„Die Intention war, so blöd es klingt, nicht die besten Songs zu schreiben, sondern solche, die man gut nebenbei hören kann.“ – YVES KRISMER (MOTHER’S CAKE) im mica-Interview

Vier Jahre nach ihrem letzten Album „Cyberfunk!“ schlagen die Psychedelic-Rocker MOTHER’S CAKE mit ihrem neuen Werk „Ultrabliss“ (Embassy of Music; VÖ: 18.10) ein ebenso neues musikalisches Kapitel auf. Die Band löst sich in ihren neuen Nummern mehr denn je von allen musikalischen Zwängen, sowohl im Sound als auch in den Songstrukturen. ‘Ultrabliss’ kommt richtig bunt, spacig und vielschichtig daher und entfaltet eine Stimmung, in die man wunderbar eintauchen kann. Im Interview mit Michael Ternai spricht der Frontmann und Songschreiber der Band, YVES KRISMER, über die Intention des Albums, die Neuerungen in der Musik und innerhalb der Band sowie über die große Lust, sich musikalisch einmal richtig ausleben zu können.

Ich kann mich erinnern, dass wir schon 2013 einmal zusammengesessen sind und miteinander geplaudert haben. Ich glaube, wir sprachen damals über euer Debütalbum. Auf jeden Fall befandet ihr euch gerade am Start. Ihr wart jung und fresh …

Yves Krismer: Ja, da waren wir noch fresh. (lacht)

Wenn man sich euren Werdegang und eure Veröffentlichungen anschaut, erkennt man natürlich eine enorme Entwicklung, die immer mit einem nächsten Schritt einherging. Euer neues Album ist erneut so ein Schritt, ein weiteres Kapitel. Dieses Kapitel wirkt auf mich, als hättet ihr euch vollständig in musikalischer Freiheit ausgelebt – Stücke von zehn Minuten, musikalisch unglaublich vielfältig …

Yves Krismer: Das war auch die Idee. Dieses Mal haben wir uns wirklich jede Freiheit genommen, genau das zu tun, worauf wir Lust hatten und was sich für uns richtig anfühlt.

War es eine bewusste Entscheidung, die musikalischen Zügel mal loszulassen?

Yves Krismer: Nicht wirklich. Das ist eher unbewusst passiert. Vielleicht liegt es daran, dass dieses Mal ein Großteil der Vorproduktion bei mir zu Hause stattfand. Dadurch gab es natürlich mehr Zeit, um verschiedene Dinge auszuprobieren. So waren zum Beispiel bestimmte Drumsounds schon ziemlich ausgefeilt, was dem Ganzen bereits eine Richtung gegeben hat. Die Songs sind also schon im Voraus entstanden und nicht erst im Proberaum.

Weil du den Drumsound erwähnt hast, der ist tatsächlich markant anders. Es transportiert schon sehr einen 1970er/1980er-Retro-Vibe …

Yves Krismer: Genau, so sollte es auch sein. Die Drums sind oft das Schwierigste, weil sie im Grunde bereits die Richtung vorgeben. Es hängt natürlich auch davon ab, wie man die Drums mischt, aber wir wollten dieses Mal einen so trockenen Sound wie möglich hinbekommen. Und da ist von bestimmten Verstärkern bis hin zu verschiedenen Kompressoren ziemlich viel zum Einsatz gekommen, um das Ganze ordentlich aufzupumpen.

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Wie gestaltete sich dieses Mal das Songwriting- und Aufnahmeprozess. Benni Trenkwalder, euer Bassist, musste ja krankheitsbedingt eine Pause einlegen …

Yves Krismer: Benni ist auf dem Album nur bei einem Song dabei. Für ihn ist Arthur Darnhofer-Demar eingesprungen, und er hat teilweise einen anderen Einfluss eingebracht. Deshalb klingt das Album jetzt vielleicht auch etwas anders, da seine Basslines doch andere sind als die von Benni. Das macht schon einen großen Unterschied, da Bennis Stil sehr markant ist und sich Arthurs Stil deutlich davon abhebt.

Etwas, das bei diesem Album auch anders bzw. neu ist, ist, dass ich mir diesmal die Freiheit genommen habe, Songs für vier Leute zu schreiben. Davor waren wir ja zu dritt. Und ich muss sagen, dass ich beim Schreiben für drei Personen teilweise schon an meine Grenzen gestoßen bin. Diesmal ist eine zweite Gitarre dabei, was sich natürlich auch auf den Gesamtsound auswirkt.

Und trotz der jetzt zwei Gitarren würde ich sagen, dass die Songs in Gesamten weniger gitarrenorientiert klingen. Natürlich sind auch die klassischen Rocksongs vertreten, aber sind bestimmen nicht das Gesamtbild.

Yves Krismer: Ja, das stimmt. Die neuen Songs sind spaciger, und ein bisschen Indie hat sich auch eingeschlichen. Zur Zeit, als die Songs entstanden, haben wir viel Siebziger-Zeug gehört. Davon bin ich momentan ein großer Fan – von Psychedelic und Krautrock. Aber auch Neo-Psychedelic-Sachen gefallen mir gerade sehr, und einiges davon ist ebenfalls eingeflossen.

Was die zwei Gitarren betrifft, übernimmt eine den Harmonie- und die andere den Lead-Part. Es ist nicht so, dass beide Gitarren unisono spielen, um möglichst fett zu klingen. Meistens spielen sie tatsächlich ganz unterschiedliche Parts.

Bild Mothers Cake
Mother’s Cakes (c) Benjamin Thomes

Du hast gerade die Musik erwähnt, die du aktuell hörst. Die hat anscheinend immer direkten Einfluss auf den Gesamtsound eurer Alben.

Yves Krismer: Ja, schon. Eigentlich fast immer. Die Musik, die ich höre, ändert sich regelmäßig, und ich werde immer davon beeinflusst. Oft denke ich mir, dass es geil wäre, einmal etwas in die eine oder andere Richtung zu machen. Und dann passiert das auch mal. Die Songs sind dieses Mal auch deshalb so unterschiedlich, weil sie über einen längeren Zeitraum entstanden sind. In dieser Zeit habe ich immer wieder andere Musik gehört, und das macht sich bemerkbar.

Das Schöne am neuen Album ist, dass, obwohl es wieder sehr vielfältig und abwechlungsreich geworden ist, wirklich wie aus einem Guss klingt.

Yves Krismer: Die Intention war, so blöd es klingt, nicht die besten Songs zu schreiben, sondern solche, die man gut nebenbei hören kann. Man soll in sie eintauchen können, ohne dabei aktiv zuhören zu müssen. Bei manchen Bands muss man ja aktiv zuhören, sonst wird es anstrengend. Genau das wollten wir mit diesem Album vermeiden. Die Leute sollen sagen: „Ich habe gerade eine Zehn-Minuten-Nummer gehört und gar nicht gemerkt, wie die Zeit vergangen ist.”

Ihr seid mittlerweile über zehn Jahre im Geschäft und vor allem als eine exzellente Liveband bekannt. Inwieweit ist für euch eine Albumproduktion nach so vielen Jahren zu einer zu erledigenden Aufgabe geworden. Oder herrscht nach wie vor der Spirit der Anfangstage?

Yves Krismer: Ein Album zu machen, ist immer etwas ganz Besonderes und Aufregendes, vor allem, wenn zwischen zwei Alben so viel Zeit vergeht, wie es jetzt der Fall war. Seit dem letzten Album sind nun doch vier Jahre vergangen. Da macht man sich dann doch etwas mehr Druck. Ein Album sollte dann schon richtig cool sein. Aber ich denke, das haben wir mit „Ultrabliss“ gut hinbekommen.

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Eure musikalische Mischung aus rockig, spacig und progressiv ist eigentlich nicht wirklich weit verbreitet. Inwieweit glaubst du, dass dieser Seltenheitswert eures Sounds euch geholfen hat, euch zu etablieren? Auch außerhalb Österreichs.  

Yves Krismer: Das kann schon sein, wobei es teilweise nicht so leicht ist, weil sich einige schwer tun, uns musikalisch einzuordnen. Manchmal werden wir der Stoner-Ecke zugeordnet, wobei wir dort auch nicht wirklich hineinpassen. Und so geht es uns eigentlich irgendwie bei allen Genres.

Mit Jan Haußels hat euch dieses Frühjahr der Gründungsschlagzeuger von Mother’s Cake verlassen. Welche Lücke hinterlässt er? Wie schwer war es ihn zu ersetzen?

Yves Krismer: Natürlich ist es schwer. Und es ist immer noch schwer. Er war von Anfang an dabei. Er ist ein Drummer mit einem eigenen Stil, der einen großen Teil der Musik ausgemacht hat. Wie es weitergeht, werden wir sehen. Die Band wird auf jeden Fall anders klingen. Was es zusätzlich schwierig macht, ist, dass er neben dem Musikalischen auch für andere wichtige Aufgaben in der Band zuständig war. Diese Aufgaben jetzt neu zu verteilen, beschäftigt uns weiterhin. Aber mit Alex Kerbl haben wir einen super Ersatz gefunden.

Mit der Veröffentlichung geht es gleichzeitig auch auf eine ausgedehnte Europatour. Ich nehme an, die Vorfreude ist groß.

Yves Krismer: Ja, sicher. Wir spielen in den Niederlanden, Deutschland, der Schweiz, Rumänien, Bulgarien und Griechenland. Nächstes Jahr kommen dann Österreich, Frankreich und England dazu. Ich freue mich sehr darauf, die neuen Songs zu spielen, denn vier Jahre sind schon eine lange Zeit. Zwar haben wir nicht immer die gleichen Sachen gespielt, aber sie haben sich doch wiederholt. Es macht auch wirklich Spaß, mit der neuen Formation zu spielen. Das wird sicher lässig.

Herzlichen Dank für das Interview.

Michael Ternai

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