Porträt: Gustav

„Meine Musik geht durch den Kopf, nicht durch die Beine“. Dies zumindest behauptet Eva Jantschitsch alias Gustav über ihr eigenes Schaffen. So unrecht hat sie damit gar nicht. Wem ist ihr Song „Rettet die Wale“ etwa kein Begriff? Nicht nur Greenpeace-Aktivisten hatten mit der Parole ihre reinste Freude. Dazu tanzen möchte man nicht, viel eher fühlt man sich dazu verpflichtet nie wieder Thunfisch aus der Dose zu essen. Protestsongs sind definitiv die Stärke der gebürtigen Steirerin. Und wenn man diese politisch angehauchten Inhalte noch dazu mit solch süßen Melodien unterlegt, macht es gleich doppelt so viel Spaß auf die Barrikaden zu gehen.

Eva Jantschitsch ist in Graz aufgewachsen. Schon sehr früh wurde ihr die musikalische Bildung von ihren Eltern nahe gelegt, demnach hat sie schon in jungen Jahren Bekanntschaft mit dem Geige gemacht. Das tägliche Üben machte jedoch nur halb so viel Spaß wie anfangs gedacht und so wurde aus ihr zwar kein musikalisches Wunderkind, dafür aber eine sympathische Sängerin, die auch ohne Klassik-Gefiedel die Bühne erobert hat. Um ihren Eltern trotz des nicht vorhandenen Willens zum Geigen-Virtuosen eine Freude zu machen, hat Eva den Künstlernamen Gustav angenommen. So hätte sie nämlich geheißen, wäre sie als Junge zur Welt gekommen. Vermutlich schlummern 2 Seelen in der talentierten Musikerin, die aber in Symbiose miteinander ein faszinierendes Kunstwerk ergeben. Die eine Seele zeigt sich als unbefangene Eva Jantschisch, die von Graz nach Wien gezogen ist, um an der Universität für Angewandten Kunst visuelle Mediengestaltung und digitale Kunst zu studieren, die Andere zeigt sich als Gustav die trotz Männernamen mit feministischer, und sozialkritischer Attitüde an ihren Projekten arbeitet. An Kreativität mangelt es keinen der beiden Seelen, und reinreden lässt man sich schon gar nicht. Folge dessen ist das Erstlingswerk „Rettet die Wale“ auch ganz in Eigenregie und in sogenannter „Bedroom Production“ entstanden. Vom elektronischen Sampling, dem Einspielen der meisten Instrumente bis hin zum Cover-Artwork hat die Dame alles selbst in die Hand genommen. Die harte Arbeit wurde angemessen belohnt. Ein Jahr nach der Veröffentlichung ihres Debüts wurde Gustav mit dem Amadeus Austrian Musik Award in der Kategorie „Fm4 Alternative Act des Jahres“ ausgezeichnet. Mit so viel positivem Feedback war es ein leichtes Unterfangen, sich an eine neues Album heranzuwagen, noch dazu wenn man laut Eva Jantschitsch noch so viele Ideen in petto hat.

Die ersten Schritte in Richtung Musikkarriere machte Gustav im Jahre 2002 bei Frauenbandenfesten in Wien. Diese anfänglichen Berührungen in die feministische Bewegung, spiegeln sich auch in einigen Songs wieder, wie zum Beispiel den Tracks „Little weird Grrrl“ oder „Total Quality Woman“. Das zweite Album „Verlass die Stadt“ erschien etwa auf dem Label der deutschen Frauenformation „Chicks on Speed“. Im Vergleich zum ersten Album schlägt Gustav da schon etwas düstere Töne an.

Wird auf  “Rettet die Wale” hauptsächlich auf die gebeutelten Krisenjahre des letzten Jahrzehnts hingewiesen und Themen rund um Globalisierung und Co. in neckische Texte und  fröhliche Melodien verpackt, so kommt im Album „Verlass die Stadt“ schon mal der Trauermarsch der Dürensteiner Trachtenkapelle zum Einsatz. An Variantenreichtum fehlt es der Wahlwienerin definitiv nicht. Gesungen wird nicht nur auf deutsch, sondern auch auf englisch. Elektroklänge finden auf der Scheibe genauso Platz wie, analog eingespielte Instrumente, angefangen von Klavier, Streicher bis hin zu Bläsern und jazziger E-Gitarre. Zitate von bekannten und weniger bekannten Dichtern und Denkern schmücken die Texte ebenso, wie ihre eigene, raffiniert gestaltete Poesie. Zum Teil erinnern die Sounds stark an Chansons und Schlager der 50er Jahre. Dass Gustav gerne als die „österreichische Version aus einer Mischung von Björk und Caterina Valente“ betitelt wird, wundert da nicht wirklich. Der mitunter theatralische Charakter ihrer Musik hat auch in der Theater- und Filmwelt Spuren hinterlassen.

So hat Eva Jantschitsch die Musik zu den Dokumentarfilmen “5 ½ Roofs” (von Sepp R. Brudermann) und “Gangster Girls” (von Tina Leisch) gestaltet, und war als musikalischer Support für zahlreiche Theaterstücke zuständig. Neben ihrem Gustav-Soloprojekt, bei dem sie bei Live-Auftritten meist von den beiden Musikern Oliver Stotz und Elise Mory begleitet wird, hat Eva Jantschitsch zudem mit vielen anderen österreichischen Kollegen zusammengearbeitet. Mit Rainer Binder-Kriegelstein nahm sie den Song „Piraten“ auf und hat außerdem am Song „Yola“ von Franz Reisecker alias Lichtenberg mitgeschrieben. Langweilig dürfte es dem österreichischen Allroudtalent jedenfalls nicht so schnell werden. Bis zum Erscheinen eines neuen Albums wartet man geduldig und muss sich wohl weiterhin mit der mauen politischen Lyrik diverser Tageszeitungen begnügen.(bw)

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Gustav (myspace)