Geiler World-Fusion-Sound: MISCHKULTUR präsentieren „Fliagn“

Mit ihrem Debüt zeigt die Mühlviertler Formation MISCHKULTUR, dass hierzulande die Dance-Post abgeht. Zu ihrem bass- und schlagwerkschwangeren Groove gesellt sich fetter multiinstrumentaler Akustik- und Elektronik-Sound inkl. Rap auf Deutsch, im Dialekt, auf Englisch und in lustbetonter Fantasiesprache.

In einer Welt ohne Separationsbedarf spannen die Musiker elegant den Bogen per Didgeridoo von Australia nach Austria. Das, was die Red Hot Chili Peppers überrissen haben, weiß man nicht nur in Molln schon lange, nämlich dass die Maultrommel ein cooles Instrument ist, mit dem sich großartig improvisieren lässt.

Die Protagonisten Christoph Schulz, Martin Brandstetter, Michael Holzer und Hermann Erber zeigen sich als eingespieltes Team, das keine Scheu vor musikalischer Hingabe hat. Ihre Sound- und Rhythmusspielereien befreien von der Frage, ob man dazu tanzen soll oder nicht, denn man müsste schon auf Ganzkörperbotox sein, damit es einem nicht sofort rhythmisch in die Hüften fährt und mehr.

„Susei“ on the Dancefloor

Herzhaftes Jodeln mit Popular Music zu verschmelzen, das haben zwar schon viele – unterschiedlich erfolgreich – versucht, aber nicht nur das gelingt Mischkultur fabelhaft. Die Ergebnisse ihres künstlerischen Schaffens machen nicht nur dem Bandnamen alle Ehre, die verschiedenen musikkulturellen Elemente fügen sich fast wie selbstverständlich zusammen und zeugen von gelebter Musikintegrität, und so etwas unterscheidet „gut“ von „eh nicht schlecht“.

„I don’t speak Sushi.“

Im Dialekt rappt Martin Brandstetter Botschaften wie: „Mi feit da Kriag au, mit feit des Liagn au, … waun faung ma endlich amoi s’Fliagn au …“ bzw. sinniert über Temperaturschwankungen in der Wüste, egal ob hinter dieser vermeintlichen Widersprüchlichkeit eine Metaphorik steckt oder nicht. Etwas mehr in Richtung Standardsprache geht es weiter mit Worten wie: „Sei wachsam, sei wach, sei im Lieben stark und schwach.“ In „No separation“ drückt man sich auf Englisch aus und den sprachlichen Hochgenuss liefern jene Tracks, die in Fantasiesprache gehalten sind. Die Textmenge ist von Titel zu Titel sehr verschieden. Die Künstler zeigen dabei viel Gespür für optimale Verhältnismäßigkeiten.

„Alles ist in uns seit Kindheit und doch geht es uns beschissen.“

Zu Beginn der CD und auch dazwischen stößt man auf archaische Stimmungen und Instrumentalstücke, die zu einer klangliche Weltreise einladen. Sie nennen es „Organic Fusion“. Ich meine, der ganze Tonträger kommt nicht nur erfrischend ehrlich und „groovy“ daher, er beinhaltet schöne Botschaften genauso wie Spaß und Experimentierfreude.

Eine Besonderheit an diesem Quartett ist, dass sie – nicht nur sprachlich – Unterschiedliches so gekonnt verbinden, dass das, was manchmal bei anderen wie „ned Fisch und ned Fleisch“ wirkt, durch seine Professionalität und musikalisierte Lust besticht. Ich kann nur sagen: fettes Debüt!

Alexandra Leitner

http://www.mischkultur.at