mica-Interview mit Mika Vember

Mika Vember hat im Oktober ihr drittes Album „Our Lady of loops“ veröffentlicht, das beim Wiener Label monkeymusic erschienen ist. Mit Markus Egger sprach die Songwriterin unter anderem über Loops, ihre Vergangenheit in einer Rockband und über Ö3.

Our Lady of Loops dein drittes Album ist jetzt gerade erschienen. Wie fühlt sich das an?
Schon wieder total weit weg. Zumindest die Produktion. Das erste Gefühl ist große Erleichterung. Der Tag an dem es aus dem Presswerk kommt das ist schon extrem cool. Jetzt haben wir uns auf die Liveumsetzung konzentriert. Das Liveset steht jetzt auch. Und es ist die erste große Durchatemphase. Das Gefühl jetzt ist durchaus positiv.

Das Album ist jetzt erstmals bei Monkeymusic erschienen. Warum Monkey?
Naja es war zuerst grundsätzlich geplant wieder bei der Clara (Anmerkung Luzia und bei ihrem Label Asinella, bei dem Mikas erstes Soloalbum erschien.), nur hat sie dann festgestellt das sie die Ressourcen nicht hat, finanziell, zeittechnisch und energietechnisch. Über meinen Manager, den Charlie Bader von der Medienmanufaktur, habe ich den Kontakt zu Monkey bekommen, und das war für mich dann auch das naheliegendste. Das erste Angebot hat dann auch gepasst. Ich bin nicht Label-Shoppen gegangen.

Wie lang hat der Produktionsprozess des Albums gedauert, von der Entstehung der Nummern bis zum Mastern?
Die ersten Sachen haben wir ca. vor einem Jahr gemacht. Da habe ich entschlossen, da muss endlich mal was weiter gehen. Ich bin jemand der immer Deadlines und einen zeitlichen Rahmen braucht. Ich bin jemand, der nicht immer nebenbei Lieder schreibt und auf einmal 30 hat und dann aus den vollen schöpfen kann, sondern ich brauche immer einen zeitlichen Rahmen und dann gehört etwas gemacht. Und das war letzten Herbst soweit: Das haben wir gesagt, wir suchen um den Musikfond an. Im. November war die Deadline für den Call damals. Und dann hab ich eben mit dem Nefzger (Anmerkung Alexander Nefzger ist u.a. Produzent von Mika Vember, Kommando Elefant, Andre Heller,…) demomäßig drei Songs abgeliefert, die ich kurz zuvor erst fertig geschrieben habe. Und im Februar haben wir dann angefangen nebenbei immer ein bisschen zu recorden, aber auch teilweise die Lieder wirklich erarbeitet. Das hat ziemlich ineinander gegriffen. Es war jetzt nie der Punkt da, wo wir gesagt haben: „So jetzt sind wir fertig, jetzt gehen wir aufnehmen“, sondern es ist immer gewachsen. Für ein zwei Lieder, wo wir gesagt haben, jetzt sollten wir wirklich die Vocalspur aufnehmen, da habe ich dann am Tag davor schnell noch die Lyrics geschrieben.

Mika Vember – Her own History by mica

Welche Lieder waren das?
Am Längsten habe ich gebraucht bei „Closer“, bei der zweiten Nummer des Album, weil da habe ich zuerst gewusst wie das Lied klingen soll, habe aber einen anderen Text als Platzhalter hergenommen und von dem dann wieder wegzukommen ist total schwer. Es waren Lyrics von einer anderen Nummer vom selben Album, und hätte ich das so gelassen hätte ich auf einem Album zwei unterschiedliche Lider mit selben Lyrics gehabt, was zwar spannend gewesen wäre, aber doch nicht so ideal…Aber letzten Endes hat es mit den neues Lyrics auch funktioniert.

Gibt es auch Songs, die es nicht aufs Album geschafft haben?
Ja, einen. Rubberband. Der war zuerst geplant. Den gibt es ja schon auf Vinylsingle, und da habe ich mir gedacht eigentlich hätte es sich der Song auch einmal verdient auf ein Album zu kommen, dass das auch mehr Leute hören. Das hat aber dann doch nicht dazugepaßt. Da hätten wir die Nummer ganz neu aufrollen müssen. Und da war dann auch nicht mehr die Zeit und die Energie da.“Take that“ hat ziemlich gewackelt, da war ich urlang nicht happy mit unserem Arrangement, und ich habe mir gedacht, wenn es nicht bald die Kurve kriegt, dann kommt es halt aufs nächste Album. Dann hatte ich die Idee relativ reduziert Schlagzeug und Stimme. Und somit war das auch geknackt und ist auf das Album gekommen.

Du hast ja einen Haufen von Gastmusikern auf Deinem Album?

Ja (lacht!)

Neben Börn und Alexander Nefzger, die eh schon länger mit dir zusammenarbeiten, habe ich den Hans Wagner vom Trojanischen Pferd und Neuschnee gesehen, Illute, Melissa Laveaux und Wendy Mc Neil. Woher kennst Du die alle?
Ganz verschieden. Die Melissa habe ich in Kanada in Ottawa kennengelernt, ich habe 2004 dort ein Auslandssemenster gemacht. Da gab es eben einen kleinem Klub mit einem Open Mic und dort hat die Melissa gesungen und ich habe dann dort auch ein paar mal gesungen und so sind wir dann dort ins Gespräch gekommen und es hat sich eine Freundschaft draus entwickelt. Inzwischen ist die Melissa in Paris, sie arbeitet dort und lebt dort, hat auch ein französisches Label. Das hat es auch einfacher gemacht, sie für ein paar Tage einzufliegen fürs Einsingen. Und die Wendy ist auch eine Kanadierin, die in Schweden lebt, und die habe ich kennengelernt, die hat in Wien gespielt, bei einer Veranstaltung vom Friedel Preisl, der auch die Songreiterei im Augarten macht, und er hat mich gefragt ob ich ihr Konzert anmoderieren mag und dass hat mir natürlich sehr getaugt, weil ich ein Fan von ihr bin und so habe ich sie kennengelernt. Und jetzt für die Aufnahmen vom Album wurde sie auch für ein paar Tage eingeflogen.

Und die anderen Musiker?
Die Illute ging über den Nefzger, weil die hat er ja produziert. Und den Hans, dass weiß ich jetzt gar nicht wie das war der Börn hat ja das Album vom Trojanischen Pferd produziert und der Nefzger kennt sie auch. Aber ich glaub es war über den Nefzger, der kennt ja auch noch durch seine vielen Produktionen ein paar Leute.

Das neue Album ist energetischer und viel reicher arrangiert als dein letztes Soloalbum!

Ja, es ist sicher vielschichtiger. Es hat sich einfach total viel getan seit dem ersten Album. Eigentlich  hätte da noch ein Album (Anmerkung Abgesehen von „Fame and Success“ das gemeinsam mit Börn veröffentlicht wurde) dazwischen geben müssen. Zuerst war das erste Soloalbum da, dann ist eine Liveband entstanden mit Börn, Martina und Nefzger. Dann haben wir eine zeitlang viele Auftritte gespielt. Und da hätte eigentlich ein Album Platz gehabt. Der Vember Sound mit dem Kofferschlagzeug. Da waren aber einfach noch nicht genug Lieder fertig. Dann sind wieder ein, zwei Jahre vergangen. Und vom ersten Album „now or now“ zu „our lady of the loops“ ist es einfach schon ein Riesenschritt. Beim ersten Album war es einfach so, dass ich gesagt habt da habts die fertigen Songs und der Bernhard und der Nefzger haben produziert. Beim neuen Album war es so, dass ich das mir dem Nefzger gemeinsam gemacht habe. Das war vielmehr Tüftelei und auch mehr von mir drinnen.

Das heißt, Du hast das neue Album nicht so einfach aus der Hand gegeben?
Ja, genau. Ich habe einfach schon mehr gewusst, was ich will. Am Anfang hat man große Augen und ist als Musikerin nur froh hier rein gekommen zu sein und ins Musikbusiness reinzuschnuppern. Und jetzt sind doch schon einige Jahre dazwischen, wo ich sagen kann, das und das hätte ich gerne. Ich habe einfach genauere Vorstellungen.

Auch ein Prozess des Alterns und das man schon länger Musikerin ist?
Auf alle Fälle. Das Alter nicht unbedingt, aber Jahre in der Musik. Das Alter spielt, wenn dann eher auf der Songwriterebene eine Rolle. Ich kann sagen, ich habe jetzt andere Erfahrungen und sehe die Welt mit anderen Augen als mit 20. Aber vom musikalischen und vom produzieren her, dass es einfach so und so viele Jahre mit Musik und mit produzieren ein anderer Blickwinkel ergibt.

Auf der ersten Nummer gibt es viele Streicher, auf der fünften Nummer zahlreiche Kazoos. Hast Du da die Arrangements schon vorher im Kopf? Oder wie kommt dann der Sound zustande?
Ganz verschieden. Bei history (Anmerkung der ersten Nummer) ist es so, und deswegen kommen auch die loops im Titel vor: Da war einfach ein Gitarrenloop, das ich eingespielt habe, dass war sehr rhythmisch von seiner Art her und ein bissel Stimme dazu. Das war das Grundding und auf das haben wir aufgebaut. Aber es hat sich aus diesem Grundriff ergeben. Es war ein Entwicklungsprozess. Ich habe mir am Anfang nicht gedacht „So jetzt will ich Streicher und Bläser und was weiss ich,…“. Was klar war ist, dass es eben sehr rhythmisch angelegt werden muss. Daraus haben sich die Percussion-Sachen ergeben. Und dann war es einfach schon so groß, dass wir gesagt haben als I-Tüpferl hauen wir auch noch Bläser und Streicher rein. Bei der Nummer „easy as pie“, da war es so, dass die Kazoo schon von Anfang an dabei war. Da ist es eigentlich auch ein Gitarrenloop, der durch den ganzen Song führt, da habe ich aber schon bei der Demoversion, die ich daheim aufgenommen habe mit einem Kazoo gespielt. Das haben wir dan fürs Album nur mehr ausgebaut.

Die Loops, wie der Name „our lady of the loop“ verrät, spielen auf dem neuen Album eine große Rolle.
Ja. Aber live finden sie lustigerweise nicht mehr so viel Anwendung, weil da habe ich eh die Band, aber für die Entstehung des Albums waren sie sehr wichtig. Zu meinem 30ger habe ich eine loopstation geschenkt bekommen. Damit habe ich sehr viel herumgespielt und das findet sich auch auf dem Album wieder. Ich habe mir ein bisschen Final Fantasy angesehen, der ist ja immer nur mit seiner Geige und seiner loopstation unterwegs und hat da ein ganzes Orchester allein eingespielt. Und es ist wirklich cool, was man alles mit loops machen kann. Weil es ist ziemlich vielschichtig und man kann daheim auch sehr viel machen ohne von einem Computer abhängig zu sein.

War das auch ein Bedürfnis von Dir mit den Loops und dem neuen Sound weg von der Singersongwriterin zu kommen, die nur mit Gitarre und Stimme Musik macht?
Ich glaub es war kein bewusstes Bedürfnis, aber unbewusst doch. Dadurch, dass ich jetzt auch nicht so gut Gitarre spiele, habe ich auch ein bisschen immer die Panik, dass ich nicht in ein „Geschrummel“ reinkomme. Und um dass aufzubrechen…Das hat auch mit den loops sehr gut funktioniert. Was mir auch total taugt ist percussion , weil das ist auch ein Hälfte von mir und das war auch ein Wunsch, dass diese Hälfte von mir auch verstärkt ins Album einfließt. Und so hat sich das automatisch ergeben, dass man weg kommt von der klassischen Singersongwriterin.

Wirst Du von außen, den Medien auch ein bisschen in diese Singersongwriterrolle gedrängt. Wenn man sagt, ja die hat ja auch bei Clara Luzia die percussions gespielt?
Reingedrängt vielleicht nicht. Aber insgesamt ist dieser Singersongwriter-Begriff einfach zu viel. Es wurde so ein Hype beschrieben, den es zwar zu einem gewissen Grad schon gegeben hat. Aber auf einmal war alles Singersongwriter. Und es greift schon etwas zu kurz. Es ist so schwammig. Das klassische Girl mit Gitarre hat bei mir zwar auch eine Zeit lang gestimmt, aber das war nur eine Zwischenstation. Clara Luzia wird immer eine Assoziation bleiben. Das ist Fluch und Segen. Einerseits super, weil die Clara kennt man halt, und das war auch mein Einstieg in die professionelle Musik. Da habe ich mir auch viel abgeschaut. Aber ich kann auch für mich stehen. Es kommt halt auch oft die Frage „Wann hast Du Dich entschieden Solo Wege zu beschreiten?“ – Was immer lustig ist, weil ich habe vorher auch alleine Musik gemacht, aber das war unter der Wahrnehmungsschwelle. Aber ich kann gut damit leben es ist ja auch was, was mir was bringt und was ich nicht furchtbar finde. Gott sei Dank mag ich die Musik von Clara Luzia auch.

Wie entstehen Deine Songs? Hast Du da zuerst einen Gitarrengriff oder einen Text? Das wird sich sicher von Song zu Song unterscheiden?
Meistens sitze ich mit der Gitarre da. Da muss dann sowohl ein Gitarrenriff da sein, als auch ein kleiner Textfetzen. In manchen Fällen ist der fertige Text noch ganz weit weg. Aber das gibt dem Song trotzdem immer die erste Richtung, das erste Gefühl, oder ein Thema wo ich weiß, wohin es gehen soll. Um das kann sich der Rest dann aufbauen. Was ich nie mache ist ein Lied instrumental fertig zu machen und dann zu sagen, OK was singe ich da jetzt dazu.

Du hast Englische Literatur studiert, liest Du viel auf Englisch und wie wichtig ist das für deine Songs, die Du ja auch auf Englisch textest?
Ich lese nur auf Englisch. Es gibt aber einige hartnäckige Menschen wie meinen Vater, der sagt „Wieso singst Du nicht auf Deutsch, damit ich auch etwas verstehe?“ – Und da ist es dann echt so, dass ich sage, ich habe mich mit der englischen Sprache viel intensiver auseinandergesetzt. Also ich könnte auf Deutsch nie so gut schreiben. Ich bewundere es total, wenn Leute deutsche Lieder schreiben, weil ich es auch total schwer finde etwas zu schreiben, dass nicht sofort Austropop ist oder als Schlager wahrgenommen wird. Die Literatur ist dann noch ein Aspekt wo man neue Seiten kennenlernt. Insofern ist die Literatur für meine Musik extrem wichtig.

Seit wann machst Du Musik?
Seit ich zwölf, dreizehn bin. Meine Schwester hat mir ihre Konzertgitarre vererbt, dass war die erste Phase daheim herumklimpern auf der ungestimmten Gitarre. Die nächste Phase, war durch meine Großcousins, die große Metalfans waren, die Metallica und AC/DC hörten. Da bin ich ziemlich darauf reingekippt. Da haben wir dann damals beschlossen, wir gründen auch eine Rockband. Das war dann aber von relativ kurzer Dauer, weil es schnell auseinander gegangen ist, die haben weiter Manowar gehört und bei mir ist es dann weiter in die Poprichtung gegangen. Dann bin ich nach Wien gekommen, hab was Bandmäßiges gesucht und habe bei einer Rockband mitgespielt. Da habe ich gesungen. Das war aber auch zu wenig meines. Dann habe ich öfter Solo gespielt bei openmics. Und dann kam eh schon 2004 das Auslandssemester in Kanada. Und das war ein bisschen das Gefühl von ankommen. Das war Singersongwriter ein bisserl in die Folkrichtung.

Das war die Initialzündung?
Schon. Ja. Da habe ich das erste mal gesagt, das ist genau das, was ich machen will. Das war sowohl von der Musik her als auch von der Attitude meines. Die Openmics dort haben die so symphatisch gemacht.

Ist das eine Szene, die es so in dieser Art in Österreich nicht gibt?
Ich habe es auf alle Fälle anders erlebt als in Österreich. So was gibt es sicher auch in Wien. Im Tacheles im zweiten gibt es das auch. Aber im Ausland ist das schon was anderes. Die machen dort einfach und scheren sich nicht soviel, ob es gut ankommt, oder ob sie was verkaufen, oder ob was im Radio gespielt wird. Einfach aus Leibe zur Musik. Und mit diesem Gefühl habe ich sehr gut können.

Du wirst ja auf Radio Wien gespielt bei Trost und Rat und auch auf FM4. Wie wichtig ist das für Dich?

Wichtig ist es auf alle Fälle. Radio Wien habe ich nur ein bisserl ein Feedback. Lustig war es bei Summernights, das ist nämlich auf Radio Wien kurz gelaufen und auf FM4 und dann ist es auch noch auf Ö3 glaufen. Ein paar Mal. Das war dann irgendwie witzig. Weil das war der Punkt, wo meine family, die teilweise klassiche Ö3 Hörer sind, das erste mal gesagt haben. „Cool, gratuliere!“ – Und ich so „Ich mache seit Jahren Musik“ – Und das war für mich halt sehr bezeichnend, weil es einen großen Kreis gibt, den du mit FM4 nicht erreichst. Ich habe da auch keine Berührungsängste. Ich denke mir, je mehr Leute meine Musik hören, desto besser.

Wie wichtig sind Videos in Zeiten von YouTube und Facebook für Dich?
Wahrscheinlich weniger wichtig, als sie sein sollten. Zu summernights hätte es eines geben sollen. Wenn ich eine super Idee habe für ein Video, dann bin ich schon daran interessiert eines auf die Beine zu stellen. Jetzt nur zu sagen ich mach eines, damit es eines gibt, damit ich es auf youtube stellen kann, das ist halt irgendwie witzlos. Es gibt genügend Livevideos. Damals Zu Rubberband haben wir eines gemacht. Eventuell zu „easy as pie“ möchte ich auch was machen. – Aber unwichtig ist es sicher nicht. Es macht schon Sinn solche Kanäle wie YouTube zu bedienen. Aber ich bin zu faul und zu wenig dahinter.

Danke für das Gespräch!

Mika Vember © Ute Zötsch

http://www.mikavember.com/