mica-Interview mit Alfred Bäck

Alfred Bäck ist nicht nur Schlagzeuger und Perkussionist in Bands wie Rabouge, Chrono Popp & the Sorry Babies, Soulclub und Low Down – Dogs, er hat sich auch durch sein Engagement für „moderne Musik im Wald4tel“, kurz die „Schönbach Seminare“, einen Namen gemacht.

Diese bieten einerseits berufenen Musikern eine Woche vielfältige Musizier- und Improvisationsgelegenheit mit namhaften Könnern wie Agnes Heginger, Martin J. Reiter, Clemens Wenger, Alex Machacek, Achim Tang, Herbert Pirker, Max Nagl, Clemens Salesny, Franz Hautzinger, Andi Schreiber und Bernhard Fleischmann. Andererseits ermöglicht das Groove-Chor Seminar Laien das Einstudieren eines Chorprogrammes nach Call and Response Methode ohne Noten bei Martin Carbow samt stressfreier Sessionerfahrung abendlich im „Biergwölb“. Krönender Abschluss beider Workshops stellt jeweils ein öffentliches Konzert dar.

Was hinter allem steckt, wo‘s und wie’s menschelt, das habe ich den Chef persönlich gefragt. (Alexandra Leitner):

Seit 2007 gibt es in Schönbach im Waldviertel im Sommer ein Jazzseminar, seit  2009 dann auch den Chorworkshop „Groove im Chor“. Wie kam‘s?

Alfred Bäck: Beim regelmäßigen Urlaub machen im Waldviertel lernte ich den Ort Schönbach kennen und, auf Grund seiner Überschaubarkeit, Ruhe und der wunderbaren Natur auch lieben. Natürlich spielten Menschen bzw. persönliche Bekanntschaften und Freundschaften dabei auch eine Rolle. 2006 erfuhr ich von freistehenden Räumlichkeiten im Klosterkomplex, die kostenlos zur Verfügung waren. Da mir Musik und der Umgang mit ihr naturgemäß sehr am Herzen liegt, wollte ich was in dieser Richtung auf die Beine stellen.

Selbst Teilnehmer div. Workshops und Seminare sind mir ein paar Sachen aufgefallen, die mir da fehlten, oder die mich störten, die ich in jedem Falle anders machen würde und auch mache. Zum Beispiel wird Musik viel zu sehr als Wettbewerb gesehen, Technik oft über alles gestellt. Ein wesentliches Anliegen der Seminare in Schönbach ist die Entkrampfung im Zugang zur Musik. Das vermitteln alle unserer Referenten und schaffen so ein Klima des Wohlfühlens in und mit der Musik. Eine Woche lang eine wirklich schöne Zeit haben, dabei sich „zeigen“ können mit dem was man eben hat und dafür nicht bewertet werden ist für mich ein fundamentaler Punkt um am Pfade der Lust zu wandeln, und Lust ist immer noch die stärkste Motivation sich weiter zu entwickeln und zu lernen.

Mittlerweile haben sich zwei verschiedene Workshops etabliert. Für wen ist welcher Workshop geeignet? Was war dir wichtig, noch anzubieten?

Alfred Bäck: Beim Jazzseminar sollte man gewisse Basiskenntnisse mitbringen. Es ist grundsätzlich geeignet für Musikstudenten, Hobbymusiker mit Banderfahrung, Klassiker, Musiklehrer, Profimusiker,…Für Anfänger ist dieser Workshop nicht geeignet. Bei Groove im Chor, dem Chorworkshop im Juli, ist jede/r willkommen, die/der Lust hat zu singen! Sowohl Jugendliche als auch Erwachsene, welche den Einstieg oder die Weiterentwicklung und Vertiefung in die Chorarbeit suchen, sind geeignet. Darüber hinaus auch Chorleiter, Musiklehrer und Schulmusikstudenten, die an Anregungen für die Pop-, Gospel- und Jazzchorarbeit interessiert sind.

Wie schaffst du es, beim Jazz knapp 120 und beim Chor um die 55 Teilnehmer inkl. Referenten zu koordinieren? Wer hilft mit und wie hast du dir den Plan über die Jahre optimiert?

Alfred Bäck: Naja, ich denke ich bin als Mensch ganz gut strukturiert. Vermutlich hab ich auch einiges an organisatorischem Talent, ich kann mir gut Abläufe im Vorhinein vorstellen. Ich denke, dass ich da auch durch meine Beschäftigung mit Rhythmus profitiere, denn im Grunde sind alle Abläufe Rhythmen, die, koordiniert und abgestimmt, ein gutes Werk ergeben können.

Dann gibt’s da natürlich noch die Weggefährten der ersten Stunde wie Maria und Hannes Pichler, Jo Rameder und seit einiger Zeit auch den Rainer Strondl, darüber hinaus einige hilfreiche Hände und Füße aus der Ortschaft, die organisatorisch und praktisch mithelfen. Einer der wichtigsten Schritte in der Entwicklung als Organisator aber war und ist nach wie vor delegieren zu lernen.

Wie überzeugt man einen wunderschönen, ländlichen Ort in „deepest Niederösterreich“ von Jazz und improvisierter Musik, die sich international herzeigen lassen kann und aber auch dementsprechend offener Musikherzen bedarf?

Alfred Bäck: Der wirtschaftliche Aspekt hilft da natürlich sehr, da mach‘ ich mir nix vor. Für Schönbach sind diese beiden Wochen das finanzielle Highlight, von dem sehr viele in der Region profitieren.
Abgesehen davon glaube ich aber auch, dass Musik, vor allem wenn sie „live“ konsumiert wird, eine bestimmte Energie transportiert, die man auch dann spürt, wenn man mit dem Musikstil nichts am Hut hat. Die Schönbacher haben sich, wenn auch zögernd, immer mehr darauf eingelassen und haben bemerkt, dass unsere Art Musik zu machen immer in Verbindung mit der positiven Stimmung steht, die sich dann natürlich auch überträgt. Das klingt vielleicht etwas geschwollen, ist aber nach 6 Jahren Schönbach meine tiefste Überzeugung.

Was ist dir wichtig? Welche Einstellung schafft die besondere Atmosphäre zwischen den Teilnehmern und Referenten, aber auch den Menschen des Ortes und Umgebung?

Alfred Bäck: Ein Unternehmen ganz gleich welcher Art steht und fällt mit den beteiligten Personen.
Zum einen gibt es in Schönbach Menschen mit Herz und Leidenschaft wie die bereits erwähnten Pichlers, die das „Biergwölb“ betreiben, der Ort an dem unsere Jamsessions stattfinden. Die geben der Veranstaltung eine Heimat, in der man sich geborgen fühlt, weil denen taugt, was da passiert. Zum anderen die ReferentInnen, die sich gegenseitig mögen und schätzen, sich aufeinander und die StudentInnen freuen, die unterm Jahr nicht schon von früh bis spät mit Unterrichten eingeteilt sind, also sich auf diese Tätigkeit auch tatsächlich freuen. Sie tragen wesentlich zur inhaltlichen Weiterentwicklung des Jazzseminars bei, sind auch jeden Abend, und zwar freiwillig, bei den Jamsessions dabei.

Inhaltlich ist uns wichtig, nach allen Richtungen offen zu bleiben, d. h. nix auszugrenzen. Es gibt 11 Ensembles mit unterschiedlichen musikalischen Ausrichtungen. Größten Teils werden die Stücke gemeinsam entwickelt, wird nicht einfach irgendein Jazz-, Pop- oder Latin-Standard heruntergebetet. Vor allem in der freien Improvisation werden Grenzen in Bezug auf das unterschiedliche Niveau der Leute aufgehoben, da gibt’s teilweise andere Parameter. All das schafft eine Atmosphäre des Wohlwollens, weil jeder/jede seinen/ihren Platz findet und sich zeigen und mitteilen kann.

Beim Chorworkshop geht’s einerseits um die charismatische Person des Martin Carbow, seine einzigartigen Qualitäten mit dem Chor zu arbeiten und ihn zu führen. Das besondere Extra ist dann für einige vielleicht die Möglichkeit bei der allabendlichen Jamsession, vielleicht nicht gleich am ersten Abend, aber vielleicht beim dritten oder vierten Mal erstmals auch als Solostimme mit Band in Erscheinung zu treten.

Es gibt sehr viele TeilnehmerInnen, die zum dritten, vierten, fünften Mal dabei sind, das erzeugt familiäre Stimmung, da geht’s dann lang nicht mehr nur darum was kann ich lernen, sondern darum sich eine möglichst angenehme Zeit mit Musik zu machen, diesen durchwegs positiven bis euphorischen Eindruck vom Musik machen mitzunehmen, von dem man das restliche Jahr über zehren kann.

Was ist das Geheimnis, warum dein Workshopkonzept so gut aufgeht? Welche sekundären Früchte trägt deine Arbeit diesbezüglich?

Alfred Bäck: Ich glaube das Geheimnis ist, die geeigneten Personen zu finden und dabei steht die fachliche Kompetenz nicht an erster Stelle, die eine Idee, eigentlich ein Bedürfnis,   mittragen und mitgestalten wollen.
Ich hab‘ persönlich viel gelernt, nämlich wie so mancher Hase läuft, wenn‘s um die Organisation von derartigen Unternehmungen geht, aber auch wozu ich im Stande bin zu leisten und zu gestalten. Ich habe viele nette Menschen kennengelernt und einige davon sind gute Freunde geworden.“

Was bringt die Zukunft? Gibt es weitere Ideen für Workshops o.ä.? Wie kann man die Projekte unterstützen?

Alfred Bäck: Die Zukunft bringt in jedem Fall finanzielle Schwierigkeiten, weil die Subventionen gerade im Kunst-, Kultur- und Weiterbildungsbereich immer mehr zurückgefahren werden.
Inhaltlich ist das Leitmotiv immer die Lust am Musik machen. Diese zu stärken und zu nähren ist eigentlich alles, was wichtig ist. Daran orientieren sich all unsere Tätigkeiten, der Rest kommt dann oft fast nebenbei dazu.

Ideen für weitere WS gäbe es, doch bin ich eigentlich mit den bereits laufendem Programm schon an meine Leistungsgrenze gekommen, denn auch ich will mich am Leitfaden der Lust orientieren, will den Punkt nicht übersehen, wo es aufhört, Spaß zu machen, und sich das Ganze in Stress und Belastung umwandelt.“

Herzlichen Dank für das Interview!

Termine:
„Groove im Chor“ Schönbach:  6. bis 11. Juli 2013
Chorkonzert: Do, 11. Juli 2013 ab 20h GH Hofbauer Schönbach
Jazzseminar Schönbach 10. bis 17. August 2013
Referentenkonzert Jazz: Sa, 10. August 2013 ab 20h GH Hofbauer Schönbach
Abschlusskonzert Jazz: Sa, 17. August 2013 ab 19h GH Hofbauer Schönbach

Foto Alfred Bäck 2:  Johannes Zinner

 

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