahr, gemeinsam mit unterschiedlichsten Gastmusiker:innen, ein eindringliches Debut-Album (erschienen bei col legno) gelungen. Um seine diversen musikalischen Vorlieben zu verwirklichen oder andere bei der Realisierung ihrer Version zu unterstützen, bringt er seinen umfassenden musikalischen Spürsinn in unterschiedlichsten Projekten – unter anderem bei der Live-Elektronik-Band Drahthaus – ein. Kompositionsaufträge hat er bereits für das Klangforum Wien, ensemble chromoson, airborne extended und InnStrumenti verwirklichen können. Michael Franz Woels hat den umtriebigen Südtiroler SIMON ÖGGL in Wien getroffen, um über sein großes Interesse, zukünftig auch vermehrt an Filmmusik zu arbeiten, über den Entstehungsprozess seines phantastischen Albums und über die Suche nach der Kohärenz in der Ambivalenz zu sprechen.
Eher zufällig bin ich auf dein Projekt „{ø_ø}“ – ausgesprochen: Brackethead – gestoßen. Es erinnert mit seiner Cover-Art an die Stilrichtung Vaporwave …
Simon Öggl: Vaporwave ist ein Genre, das als Reaktion auf ein Album von Daniel Lopatin aka. Oneohtrix Point Never unter seinem Alter Ego Chuck Person (Chuck Person’s Eccojams Vol. 1) entstanden ist. Lopatin war auch eine meiner großen Inspirationen für das Album „Xenotopia“. Nicht immer konkret musikalisch, sondern vor allem von seinem schöpferischen Ansatz her.
Sein kreativer Umgang mit Musik gefällt mir, und treffende Äußerungen wie: „Novelty is a fetish.“ Ich kann mich dieser Meinung anschließen. Durch Innovation Musik einen Wert geben zu wollen, das sieht er eher kritisch. Es werden heutzutage täglich 2.000 Stunden Musik auf Spotify geladen, da ist es praktisch unmöglich, überhaupt zu wissen, was es alles gibt. Auch das klassische Avantgarde- und Strömungs-Denken finde ich passé.
Intuition führt einen oft eher zu einem authentischen Output. Eine intuitive Reaktion ist ein ureigenes, ungefiltertes Agieren. Wenn ich bei der Herangehensweise an mein Album „Xenotopia“ zu kopflastig wurde und es Momente gab, an denen ich stagnierte, habe ich versucht, Szenarien zu entwickeln, in denen ich einfach intuitiv sein konnte. Das hat mir dann sehr geholfen.

Wie kann ich mir generell den Prozess der Albumentwicklung vorstellen?
Simon Öggl: Ich habe über ein Jahr lang – immer wieder auch von anderen Projekten unterbrochen –, verschiedene Ideen skizziert. Als ich dann bereits sechzig Track-Ideen hatte, habe ich gemerkt, dass mir ein klarer Rahmen fehlt: Bei einem Track habe ich mikrotonal gearbeitet, bei einem anderen mit Naturtonreihen usw. Ich hatte mir zu Beginn einfach zu wenig Grenzen gesetzt.
Deshalb habe ich dann versucht, einen übergeordneten Rahmen zu finden und Narrative zu suchen, die sich durch das Album ziehen könnten. Erst durch diesen Rahmen hat es seine finale Form angenommen, jedes Stück hat aber natürlich auch eigenständige Ideen und Gedanken, die nicht immer mit dem Überbau des gedanklichen Rahmens zu tun haben.
„ICH WOLLTE EIN ALBUM PRODUZIEREN, DAS EINEN DURCH DIE GERÄUSCH- UND BILDHAFTEN IMPULSE VEREINNAHMT UND EIN IMMERSIVES ERLEBNIS ERZEUGT.“
Bei „Hibernation“ war es auf klanglicher Ebene zum Beispiel die Idee, Rave-Musik zu sezieren. So habe ich den Amen-Break, eines der meist verwendeten Samples in der elektronischen Tanzmusik, so gestretcht, dass es nur mehr eine Klangfläche mit allen darin vorkommenden Frequenzen ist. Anschließend habe ich die in der elektronischen Musik so wichtigen Elemente – Drums und Bass –, anstatt sie über das Stück zu verteilen, an einer Stelle kondensiert, sodass aus denselben Zutaten ein ganz anderes Gericht entsteht. In der übergeordneten Erzählung des Albums spielt Rave-Musik aber kaum eine Rolle.
Ich wollte ein Album produzieren, das einen durch die geräusch- und bildhaften Impulse vereinnahmt und ein immersives Erlebnis bietet. Auch meine Affinität zur Filmmusik, die mich schon in meiner Teenagerzeit geprägt hat, ist erkennbar. Filmmusik selber zu komponieren, finde ich sehr reizvoll. Mit Drahthaus etwa haben wir 2022 einen mittellangen Spielfilm mit dem Titel „Fireworks“ vertont und ein Album daraus gemacht.
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Ich habe auch das Glück, dass ich für einige Frame-by-Frame-Animationsfilme der Künstlerin Astrid Rothaug Sounddesign und Filmmusik machen dürfen. Ich hoffe, dass noch mehr Filmmusik-Gelegenheiten auf mich zukommen.
Es kann sowohl Segen als auch Fluch sein, wenn man vielseitig unterwegs ist. Vor ein bis zwei Jahren habe ich noch eher vom Komponieren gelebt, zur Zeit ist es wieder mehr Produktion und Studioarbeit. Aber es kommen auch immer wieder Kompositionsaufträge rein.
Die Abwechslung liegt mir sehr am Herzen und es würde mir schwerfallen, mich auf einen Aspekt zu beschränken. Trotzdem ein kohärentes Œuvre zu schaffen, ist sicher nicht einfach, aber möglich. Nehmen wir zum Beispiel Daniel Lopatin oder im Rahmen der zeitgenössischen Musik György Ligeti: Jedes Stück steht für sich – und trotzdem ist ein roter Faden erkennbar. Er beschäftigt sich auch oft mit weltlichen Phänomenen und Impulsen.
Damit kann ich mich sehr gut identifizieren. Ich möchte jedenfalls nicht immer dasselbe nach Schema F reproduzieren. Es dauert, bis man die benötigte Selbstsicherheit aufbaut und mit gewissen Unsicherheiten zu leben lernt. Uneindeutigkeiten, Vielseitigkeit und Ambivalenzen werden oft vermieden, ich spreche ihnen aber einen großen Wert zu.
Das surreal gemalte Bild auf dem Cover deines Albums ist auch sehr markant und befremdend, es erinnert an den Stil des Phantastischen Realismus. Welchen Bezug gibt es dazu?
Simon Öggl: Es stammt von zwei Freunden von mir, von Max Brenner und Nick Havelka, und ist ihr erstes größeres gemeinsames Bild. Mittlerweile bilden sie mit Michael Plessl das Künstlerkollektiv brenner.havelka.plessl: zeitgenössische Kunst mit einem Blick auf Gesellschaft, Technologie und andere aktuelle Tendenzen – auch psychische Gesundheit spielt in ihren Projekten eine Rolle. Bei diesem Bild gefällt mir dieses Gefühl, dass eine Welt in sich vermittelt wird, und es darüber hinaus eine fraktale Wirkung erzeugt.
Je näher man in dieses Bild hineinzoomt, desto mehr visuelle Informationen tauchen auf. Man kann sich gut in Gedanken verlieren. Und das war auch ein Gefühl, das ich auf meinem Album erzeugen wollte. Es soll eine positive Überforderung hervorrufen, einen in awe zurücklassen. Es gibt auch surreale, uneindeutige Details, die Unbehagen hervorrufen und ein gewisses Gefühl des Verlorenseins erzeugen können.
Ich habe auch zwei Musikvideos zu diesem Album entdeckt.
Simon Öggl: Die Musikvideos, die in Zusammenarbeit mit dem Schauspieler Julien Colombet sowie dem Filmemacher Max Ritter und seinem Team entstanden sind, sollen diesen dystopischen Soundtrack auf eine etwas groteske Art mit leichtem Augenzwinkern bebildern.
Begriffe wie Unbehagen und Dystopie als Assoziationen zu gewissen Passagen in deinem Album sind bei mir beim Durchhören aufgetaucht. Aufgefallen sind mir auch die skurrilen Track-Titel, nehmen wir als Beispiel „Turings’s nightmare“.

Simon Öggl: Die Idee zu diesem Stück bestand darin, einen musikalischen Turing-Test zu konzipieren. 99 Prozent des Stückes bestehen aus Klarinettenklängen. Dafür habe ich Vincent Pongracz aufnehmen dürfen, um anschließend mit der Grenze zwischen artifiziellem und natürlichem Klang zu spielen. Dafür habe ich beispielsweise ein kostenfreies AI-Tool namens „DDSP“ [Abk. für Differentiable Digital Signal Processing] von Google verwendet.
Diese KI, trainiert mit unzähligen Aufnahmen, versucht, den Klang eines Instruments zu imitieren. Man kann also Melodien in Form von Aufnahmen oder MIDI-Clips einfügen und die KI versucht dann diese Melodie in den Klang eines anderen Instrumentes zu übersetzen. Ich habe damit gespielt, der KI etwa die Aufgabe zu stellen, aus einem echten Klarinettenklang einen künstlichen zu generieren.
Es gibt daher verschiedene Ebenen in dem Stück, einerseits den akustischen Klang, dann akustische Klänge, die ich mit elektronischen Effekten verändert habe, und dazu kommt die gänzlich artifizielle Klarinette. Diese Ebenen sind ständig in Interaktion und im Austausch und es ist nicht leicht zu erkennen, welcher Klang von einem echten Instrument stammt und welche Sounds rein artifiziell sind. Diese Unterscheidung fällt selbst mir beim Hören nun schwer und so habe ich mich gefragt, ob das Stück einen musikalischen Turing-Test bestehen würde.
Ich muss allerdings dazusagen, dass ich die Entwicklungen von generativer KI mittlerweile sehr kritisch betrachte, gerade Anbieter wie Suno AI mit ihrem Versprechen, den kompletten kreativen Prozess ersetzen zu können. Die Spitze des Eisbergs sind hier wohl die provozierende Aussagen des Chefs der KI-Musikfirma Suno auf der „NAMM 2025 Show“, einer der größten Musikmessen der Welt.
Ein weiterer Titel hat mich neugierig gemacht bezüglich der Bedeutung: das „Kessler Syndrome“. Magst du diesen Begriff beschreiben?
Simon Öggl: Das „Kessler Syndrome“ beschreibt das Szenario einer Kettenreaktion von zerschellendem Weltraumschrott, der sich im Orbit mit irrsinnigen Geschwindigkeiten bewegt. Sogar ein Partikel in der Größe eines Staubkorns kann eine extreme zerstörerische Kraft entwickeln. Und wenn zum Beispiel ein Satellit in tausende kleine Teile zerteilt in seiner Geschwindigkeit weiterfliegt, dann kann dieser kleine Debris weitere Sonden zerstören. Dadurch kann eine Kettenreaktion in Gang gesetzt werden, sodass unaufhaltsam immer mehr und immer kleinere Stücke den Orbit komplett befüllen und dadurch auch das Verlassen des Orbits unmöglich machen würden. Ein mögliches Alptraumszenario, das nicht so weit weg zu sein scheint, wenn man bedenkt, dass allein der Konzern Starlink 100.000 Satelliten in die Erdumlaufbahn schicken will, um Satelliten-Internet anzubieten.
Das Stück „Kessler Syndrome“ ist mit seinem hektischen Rhythmus und den vielen Swoosh-Sounds, die akustisch an den Dopplereffekt erinnern, wohl das unruhigste Stück des Albums. Gleichzeitig greift es in der Klangsprache sehr stark auf Elemente des Stücks „To the Moon“ zurück. Es stellt den Moment einer krassen Beschleunigung dar. Ein Hintergrundgedanke zur Titelauswahl war der Schlachtruf der Reddit-Stock-Blase: „To the Moon“, der gerufen wird, wenn sie glauben, dass eine Aktie sehr hoch aufsteigen wird. Ein utopistischer Bezug zur Beschleunigung mit positivem Potenzial. Beim Track „Kessler Syndrome“ wird diese Beschleunigung dann in ein katastrophales Szenario münden und seine dystopische Seite offenbaren.
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Auch ein weiterer, düsterer Titel ist „Apell du vide“.
Simon Öggl: Es ist die Bezeichnung für das Gefühl, wenn man auf einer Brücke steht und beim Blick nach unten den Impuls verspürt, sich fallen zu lassen; das Gefühl, dem Tod ins Auge zu blicken. Viele Stücke auf dem Album beschäftigen sich mit Beschleunigung und dem fast fetischhaften Glauben an Technologie und der Hoffnung, dass sie uns retten wird – vor was auch immer!?
Hier wollte ich eine musikalische Antithese dazu darstellen. Bezugnehmend auf die Bewegung unter dem Stichwort Rejuvenation, also Verjüngung, die das Ziel hat, mit (Medizin-)Technologie das Altern aufzuhalten und das ewige Leben zu erreichen. „Apell du vide“ soll im Gegensatz dazu musikalisch einen Kult des Todes darstellen, der nicht das ewige Leben, sondern den Tod als natürliche Konsequenz des Lebens in den Mittelpunkt stellt. Gleichzeitig wollte ich auch musikalisch ein Gefühl der Stagnation und des Anti-Fortschritts erzeugen.
Dazu habe ich den Bach-Choral „Komm, süßer Tod“ verwendet und ihn um den Faktor 16 verlängert. Dadurch dauert der kürzeste Notenwert bereits zwölf Sekunden. Man hört den Choral gleichzeitig drei Mal, einmal um einen Viertelton höher und einmal um einen Viertelton tiefer. Die höhere „Stimme“ ist etwas schneller, die tiefere etwas langsamer, sodass die Silben bald auseinanderdriften. Dadurch ergeben sich mikrotonale Akkordstrukturen. Desweiteren habe ich das Ganze mit zwei verschiedenen Stimmen umgesetzt, wobei sich die Stimme der Sopranistin langsam und unmerklich in die Stimme des Countertenors verwandelt.
Der folgende Track klingt dann wieder lebensbejahender …
Simon Öggl: „Life is good“ ist als musikalischer Defibrillator gedacht, der nach dem Moment der Stagnation und dem Gefühl des Todes durch pure Lebensfreude und Sinnlichkeit – befreit von Intellektualität – dem Leben wieder einen Sinn gibt.
Das Ende des Albums ist kann dann auch wieder düster gedeutet werden, das Schlussstück nennt sich „Palingenesis“ …
Simon Öggl: Wörtlich bedeutet es Wiedergeburt. Ich habe „Palingenesis“ als Rückgriff auf den Album-Beginn begriffen: „Archē“ bedeutet in der antiken griechischen Philosophie „Urstoff“, und ich wollte auch wieder einen griechischen Terminus verwenden, um das Album zu beenden. Für mich war der Aspekt des Zurückkommens auf den Ursprung ausschlaggebend, weil es auch musikalisch ganz eindeutig einige Ideen des ersten Stückes wieder aufnimmt und gleichzeitig nach der Reise durch das Album verändert erscheint.
Sowohl der Ursprung als auch die Reise sollen in Gedanken zusammengeführt werden. Das Stück davor, „Indifference“, ist ein Reflektieren über diesen Entwicklungsprozess, der über den Rahmen eines menschlichen Lebens oder einer menschlichen Generation hinausgeht. Dieses Reflektieren überschreitet den menschlichen Erfahrungshorizont und ist emotional nicht leicht zu bewerten, so entsteht leicht ein Gefühl der Indifferenz.
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Es gibt ja den Begriff der grenzenlosen „God’s perspective“, man könnte sagen, dein Album bildet den indifferenten Aspekt der „Nature’s perspective“ ab. Alles ist in ständiger Veränderung und geht ineinander über.
Simon Öggl: Ja, genau. Vielleicht haben wir uns trotz dieser Entwicklung und Erfahrung gar nicht so weit vom Ursprung entfernt.
Erwähnen wir nun die Musiker:innen, die an deinem Album mitgearbeitet haben: Elena Gabbrielli (Flöte), Vincent Pongrácz (Klarinette), Manuel Schager (Cello), Ludwig Ascher (Trompete), Daniel Holzleitner (Posaune), Florijan Lörnitzo (E-Gitarre), Clara Hamberger (Sopran) und Aleksandar Jovanovic (Countertenor). Das Mastering stammt von Alexandr Vatagin – du hast die Stücke komponiert, aufgenommen, produziert und gemixt.
Simon Öggl: Die Idee, eine Brücke zwischen zeitgenössischer Komposition und moderner Musikproduktion zu schlagen, begleitet mich schon sehr lange. Durch meinen musikalischen Werdegang waren das lange Zeit zwei verschiedene Seiten, bei denen es nicht viele Überschneidungen gegeben hat. Ich habe Komposition studiert, aber produziere schon seit meinem 15. Lebensjahr elektronische Musik – seit ich in Wien bin, unter anderem mit der Band Drahthaus.
„IN DER MUSIKPRODUKTION ERLEBE ICH DIE KLANGLICHEN ENDERGEBNISSE OFT KONKRETER UND UNMITTELBARER UND DER PROZESS WIRD NICHT ÜBER DIE VERSCHLÜSSELTE NOTENEBENE GESTALTET.“
Das Komponieren ist in seiner klassischen Form meist das Erarbeiten von Partituren, die als Bedienungsanleitung für Musizierende dienen, um die Ideen in Musik zu übersetzen. In der Musikproduktion erlebe ich die klanglichen Endergebnisse oft konkreter und unmittelbarer und der Prozess wird nicht über die verschlüsselte Notenebene gestaltet.
Deshalb wollte ich schon lange eine größere Produktion in Angriff nehmen, die diese beiden Aspekte im kompositorischen Prozess vermischt. Das Endergebnis sollte keine Partitur, sondern ein Tonträger sein; und das Ergebnis ließe sich auch nicht so leicht notieren. Weiters wollte ich auch die Grenzen zwischen „echten“, akustischen Klängen und elektronischen, körperlosen Sounds verwischen. Auch die physischen Grenzen von Instrumenten wollte ich in diesem Prozess durchbrechen, so hört man zum Beispiel in einem Stück eine Trompete über eine Oktave glissandieren, was in einem Live-Kontext nicht (ohne weiteres) möglich ist.
Du hast kürzlich bei einem Projekt mit Bezug zur NGO-Hilfsarbeit von Ärzte ohne Grenzen mitgearbeitet. Kannst du uns dazu Näheres erzählen?
Simon Öggl: Neben der Tätigkeit als Komponist und Musiker arbeite ich viel im Studio als Musikproduzent und Mixing-Engineer. Michael Casera, der bei dem angesprochenen Projekt für die Musik zuständig ist, war vor einiger Zeit auf der Suche nach einem musikalischen Mentor, und so habe ich ihm zu Beginn einige Stunden Produktionsunterricht gegeben.
Unsere Zusammenarbeit hat sich anschließend fließend weiterentwickelt, so dass ich ihnen nun helfe, die musikalischen Ideen auszuarbeiten und diese ab einem gewissen Punkt fertigproduziere und mische. Mittlerweile haben wir zwei EPs veröffentlicht und das Debüt-Album wird am 17. Oktober veröffentlicht.
Ein weiterer wichtiger Aspekt des Projekts sind die Gedichte und Visuals von Sarah Guefif. Der Name des Projekts lautet Ësenaim. Jedes der Stücke bezieht sich auf einen Ort, in dem Sarah und Michael mit Ärzte ohne Grenzen gearbeitet haben. Dabei wird über Field-Recordings und poetischen Elementen von Menschen vor Ort immer ein Bezug zum jeweils titelgebenden Ort hergestellt.
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Mir fällt dazu der Begriff der „Artistic Citizenship“ ein. Vermehrt wird von jungen Künstler:innen eine Haltung gefordert, die die Relevanz des künstlerischen Schaffens nicht nur aus der Kunst selbst, sondern auch aus einer gesellschaftlichen Perspektive heraus definiert.
Simon Öggl: Die letzte EP zum Thema Gaza-Krieg enthielt ein Gedicht von Mohammed Moussa, dem Gründer der Gaza Poet Society: Handy-Aufnahmen aus dem Luftschutzbunker, in dem Moussa vom Sterben der Kinder und dem Leid aller dort Lebenden berichtet. Damit soll den Menschen aus Gaza eine Stimme gegeben werden, die in diesen katastrophalen Zuständen zu überleben versuchen. Projekte wie dieses wollen verstärkt public Awareness für Krisengebiete schaffen.
Abschließend noch kurz zu der Vierer-Gruppe Drahthaus, die du bereits erwähnt hast …
Simon Öggl: Ja, da hat sich in den letzten zehn Jahren sehr viel entwickelt. Wir hatten damals damit begonnen, jedes Wochenende gemeinsam in einem Haus im 10. Bezirk herumzutüfteln und Wege zu erarbeiten, elektronische Produktionen in einem Band-Setting live zu performen. Aktuell haben wir ein neues, vorwiegend instrumentales Album geschrieben. Dieses Album wird sehr tanzbar.
In früheren Veröffentlichungen haben wir oft sehr viele Genres in einem einzigen Stück zu vereinen versucht, in weiterer Folge haben wir auf einem Album verschiedene Stile anhand unterschiedlicher Tracks erkundet. Nun haben wir ein sehr tanzbares Paket mit einem kohärenten Stil produziert. Wir werden sicher in Zukunft auch wieder verschiedene Stile anspielen und mit Features arbeiten, aber dieses Album ist für tanzendes Publikum und Live-Auftritte gedacht.
Vielen Dank für das Interview!
Michael Franz Woels
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Termine:
Drahthaus
Freitag, 17. Oktober 2025
flucc (Wien)
Simon Öggl: DJ-Set
Dienstag, 30. September 2025
Gürtel Connection: The Loft (Wien)
Drahthaus
Samstag, 04. Oktober 2025
Pratersauna (Wien)
Drahthaus
Freitag, 21. November 2025
Stadtwerkstatt (Linz)
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Links:
Simon Öggl (Bandcamp)
Drahthaus
{ø_ø} (Bracketdead) (Bandcamp)
