„Das Album zeigt mir, dass es immer noch genug Neues zu entdecken gibt.“ – STANI VANA (DELADAP) im mica-Interview

DELADAP bedeutet „Gib mir den Beat“, und der Name ist auch seit fast 20 Jahren erfolgreich Programm. Der Gypsy-Club-Sound, den Mastermind STANI VANA und seine Band seit jeher umsetzen, ist einer, der zum ausgelassenen Tanzen einlädt und das auf eine sehr ideenreiche und immer qualitätsvolle Art und Weise. Mit „Play“ veröffentlichte er mit DELADAP Ende 2021 ein neues Album, das Mitte 2022 mit zwei ungewöhnlichen, weil auf Japanisch gesungenen Bonus-Tracks, auch in Japan auf den Markt gekommen ist. Wie es zu dieser Japan-Connection gekommen ist, wie sehr sich die Arbeit zum neuen Album von der vorangegangener unterschieden hat und warum er als eigentlich ernster Mensch einen positiven Sound zum Abtanzen pflegt, erzählt er im Interview mit Michael Ternai.

Das neue DELADAP-Album „Play“ wurde vergangenen Sommer vom Label Rambling Records in Japan mit zwei Bonustracks veröffentlicht und hat dort einiges an Aufmerksamkeit erregt. Wie ist es eigentlich zur Zusammenarbeit mit dem Label und der japanischen Sängerin Lily Mizusaki gekommen?

Stani Vana: Man kann sagen, aus einer Tradition heraus. 2004 nämlich ist Rambling Records bereits schon einmal an uns herangetreten und hat gefragt, ob es nicht unser Debüt in Japan und Südkorea releasen dürften. Was es dann auch tat. Damals war diese Mischung aus Gypsy-Musik und Club-Sound ja noch etwas komplett Neues und offensichtlich war das für den japanischen Markt zu dieser Zeit interessant. Dieser Kontakt ist nie abgerissen, auch weil Rambling Records in Folge immer wieder auch andere Sachen von uns veröffentlicht haben. Dieses Mal war es so, dass ich 2021 von Lily Mizusaki eine Remix-Anfrage bekommen habe. Die ist auch wieder über Rambling Records gelaufen. Ich habe den Remix dann gemacht und sie gefragt, ob sie nicht vielleicht Lust hätte, den einen oder anderen Song von DELADAP auf Japanisch einzusingen. Sie war von der Idee sehr angetan und schlug irgendwann die beiden Nummern „Crazy Swings“ und „Make Swing Great Again“ vor, was für mich total okay war.  Marketingtechnisch war diese Zusammenarbeit auf jeden Fall eine gute Sache, auch weil ich in letzter Zeit beobachten konnte, wie sehr die japanische Electroswing-Szene im Moment anwächst.

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Hierzulande ist „Play“ ja schon Ende 2021 erschienen. Doch die große Promokampagne erfolgt erst jetzt. Warum?

Stani Vana: Ehrlich gesagt, war der Japan-Release einer der Gründe, warum wir uns gesagt haben, dass wir die Promo jetzt noch einmal aufrollen. Es hat für uns einfach Sinn gemacht, jetzt noch einmal damit rauszugehen. Man muss diese Dinge auch an etwas koppeln, das passiert. Wie ich mich entschieden habe, das Album zu machen, fragte ich mich im ersten Moment schon auch, warum ich da tue. Man konnte während der Pandemie soundso nicht viel mit diesem machen. Und wann wieder etwas möglich sein wird, das stand damals ja noch in den Sternen. Aber da nun die Aktivitäten auch in Japan begonnen haben, macht dieser Weg mit dem Album noch einmal rauszugehen für uns auch Sinn.

Das Vorgängeralbum „ReJazzed“ fiel aufgrund seiner Machart ein wenig aus dem Rahmen. Wie seid ihr es bei „Play“ angegangen?

Stani Vana: Bei „ReJazzed“ war es mir ein großes Anliegen, zu zeigen, dass die Musik von DELADAP auch vollkommen analog funktioniert und nicht nur elektronisch. Wir haben es wirklich oldschool aufgenommen und produziert, ganz ohne Clicks oder andere elektronische Hilfsmittel. „ReJazzed“ sollte eine Art Statement sein. Es ist definitiv das analogste Werk in der Geschichte von DELADAP. Und das Album kam auch gut an und wir tourten zwei Jahre lang damit. Doch dann kam Corona und plötzlich stand alles still.

Wie seid ihr mit diesem Stillstand umgegangen?

Stani Vana: Natürlich kam schnell die Frage auf, wie wir unter diesen Umständen weitermachen sollen. Wir entschieden uns, erst einmal Singles zu veröffentlichen. Das war für uns etwas Neues, da wir bis dahin fast ausschließlich nur Alben aufgenommen haben. Und Singles sind definitiv etwas ganz anderes als ein Album. Ein Album ist immer geplant, es steckt ein Konzept dahinter. Die Songs eines Albums entstehen in einer bestimmten Zeit, unter dem Einfluss einer bestimmten Atmosphäre und Energie. Normalerweise ist es bei uns so, dass wir mit der Band zum Teil schon während des Songwritingprozesses die neuen Sachen proben. Das war dieses Mal ja nicht möglich. Das wirklich einzig Positive an der Pandemie war für mich rückblickend, dass ich mir den Stress einer Albumproduktion erspart habe. Es ist schließlich so gekommen, dass wir über zwei Jahre lang – zuerst alle drei Monate, dann alle zwei Monate – neue Singles herausgebracht haben. Und die finden sich jetzt alle gesammelt auf „Play“.

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„Für uns als Band war das einfach die Strategie zum Überleben.“

Das heißt, ihr musstet eine für euch ganz neue Arbeitsweise finden.

Stani Vana: Ja. Wir habe online eine Art Produktionsgruppe gegründet, in der wir uns ausgetauscht haben. Dann habe ich die Sachen gemischt und mastern lassen und sie dann fertig der Band übergeben. So ist es abgelaufen. Das war für uns wirklich eine komplett neue Arbeitsweise. Und sie hat eigentlich auch gut funktioniert, auch wenn sie eher aus dem Zwang heraus entstanden ist. Du musst aus einer Krise einfach immer etwas Positives herausholen, sonst gehst du unter. Für uns als Band war das einfach die Strategie zum Überleben. Die regelmäßigen Singles gaben zu verstehen, dass wir immer noch da sind.

Ist diese neue Arbeitsweise vielleicht auch der Grund dafür, warum das Album musikalisch so vielfältig geworden ist?

Stani Vana: Ja, die ist sicher auch ein Grund dafür. Ich hatte dieses Mal nämlich wirklich auch die Zeit dafür, mich tiefergehender mit den Sachen auseinanderzusetzen. Unsere bisherigen Alben kann man durchaus quasi als Lückenfüller sehen, die die Zeit zwischen den Touren überbrücken sollten. Diesmal blieb mir wirklich Zeit dafür, mich auf die kleinen Details und die Songs im Ganzen zu fokussieren. Und mir ist es auch gelungen, soundtechnisch für mich neue Wege zu finden. „Play“ ist für mich der perfekte Mix aus digital und live. Dahingehend ist dieses Album für mich schon auch so etwas wie ein Meilenstein. Auch weil es uns gelungen ist, uns den Themen Electro-Swing und Gypsy-Jazz aus einer anderen Richtung anzunähern.

Beim ersten Album 2004 war mein Ziel noch, Gypsy-Musik in den Club zu bringen. Nach zehn Jahren Touren ist mir das dann aber langweilig geworden. Ich hatte das Gefühl, dass sich die Dinge immer wieder wiederholen und kopieren. Mit dem 2011er Album „Crazy Swing“ habe ich dann versucht, aus diesem Monotonen und sich ständig Wiederholenden auszubrechen. Und das tue ich eigentlich bis heute. Ich versuche jedes Mal, ein für mich unbekanntes Türchen aufzumachen, um das Ganze immer wieder in einem neuen Licht erstrahlen zu lassen. Und auch auf „Play“ finden sich einige wirklich spannende neue Sachen. Das Album zeigt mir, dass es immer noch genug Neues zu entdecken gibt.

Bild DELADAP
DELADAP (c) Bernhard Mayr

Das Schöne an dem Album ist auch, dass es, obwohl es unter widrigen Umständen in einer schweren Zeit entstanden ist, sehr positive Vibes aussendet.

Stani Vana: Was aufgrund meiner Persönlichkeit aber nicht so naheliegend ist.Ich bin politisch und was Geschichte betrifft sehr interessiert. Ich beschäftige mich sehr viel mit dieser Materie und würde mich eigentlich als einen extrem ernsten Menschen bezeichnen. Aber ein ernster Mensch zu sein, schließt ja nicht aus, dass man nicht auch Spaß im Leben haben darf. Ich liebe die Energie auf der Bühne, ich liebe die Energie im Proberaum und auch die Energie, die entsteht, wenn man interaktiv an Songs arbeitet. Ich denke, dass ich einfach versuche, die Dinge, die mir als ernsten Menschen durch den Kopf gehen, irgendwie mit einem Spitz zu erzählen. Ich mag es, wenn Leute lachen und ihre Emotionen beim Tanzen herauslassen. Dagegen mag ich es nicht, wenn jemand mit dem erhobenen Zeigefinger herumrennt und sagt, so etwas so zu sein hat.

Und die Sängerinnen Melinda Stojka, Beate Baumgartner und Christina Kerschner verstehen es sehr gut, ihre auch einmal tiefgründigeren Texte über einen mitreißend positiven Sound zu vermitteln. Das wird an unserer Musik auch geschätzt, sie vermittelt irgendwie auch eine gewisse Heiterkeit.

„Mir gehen Musiker:innen einfach ab, wenn sie nicht da sind.“

War für dich irgendwie vorstellbar, dass du mit DELADAP auch nach fast 20 Jahren immer noch Alben machen wirst? Und wie hat sich überhaupt dein Zugang zum Musikmachen verändert?

Stani Vana: Nein, überhaupt nicht. Auch, weil damals mit der Geburt meiner Tochter gleichzeitig mein Leben mit der Gitarre um den Hals sein Ende gefunden. Dieses Ereignis war ein echter Wendepunkt in meinem Leben. An eine Musikkarriere war damals nicht zu denken. Ich bin ja ausgelernter Drucker und Druckformen-Hersteller und hatte eine eigene Druckerei, mit der ich meinen Lebensunterhalt verdiente. Neben dem Job begann ich aber zu produzieren.Irgendwann habe ich dann mit Hans Kulisch Bollywood-Remixe produziert, was drei Jahre lang auch ganz gut gegangen ist. Nur hat mich das nicht wirklich befriedigt. Es war mir einfach zu viel DJ-Stuff und Technik. Es war zwar lustig, für zwei Jahre einmal im Monat im Flex aufzulegen, doch irgendwann ist der Reiz verloren gegangen. Im Grunde bin ich im Herzen doch noch Musiker geblieben. Mir gehen Musiker:innen einfach ab, wenn sie nicht da sind. Es reicht mir einfach nicht, wenn alles gesampelt ist. Die Kunst des Samplens kann auch killen, wenn nichts anderes passiert.

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Als ich 2000 mit DELADAP begonnen habe, hatte ich zwar eine gewisse musikalische Idee, nur wusste ich nicht, wie ich diese wirklich umsetzen kann. Ich produzierte in Richtung Gypsy-Jazz-Sound, wollte diesen aber irgendwie neu aufsetzen und nicht einfach Django Reinhart hernehmen und den irgendwie elektronisch bearbeiten. Ich verbrachte viel Zeit damit, geeignete Musiker:innen zu finden, und bin viel in den Nachbarländern Österreichs unterwegs gewesen, um mir Leute anzuschauen. Die musikalische Richtung begann sich erst nach und nach zu konkretisieren und war zunächst, wie auch auf dem ersten Album 2004 zu hören ist, von Sachen wie dem Gotan Project beeinflusst. Aber irgendwie wollte ich doch mehr tanzen. Downbeat ist zwar cool und gefällt mir auch, aber mich hat immer mehr dieser Uptempo-Gypsy-Sound angesprochen. Und diese Idee prägt den Stil von DELADAP bis heute. Das, was heute passiert, und der Vibe, den unsere Musik hat, haben ihren Ursprung genau in dieser Zeit vor 20 Jahren. Nur eben entwickeln sich die Sachen immer weiter, weil man ständig etwas Neues dazulernt.

So wie auch bei „ReJazzed“. Ich habe gesehen, dass nicht alles eingespielt und resampelt werden muss. Man kann die Sachen, die man frei von der Leber weg eingespielt hat, auch so stehen lassen, man muss sie nicht zu Tode editieren. Das war früher nicht so, da musste alles perfekt sitzen. Da bin ich jetzt lockerer drauf. 

Das heißt, du hast den Perfektionismus hinter dir gelassen.

Stani Vana: Perfektionismus ist für mich eine große Last. Und das in allen Bereichen meines Lebens. Wenn ich etwas montiere oder baue und es ist etwas nur ein bißchen schief, werke ich so lange herum, bis ich es gerade bekomme. Ich hätte wirklich gerne etwas mehr Lockerheit in diesen Dingen. Aber ich kann da nicht wirklich aus meiner Haut heraus. In der Musik ist es aber bei mir mittlerweile so, dass sich die Frage nach dem Perfektionismus eigentlich nicht stellt. Ich sehe Musik als ein Handwerk, dass ich über viele Jahre erlernt habe. Ich weiß, wie ich etwas zu meiner Zufriedenheit hinbekomme. Wenn ich sehe, dass sich etwas ausgeht – auch mit Zuhilfenahme von Tricks, die die heutige Technik einfach bietet -, dann passt das für mich.

Herzlichen Dank für das Interview.

Michael Ternai

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DELADAP live
16.3. Szene Wien, Wien

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