Wer die vielen verschiedenen Projekte von BERND KLUG kennt, weiß, dass man von diesem Künstler keinen gewöhnlichen Musikentwurf erwarten darf. Unentwegt angetrieben von dem Verlangen, die Hörgewohnheiten der Menschen bis an die Grenzen auszutesten, übt sich der Kontrabassist, Elektroniker und Komponist im steten Übersehen aller musikalischen Regeln. Und so erklärt sich auch das Zustandekommen seiner neuen CD „cold commodities” (innova recordings).
Nach Ansätzen von Melodien oder Harmonien sucht man auf dieser Veröffentlichung vergeblich. Das, was der in New York und Wien lebende Kontrabassist und Elektronikkünstler betreibt, ist die vollkommene Dekonstruktion traditioneller Musikformen. Bernd Klug agiert in einem Rahmen, in dem stilistische Definitionen und Begrifflichkeiten nicht mehr greifen, weil sie schlicht und einfach nicht existieren. Ebenso fehlt es an Ordnung gebenden Strukturen, die einen bestimmten Verlauf vorzeichnen und eine Entwicklung erahnen lassen. Vielmehr als man überhaupt von Stücken im eigentlichen Sinne sprechen kann, konfrontiert der avantgardistische Klangtüftler den Hörer mit musikalischen Soundzuständen, die sich unaufhaltsam zu dunkelsten und bedrohlich wirkenden Gewitterwolken auftürmen und ein Unwetter apokalyptischen Ausmaßes ankündigen.
Etwas Undefinierbares schwingt mit
Doch zu einer Entladung oder dergleichen kommt es nicht, auch weil sich Klug mit Fortdauer immer mehr in die Stille, in die maximal reduzierte klangliche Isolation zurückzieht. Die ohnehin schon wenigen Geräusche werden noch weniger bis sie überhaupt fast zu verschwinden scheinen. Es entwickelt sich eine spannungsgeladene und verdichtete Monotonie, die, versetzt mit einzelnen kurz aufblitzenden Improvisationen und elektronischen Soundeinwürfen, auf seltsame Weise hypnotisch wirkt und in ihren Bann zieht. Warum das so ist? Nun, wirklich eindeutig beantworten lässt sich diese Frage nicht. Es schwingt in den Tracks etwas Undefinierbares und Verstörendes mit, etwas, das letztlich doch irgendwie motiviert, sich der Herausforderung zu stellen, die CD von Anfang bis Ende durchzuhören.
Zugegeben, leichtes Material ist „cold commodities” mit Sicherheit nicht. Bernd Klug unterstreicht mit seinem neuen Output einmal mehr, dass er zu den eigenwilligeren und innovativeren Vertretern seiner Zunft gehört. Aber dennoch, seine „Musik“ ist eine, die länger nachwirkt und eben nicht so schnell aus dem Kopf geht. Und das ist das besonders Spannende an der ganzen Sache.
Michael Ternai