mica-Interview mit Eva Jantschitsch

“Die Feindbilder haben sich bewährt” – Verweigerung, Kapitulation, oder doch Verdrängung? Musikerin Eva Jantschitsch alias Gustav bildet sich im mica-Interview mit Markus Deisenberger ihre ganz eigene Meinung über die Bono Vox-Strategie, Ambient-Alben und politische Kunst.  

Für heutige Verhältnisse hast Du Dir zwischen erstem und zweitem Album ziemlich viel Zeit gelassen. Gibt es einen bestimmten Grund dafür?
Viele verschiedene. Mir sind einfach immer wieder andere Projekte dazwischen gekommen. Eigentlich hatte ich vor, schon im Herbst letzten Jahres zu veröffentlichen, aber dann kam ein Theater-, Revue-Projekt dazwischen, das ich mit SV Damenkraft für das Burgtheater gemacht habe. Dadurch hat sich alles noch einmal verschoben.

Wenn man diversen Berichten Glauben schenkt, wolltest Du Dich nach dem unerwarteten Erfolg Deines Debut-Albums eine Zeit lang überhaupt zurückziehen und Dich nur noch der bildenden Kunst widmen? Stimmt das?
Das stimmt schon, ja. Das Projekt “Gustav” war für mich immer eine sehr integere Geschichte, die, so wie ich mir das ursprünglich ausgedacht hatte, den Verwertungsmechanismen des Musikbusiness nicht entsprechen sollte. Den schnellen Nachfolger, die Einhaltung der empfohlenen Schritte – das alles durfte es auf keinen Fall geben.

Das heißt keine Unterwerfung unter die Bilderbuch Pop-Karriere.
Genau. Es kamen ja auch sehr schnell Angebote für größere Bühnen, größeres Management…

Auch Majors?
Nein, das eigentlich nicht. Dafür eignet sich meine Musik offenbar nicht.

Du hast Dich aber auch im Live-Spiel durchaus verweigert und größere Dinge abgeblasen?
Stimmt und einiges davon tut mit auf persönlicher Ebene heute auch noch leid. Der Veranstalter des wenig später wegen Überflutung in Konkurs gegangenen Festivals etwa. Dem war das ein Bedürfnis, dass ich auftrete. Das war aber so kurz nach dem Amadeus-Auftritt, nach dem Höhepunkt in Österreich und das wollte ich dann einfach nicht.

Und warum dann doch ein zweites Album?
Gute Frage. Ich hab in der Zwischenzeit sehr viel gespielt. Das heißt: Für meinen Begriffe viel. Zwei Konzerte pro Monat. Und irgendwann hatte ich dann einfach neue Nummern und es stellte sich die Frage, wie man die wieder in einer neuen Arbeit zusammenfassen kann.

Mit Deinem “Hier leben? Nein Danke”-Ausspruch bei der Amadeus-Verleihung hast Du Dir nicht unbedingt viele Freunde gemacht….
Nein. Das war aber auch nicht meine Intention.

Verweigerung war und ist ein Thema.
Durchaus ja. Ich bin immer auf der Suche nach der möglichen Alternative.

Gab es auch positive Reaktionen auf diesen klaren Bruch bei der Amadeus-Gala?
Durchaus. Ja.

Kann man die Vereinnahmung verhindern, indem man sie so bricht? Oder ist der Widerstand letztlich zwecklos?
Man kann Grenzen setzen oder sie zu setzen versuchen. Ich kann durchaus bestimmen, wo und unter welchen Bedingungen ich stattfinden will. Komischerweise wird dir diese Macht von allen Seiten abgesprochen. Von wirklich allen Seiten. Sogar von Teilen meines Freundeskreises wurde mir immer vorgehalten: Du musst die Chance nützen. Es gibt doch eh so wenige Frauen. Einerseits ist es also diese Suche nach einem Stellvertreter, die Dich drängt, andererseits auch ökonomische Überlegungen.

Was meinst Du mit ökonomischen Überlegungen? So schnell wie möglich so viel Geld wie möglich abzugreifen? Nach dem Motto: Wer weiß, wie lange es geht…
Genau.

Ist die unverhoffte Popularität nicht auch eine Chance, eigene Anliegen zu transportieren?
Tu ich ja. Meine Wiener Konzerte waren ausschließlich Solo-Konzerte, bei denen ich den Hype um meine Person ausgenutzt habe, um mein ganz persönliches Ding zu machen. Aber die Bono Vox-Strategie -so will ich das mal nennen – ist eine meist eigennützige.

Unter der letztlich die eigene Kunst am meisten leidet.
Das sicher auch. Aber es nützt auch dem eigenen Image mehr als der Sache an sich.

Wird einem das – ich formuliere es jetzt bewusst zynisch – übel genommen, die “fremd verursachte” Popularität für eigene Inhalte zu nutzen?
Hmmm. Das kann ich nicht beantworten. Diese Reaktion habe ich nicht wahrgenommen.

Ein befreundeter Musiker meinte einmal, die einzige Möglichkeit, heute als Musiker politisch zu sein, wäre gar keine Musik mehr zu machen.
Nein. Der Überlegung, wann man wo stattfindet, in welchem Kontext man auftritt, wie man Kontexte brechen kann, muss ich mich stellen. Wenn man immer die Strukturen mitdenkt, was natürlich viel an Impulsivität und Unmittelbarkeit verhindert, und genau auswählt, ist das durchaus ein politischer Akt.

Aber dann gibt es doch viel, was sich von vorneherein verbietet?
Das kommt ganz darauf an, wie man die Situation bricht oder thematisiert.

Würdest Du jemals auf einer Parteiveranstaltung auftreten?
Niemals, nein.

Was vor dem Hintergrund, dass die SPÖ Wien als Veranstalter zahlreicher Festivals udgl. mehr auftritt, schon ziemlich schwierig werden dürfte.
Trotzdem kann ich mit gutem Gewissen behaupten, noch nie auf einer von einer Partei finanzierten Veranstaltung aufgetreten zu sein. Niemals. Bei politischen Veranstaltungen ist es vorbei. Beim von der ÖVP Wien veranstalteten Stadtfest habe ich zunächst eine schier unglaubliche Summe verlangt, von der ich nie ausging sie zu bekommen. Dann trat aber das wirklich Unerwartete ein: Meine Forderung wurde akzeptiert, worauf ich dann in die unangenehme Situation kam, noch einmal ausdrücklich ablehnen zu müssen. Bei Theaterproduktionen ist es natürlich etwas anderes. Da bezieht man Fördergelder. Oder mein aktuelles Album, das vom Österreichischen Musikfonds gefördert wurde: Da gehe ich schon Kooperationen ein. Aber da ist die Entscheidung eine viel pragmatischre, apolitische. Hier gibt es Geld und dort gibt es MusikerInnen, die für mich Jahre lang umsonst gespielt haben. So what?!

Gehen wir zum neuen Album. In “Abgesang” unterschreibst Du die Petition zur völligen Kapitulation. “Rebelliere im Stillen, diskutiere banal. Wenn du vieles verlierst, ist dir vieles egal” heißt es da. Ich denke, der Song steht programmatisch ganz bewusst am Anfang. Oder?
Ja. Die Nummer über Denkflucht bot sich als Anknüpfungspunkt an, um die Gustav-Geschichte weiter zu erzählen Sie ist allerdings schon 2001 als erste Gustav-Nummer überhaupt entstanden und war damals auf die blau-schwarze Regierung gemünzt. Für die jetzige Version habe ich Schüssel durch Schlüssel ersetzt.

Spontan ist mir da gleich Kapitulation von Tocotronic eingefallen. Das Bild einer Generation, die sich langsam damit abfinden muss, nichts mehr ausrichten zu können gegen den alltäglichen Stumpfsinn, globalen Wahnsinn und Quoten-Ausverkauf, hat den Zeitgeist erreicht. Ist das nicht unglaublich zynisch?
Ich empfinde die Nummer weniger zynisch als einfach nur traurig.

Soll man sich mit diesem Ohnmachtsgefühl wirklich anfreunden? Ist die Lage für Andersdenkende tatsächlich so aussichtslos geworden?
Natürlich nicht. Die Nummern, die nachfolgen, entsprechen dem ja nicht. Es geht um einen Zustand, aus dem man sich auch wieder befreien sollte, und seine Beschreibung. Die 00er Jahre waren für mich persönlich sehr explosiv. Zumindest für mich als Student haben diese Jahre unglaublich viel an Zündstoff geliefert. Mir ging das Material, an dem ich mich reiben kann, jedenfalls nie aus. Irak-Krieg, World-Trade Center, Blau-Schwarz, Bush, Blair: Diese Feindbilder haben sich ja bewährt. Mittlerweile wurde das Politische in Österreich wieder etwas gediegener, aber im Zuge der letzten Jahre ist der neo-liberale Geist so in unsere Identitäten einverleibt worden, dass die totale Überwachung und Kontrolle deines privaten Lebens durch marktwirtschaftliche Überlegungen die Folge war. Unterschwellig hat es voll gegriffen. Und darum geht es mir jetzt eigentlich. Dort liegt mein Focus.

Diese Situation zu bereinigen?
Sie zumindest wieder sichtbar zu machen, diesen Zustand, dass es nicht mehr sichtbar ist, sondern sich in dir selbst und deinen Handlungen versteckt. Diese politische Verantwortung, die die Politik an den Markt abgegeben hat….

Du meinst, man muss diese Verantwortung wieder einfordern?
Ja natürlich. Sonst brauchen wir die Politik ja zu nichts.

Das heißt wiederum, dass Deine Grundeinstellung das genaue Gegenteil vom Liebäugeln mit der Frieden stiftenden Funktion der Kapitulation ist?
Klar. Kapitulation und Verweigerung sind zwei grundlegend verschiedene Strategien.

Ist politische Kunst im Pop nicht trotzdem so etwas wie der größtmögliche gelebte Anachronismus?
Ich glaube, egal wo politische Kunst stattfindet, ist sie immer anachronistisch. Aber es ist auch meine einzige Möglichkeit. Es ist mir nach wie vor eine innere Notwendigkeit, mich sprachlich mitzuteilen.

Glaubst Du persönlich noch an die subversive Kraft von Musik?
Ich glaub schon, dass ich dran glaube.

Shorsch Kamerun hat einmal gesagt, die größtmögliche Freiheit findet er heute im Staatstheater vor. Einigermaßen absurd, dass ein Punk die Nähe des Subventionsapparats sucht, um dort zu beschützter Autonomie zu gelangen? Findest Du das nachvollziehbar? Und suchst Du den Kunst-Kontext oder ist das einfach eine von vielen Schienen, die sich Dir bietet?
Ich suche ihn nicht, er passiert. Aber wenn es passiert, dann ist es auch gut so. Jens Rachut (Oma Hans), ein Ur-Vertreter des Punk, hat gerade ein Hörspiel für den WDR produziert und das wurde eine Super-Arbeit, die ohne Subventionen nie entstanden wäre. Bestimmte Dinge mit einem gewissen produktionstechnischen Aufwand würden aus ökonomischen Gründen ja gar nicht entstehen, wenn sie nicht subventioniert würden. Eine der zentrale Staatsaufgaben ist es daher ja auch, Geld so zu verteilen, dass ein großartiges Schaffen aufrecht erhalten wird, auch wenn es viele Leute nicht erreicht. Aber das Stattfinden muss ich ermöglichen.

Das Donaufestival bietet Dir auch eine solche Möglichkeit. Dieses Mal wirst Du mit der Trachtenkapelle Dürnstein auftreten. Wie war das erste Aufeinandertreffen? Merkwürdig?
Ja, schon. Das ist eine richtig gestandene Musikkapelle. Aber beim ersten Treffen habe ich sie noch nicht in Tracht gesehen, was den Eindruck sicher ein wenig abschwächt hat.

Wie bist Du auf die Idee gekommen?
Ich hab schon einmal für das Festival der Regionen in Oberösterreich ein paar meiner Lieder für einen gemischtgeschlechtlichen Chor arrangiert. Einen so massiven Klangkörper zu verwenden und ihn mit meinen Texten zu kontakarieren und auszuprobieren, wohin das führt, hat mir enormen Spaß gemacht.
Dann gab es ein Treffen mit Tomas Zierhofer-Kin. Kurz davor hat sein Booker gemeint, ich solle mir doch etwas Spezielles einfallen lassen. (lacht) Weil ein Konzert allein… Seien wir uns ehrlich. Fünf Minuten später hab ich in einer Art Kurzschluss “Blasmusikkapelle!!!” gesagt.

Schreibst Du für das Projekt neue Nummern oder arrangierst Du bestehende so um, dass sie in diesem Kontext funktionieren?
Ich arrangiere bestehende so um, dass sie Blasmusik-tauglich werden.

Wenn wir von Kontakarieren sprechen, fällt mir auch Deine starke Affinität zu Chanson und Walzer ein, die ja auch in einem mitunter starken Gegensatz zu Deinen Texten stehen? Geht es Dir da um ironische Brechung?
Vielleicht ja. (lacht) Im Herzen bin ich natürlich die Walzerkönigin.

Was unterscheidet den Chor, den Du bei Amadeus-Awards-Auftritt einsetztest, von dem jetzt?
Zwei völlig entgegen gesetzte ästhetische Umsetzungen. Die Mitglieder des Chors, den ich beim Award eingesetzt hab, waren alles Leute, zu denen ich eine persönliche Beziehung habe, mit denen ich eine Geschichte teile. Leute aus meinem Umfeld, mit denen ich mich gemeinsam entwickelte. Da war es auch nicht wichtig, dass die besonders gut singen oder gut ausschauen oder dergleichen, sondern ihre Persönlichkeit und die Geschichte, die sie mittragen. Ihr Einsatz war also eine persönliche Notwendigkeit, während mich mit der Trachtenkapelle keine persönliche Beziehung verbindet.

Glaubst Du an die Kraft der politischen Musik?
Ich glaube an die Bewusstmachung. Ich bin doch selbst jemand, der mit Musik aufgewachsen ist und dem sie unglaublich viel gegeben hat

Das heißt Du warst einer dieser Nerds, der Text-Versatzstücke raus nimmt, sie auswendig lernt und sich bestimmte Nummern immer und immer wieder anhört?
Klar, wenn gar nichts mehr geht, höre ich auch heute noch Ton Steine Scherben und dann geht’s wieder los!

Gibt es Dinge, die man ausblenden muss, um weiter machen zu können?
Verdrängung gehört schon auch dazu. Sich ständig Gedanken zu machen, mit wem ich jetzt sprechen kann und mit wem nicht, was zu sagen in dem Rahmen OK ist, in einem anderen wieder nicht, ist ja unfassbar anstrengend. Diese Verhaltenscodizi engen ungemein ein. Verdrängung ist da natürlich eine Methode, die man einsetzen muss, zumal ich bisher ja auch alles alleine gemacht habe. Das gesamte Booking etc.

Eine bewusste Entscheidung?
Eine bewusste Entscheidung, die ich jetzt allerdings im Wege der Verdrängung hinter mir gelassen habe. Seit kurzem arbeite ich mit einem Booker und habe das Label gewechselt.

Wie das?
Ich war in Deutschland viel unterwegs und es war oft so, dass Leute dort nicht an mein Produkt ran kamen, obwohl Hausmusik (dt. Vertrieb, der in der Zwischenzeit in Konkurs ging, Anm) damals noch intakt oder zumindest da war. Trotzdem hat diese Vertriebsstruktur nicht wie erhofft funktioniert wie. Mosz (Label, Anm.) hat sich sehr angestrengt und viel an Zeit und Arbeit investiert. Aber die Stadt zu wechseln war für mich sehr reizvoll.

Verlass die Stadt!
Genau. Verlass die Stadt und geh in die andere. München.

Ein hartes Pflaster. Vom Regen in die Traufe?
München passiert bei mir nur auf dem Display. Ich lebe ja noch immer in Wien.

Was bedeutet Dir Wien?
Nichts Besonderes.

Warum dann überhaupt Wien?
Zufall. Kann sich jederzeit ändern.

War das Umfeld von Chicks on Speed ein bewusst gewähltes?
Unbedingt. Disko B ist eine Firma, die mit wirtschaftlichen Interessen handelt und selektiert und ein ganz klares Profil seiner Artists erstellt. Was mich bisher auszeichnete war, dass Gustav ein aus innerer Notwendigkeit entstandenes Liebhaberprojekt war. Da fand ich es unheimlich spannend, in eine Struktur zu gehen, die diese Liebhaberei professionalisiert und deshalb ganz anders operiert, eine Vertriebsstruktur hat. Ich möchte mich ja auch weiter entwickeln.

Frauen sind immer noch unterepräsentiert. Dennoch hat im Vergleich zu den letzten Jahren in Wien ein regelrechter Boom eingesetzt. Derzeit gibt es hier unglaublich viele junge Frauen, die Musik machen. Du, Soap & Skin, Cherry Sunkist, im Singer-Songwriter-Genre…
Clara Lucia, Marilies Jagsch, Mika, Vember. Super ist das.

Kennt ihr euch?
Karin Fisslthaler (aka Cherry Sunkist, Anm.) kenne ich. Wir begegnen uns immer wieder. Hin und wieder finden wir in denselben Rahmenbedingungen statt. Im feministischen Kontext. Für ihre Diplomarbeit hat sie mich interviewt. Clara Lucia hat zu meiner neuen Platte eine Chorstimme beigesteuert.

Ist das nicht auch ein wenig merkwürdig, dass man selbst als Role-Model für die nächste Generation fungiert?
Tue ich das denn?

Sicher doch.
Also ich weiß nicht.

Wenn man eine der ersten ist, die die Bühne erklomm, wird man doch wohl wahrgenommen und kopiert.
Die wirklich erste war Electric Indigo. Das ist unsere Mama. Sie war und ist das Role-Model, auf das man sich als österreichische Musikerin bezieht. Die erste, die auch diesen feministische Anspruch hatte.

Dennoch wird sich da doch wohl allmählich auch ein Generationswechsel vollziehen?
Doch sicher.

Du bezeichnest Dich selbst als Postfeministin. Ziel ist es, abseits von Geschlechterrollen wahrgenommen zu werden. Nun muss man das Frauenbild einerseits thematisieren (in der Nummer “Total Quality Woman” etwa), andererseits ausblenden, schließlich will man nicht als Frau, die Musik macht, sondern als Musikerin wahrgenommen werden. Widerspricht sich das?
Nein, es ist nur schwierige und harte Arbeit. Und sie ist auch nur deshalb so hart, weil Männer sich mit ihrer Männlichkeit inhaltlich nicht auseinandersetzen. Deshalb entsteht erst ein solches Ungleichgewicht. Ich finde es ja mindestens genauso wichtig, dass Männer ihre Geschlechtlichkeit hinterfragen, was vielleicht beim “Beidlrock” nicht mehr passiert, weil man da einfach Posen übernimmt und sich darauf verlässt. Dennoch haben das BulBul mit ihrer Performances ja teils auch schon dort aufgegriffen. Wenn das im Beidlrock stärker passieren würde, würde das nicht so auffallen, dass man sich damit auseinander setzen muss oder kann. Aber das ist noch immer Frauenarbeit, ein Frauenthema und ein Rollendekonstruktionsthema.

Wie können sich Männer mit ihrer Männllchkeit auf der Bühne auseinander setzten?
Auf viele verschiedene Arten. Kids On TV habe Männlichkeit aus einer queeren Haltung heraus thematisiert. Meist passiert diese Arbeit am Körper im schwul-lesbischen Kontext. Umso toller wäre es, wenn das die hetero-sexuelle Matrix auch einmal erreichen könnte.

Gerade im Musikjournalismus sind Frauen extrem unterrepräsentiert.
Und die Frauen, die dort arbeiten, die interviewen dann meist auch die Frauen (lacht). Die wenigen haben dann meist feministischen Background wie zum Beispiel Sonja Eismann. Aber manchmal kommt es mir schon so vor, dass die Redaktionen dann beschließen, die Frau sei Spezialistin für Frau, weil sie Frau ist. Aber auch da habe ich den Eindruck, dass die nächste Generation offener damit umgeht.

Begegnen Dir als Musikerin Sexismen?
Klar. Durchaus. Es ist ja nach wie vor so, dass die Technikabteilung zumeist männlich besetzt ist. Wenn ich als Band besetzt bin, dann habe ich immer einen Gitarristen dabei. Dann wird, wenn man ein venue betritt, meist zuerst er angesprochen: Wie willst Du das haben? Wie willst Du jenes haben? Ich werde in der Regel ignoriert. Ein Automatismus. Oft werde ich auch als “Mädl” bezeichnet. Viele fragen dann auch, wer eigentlich die Musik macht. Oft werde ich also als reine Sängerin wahrgenommen, was für mich der pure Wahnsinn ist. Das gilt es direkt am Arbeitsplatz aufzubrechen. Wenn Du an solchen venues Frauen antriffst, dann als Kellnerin. Die arbeitende Frau ist meistens an der Bar tätig und kein Roadie oder Techniker. Je mehr Musikerinnen auf der Bühne stehen, desto mehr werden sich aber Frauen angezogen fühlen, auch diese Berufe zu entern.

Wer ist eigentlich auf “Verlass die Stadt” Dein Duettpartner?
Matze von Glutamat. Für Glutamat hab ich schon oft als bärtiger Gastgeiger ausgeholfen. Er singt sehr schön, findest Du nicht?

 

https://www.musicaustria.at/musicaustria/liste-aller-bei-mica-erschienenen-interviews